• Alice Müller kann derzeit nur telefonischen Kontakt mit ihren Liebsten halten. · Bild: zvg

09.04.2020
Oberaargau

Ermutigung – der Distanz zum Trotz

Der Alltag im Altersheim hat sich verändert – davon berichtet auch die 94-jährige Alice Müller. Sie vermisst vor allem die Besuche ihres Mannes und hofft, dass das Coronavirus keinen Weg in die Leimatt in Eriswil findet. Wir haben uns mit der Bewohnerin über ihren neuen Alltag unterhalten.

Eriswil · Das Altersheim Leimatt AG ist ein familiäres Heim im ländlich gelegenen Eriswil. Die 32 betagten Menschen werden entsprechend ihren Bedürfnissen begleitet, betreut und gepflegt. Seit dem Umbau im Jahr 2004 genies-sen alle Heimbewohnerinnen und Heimbewohner helle komfortable Zimmer und Gemeinschaftsräume. Die abwechslungsreich gestaltete Grünanlage mit Kleintieren lädt die Bewohnerinnen und Bewohner zum Spazieren und Verweilen ein.
Auch die 94-jährige Alice Müller bezog im Herbst 2017 ein Zimmer in der Leimatt. Sie wohnte ursprünglich mit ihrem Mann in Huttwil und freute sich auch nach ihrem Umzug über die täglichen Besuche und Telefonate ihres Mannes. Dem wurde mit dem Beginn der Corona-Krise ein jähes Ende gesetzt. Besuche sind nicht mehr möglich und werden nur in Ausnahmefällen gestattet. Der Bund entschied dies zum Schutz der gefährdetsten Personengruppe im Bezug auf Covid-19.

Fernbeziehung per Telefon
«Ich bin traurig über die Situation und hoffe, dass ich meinen Mann bald wieder sehen kann», sagt Alice Müller, die ihre aktuelle Gesundheitssituation mit «diverse Bräschteli, aber fit wie Pommes frites mit Ketchup» bezeichnet. Sie vermisst den Kontakt zu ihren Liebsten und hofft, dass sich die Situation bald bessert und sie wieder Besuch empfangen darf. «Dieses Corona macht mir Angst. Und ich hoffe, dass dieses Virus nicht zu uns ins Altersheim kommt. Ich bin sehr froh, dass alle dafür besorgt sind, uns davor zu schützen», sagt das stolze Grosi von drei Enkelkindern. Sie hält aktiv telefonischen Kontakt mit ihren Liebsten und erhält viel Kraft von den Heimtieren, die sie täglich besucht. «Die Katzen, Ziegenmütter mit ihren Kleinen, die Kanarienvögel und die Hühner geben wir täglich Hoffnung und machen mich froh», sagt Alice Müller und blickt von ihrem Zimmer ins Grüne.  
Das Altersheim Leimatt gibt sich viel Mühe, seine Bewohnerinnen und Bewohner zu unterhalten und bietet täglich Angebote, welche verschiedene Sinne ansprechen. Beispielsweise wurde eine Zwergziegen-Streichelwiese aufgebaut, und drei junge Frauen gaben auf der Terrasse ein Sing-Konzert, welches die Bewohnerinnen und Bewohner von den Balkonen aus genies-sen konnten. Schön seien auch die erhaltenen Kinderzeichnungen, welche nun alle Zimmertüren schmücken.

Dankbarkeit ist gross
Der Heimleiter Walter Haldimann beobachtet staunend, dass trotz Distanz Menschen auf kreative Weise andere Menschen ansprechen und ermutigen. «Wir hoffen sehr, dass die Krise bald vorbei ist. Aber ich bewundere unsere Bewohner, welche die schwierige Situation so geduldig hinnehmen. Wahrscheinlich liegt dies daran, dass diese Generation schon ganz andere Hindernisse durchstehen musste», sagt Walter Haldimann. So wie im Altersheim geht es vielen Heimbewohnern, die zurzeit von der Aussenwelt abgeschnitten sind. Sie alle freuen sich über eine Zeichnung, ein paar nette Worte oder ein schönes Telefonat.

Von Claudia Steffen