• Zusammen mit den treuen Fans auf der Tribüne feiern die Spielerinnen der Unihockeyvereinigung Skorpion Emmental den erstmaligen Einzug in den Cupfinal. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Nach heroischem Kampf ist es soweit: Die «Skorps» können fünf Minuten vor Spielschluss zum 4:4 ausgleichen. Torschützin ist die am Boden sitzende Sonja Brechbühl. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Als starke Einheit haben die «Skorps» die Partie für sich entscheiden können. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Einsatz total: Im Schlussdrittel und der Verlängerung zeigten die beiden Teams ein packendes und hochspannendes Unihockeyspiel. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Lea Hanimann trifft im Penaltyschiessen gleich doppelt. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Nachdem «Skorps»-Keeperin Helen Bircher den letzten «Wizards»-Penalty parierte, gab es bei den erstmaligen Cupfinalistinnen kein Halten mehr. · Bild: Stefan Leuenberger

07.02.2022
Sport

Erstmaliger Cupfinal nach Nerven-Krimi

Was für ein Spiel: Die Unihockeyvereinigung Skorpion Emmental setzt sich als Favorit nach einem hochspannenden Halbfinal erst in der Verlängerung des Penaltyschiessens mit 5:4 gegen die Wizards Bern Burgdorf durch und schafft damit den ersten Cupfinal-Einzug der Vereinsgeschichte.

Unihockey · «Hätte ich nicht schon graue Haare,  ich hätte sie jetzt», scherzt Simon Kurt, Assistenztrainer der NLA-Equipe der «Skorps» nach dem hochdramatischen Cup-Halbfinal. «Die Spannung war unglaublich. Ich bin froh, dass wir es geschafft haben. Wir hatten das Glück auf unserer Seite», ist sich der 42-jährige Huttwiler bewusst.

Ausgezeichnete Burgdorferinnen
Die aktuelle Nummer 2 der höchsten Frauenliga im Schweizer Unihockey trat als klarer Favorit zum Cup-Halbfinal in der Burgdorfer Schützenmatte an. Doch statt einem lockeren Spaziergang in den ersten Cupfinal der Vereinsgeschichte wurde es gegen die heimischen Wizards Bern Burgdorf (aktuell die Nummer 4 der höchsten Frauenliga) ein Spiel auf Biegen und Brechen. «Die Wizards haben sich ausgezeichnet auf die Partie vorbereitet und ein ganz starkes Spiel abgeliefert», lobt Simon Kurt. Die «Skorps» mussten nach dem langen Spielunterbruch wegen Coronafällen – die letzte Partie fand am 14. Januar statt – erst den Tritt finden. «Etliche Spielerinnen befinden sich nach der Coronapause noch nicht in Topform», weiss Kurt. Ausserdem fehlte mit der 20-jährigen ehemaligen «Wizards»-Spielerin Selma Bergmann ein zuletzt wichtiger Mosaikstein im Spiel der «Skorps». Bergmann fehlte wegen einer Gehirnerschütterung, die sie sich beim Wintersport zuzog. Früh war das «Skorps»-Trainerduo Lukas Schüepp und Simon Kurt gezwungen, zu handeln. Die sogenannte «Starting Six» des Favoriten fand überhaupt keinen Tritt. Namhafte Spielerinnen kamen fortan nur noch zu wenigen oder gar keinen Einsätzen mehr. «Wir mussten die Linien umstellen», bestätigt Kurt.

Schmeichelhafte Führung
Obwohl die Gastgeberinnen in den ersten 40 Minuten mit deutlich mehr Feuer und dementsprechendem Siegeswillen unterwegs waren, gingen die «Skorps» in Führung. Die für ihr resolutes Zweikampfverhalten bekannte Rüegsauschacherin Marylin Thomi erwischte die ansonsten tadellos und teilweise sogar mirakulös haltende Burgdorfer Torhüterin Ladina Töndury (wurde zurecht als beste Burgdorfer Spielerin ausgezeichnet) von der linken Seite mit einem «Sonntagsschuss» aus grosser Distanz. Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich sorgte die Powerstürmerin Lara Kipf nach einer gelungenen Freistoss-Variante mittels Weitschuss für die 2:1-Führung für die «Skorps» zur ersten Pause.

Ab dem Schlussdrittel ein richtiger Hexenkessel
Richtig heikel wurde es im mittleren Abschnitt. Nur 28 Sekunden dauerte es bis zum Burgdorfer Ausgleich. Und mit dem weiteren mentalen Aufwind gingen die «Wizards» sogar erstmals in Führung. In der zweiten Pause hatten die «Skorps»- Verantwortlichen einiges zu tun. Nicht, dass sich deren Akteurinnen nicht bemühten – etliche gute Abschlusschancen inklusive –, doch der letzte Wille und vor allem der für einen Cupfight notwendige Biss war (noch) nicht erkennbar. Dies änderte sich im Schlussdrittel markant. Zwar gingen die Burgdorferinnen – mitten in einer «Skorps»-Druckphase – sogar mit zwei Toren in Führung. Doch die Skorpions fuhren von Beginn weg den Stachel aus. Nun war Feuer im Spiel. Und dies übertrug sich auf das Publikum, welches je zur Hälfte aus «Wizards»- und «Skorps»-Fans bestand. «Unsere Fans sind super, treiben uns immer an», lobt die 25-jährige Stürmerin Corina Grundbacher. Wie vergessen waren die vielen trostlosen Geisterspiele während der Coronazeit. Die 320 Fans – die Halle war ausverkauft – machten kräftig Lärm. Der Pegel wurde neben Anfeuerungsrufen und rhythmischem Klatschen mit Hörnern und Kuhglocken angehoben. Es herrschte eine richtig tolle Emmentaler Derby-Stimmung. Und die Frauen auf dem Spielfeld belohnten dies im Schlussdrittel mit einem beidseits tollen Spiel auf hohem Tempo. Die nun klar besseren «Skorps» fanden mit einem Doppelschlag innert 38 Sekunden ins Spiel zurück. Lara Kipf luchste einer Burgdorferin bei der Angriffsauslösung den Ball ab und lancierte Lena Baumgartner, welche eiskalt abschloss. Wenige Sekunden später murkste Topskorerin Sonia Brechbühl nach einem grossen Gewühl vor dem Burgdorfer Tor den Ball zum vielumjubelten Ausgleich über die Linie. Die favorisierten Vize-Schweizermeisterinnen waren «back in the game».

Definitiv führte Hitchcock Regie
Die notwendig gewordene zehnminütige Verlängerung beinhaltete drei hochkarätige Torchancen der aufopfernd kämpfenden Burgdorferinnen, die aber nicht kaltblütig genug waren, die Sensation zu vollstrecken. Auf der Gegenseite verzeichnete Lara Kipf einen Pfostenschuss. Der Krimi ging doch tatsächlich ins Penaltyschiessen. Und dort spielte Hitchcock Regie, denn selbst nach je fünf Schützinnen war der Cup-Knaller immer noch nicht entschieden. Lea Hanimann traf für die «Skorps», Annika Dierks für die «Wizards». Natürlich trat Hanimann zum «Tiebreak-Penaltyschiessen an – und verwertete zum zweiten Mal souverän. Im Anschluss hielt «Skorps»-Torhüterin Helen Bircher den Versuch der Burgdorferin, womit das harte Stück Arbeit ein Happy End mit ausgelassenem Jubel bei Spielerinnen, Staff und Fans fand.

Glückliche Matchwinnerin
«Ich bin überglücklich. Ich mag das Penaltyschiessen einfach sehr gerne und verspürte beim Anlaufen auch keinen Druck», meint Matchwinnerin Lea Hanimann. Für die Langenthalerin war der Sieg speziell. Die 25-Jährige warf mit ihren beiden Penaltytoren jenes Team aus dem Cup, für welches sie zuvor neun NLA-Saisons lang spielte. «Jetzt freue ich mich extrem auf den Cupfinal. Obwohl die Kloten-Jets der klare Favorit sind, traue ich uns viel zu. Der Cup – wie man gerade deutlich gesehen hat – kennt ganz eigene Gesetze.» Die Kloten-Dietlikon Jets – der aktuelle NLA-Leader und amtierender Schweizer Meister – gewann die andere Cup-Halbfinalpartie gegen die Red Ants Winterthur gleich mit 14:3. «Wir haben so lange auf diesen ersten Cupfinal der Vereinsgeschichte gewartet. Jetzt freue ich mich so sehr auf diesen Tag. Im Berner Wankdorf werden wir hoffentlich auf mehr Fans zählen können als die Gegnerinnen», blickt die seit kurzem in Ufhusen lebende Corina Grundbacher voraus. «Wir wollen sowohl im Cup wie auch in der Meisterschaft den Final erreichen. Und wer in Endspielen steht, will diese auch gewinnen», sagt Lea Hanimann. «In der Meisterschaft wäre es ganz wichtig, dass wir in den verbleibenden drei Spielen noch den Qualifikationssieg holen», sagt Simon Kurt. «Es kommt am 12. Februar noch zum Direktduell gegen die Jets, welches wir gewinnen müssen. Es ist rechnerisch möglich, dass Kloten-Dietlikon, Piranha Chur und wir mit gleich vielen Punkten an der Spitze stehen. Dann würde das Torverhältnis über den Qualisieg entscheiden.» Aber warum ist dieser Qualisieg so wichtig? «Dann würden wir in einem allfälligen Playoff-Halbfinal auf keines dieser beiden Teams treffen, was im Hinblick auf die angestrebte Superfinal-Qualifikation sicher helfen würde.» Eines dürfte bereits jetzt so gut wie feststehen: Um in einem der beiden Finals (der Cupfinal findet bereits am Samstag, 26. Februar, in der Sporthalle Wankdorf in Bern statt) den grössten Erfolg der 2003 gegründeten Unihockeyvereinigung zu schaffen, ist ein Sieg über Ligaprimus Kloten-Dietlikon Jets nötig.   
        
Matchtelegramm: 3. Februar. – Neue Schützenmatt, Burgdorf. – 320 Zuschauer (ausverkauft). – SR: Keel/Siegfried. –Tore: 11. M. Thomi (C. Grundbacher) 0:1. 14. A. Wildermuth (N. Weis) 1:1. 16. L. Kipf (L. Baumgartner) 1:2. 21. A. Wyss (N. Weis) 2:2. 26. A. Dierks (J. Weber) 3:2. 49. A. Wyss (N. Weis) 4:2. 54. L. Baumgartner (L. Kipf) 4:3. 55. S. Brechbühl (L. Liechti) 4:4. – Penaltyschiessen: M. Thomi verschiesst. T. Kyburz verschiesst. L. Kipf verschiesst. A. Wildermuth verschiesst. L. Hanimann trifft 0:1. R. Rudin verschiesst. L. Baumgartner verschiesst. A. Dierks trifft 1:1. S. Brechbühl verschiesst. L. Von Arx verschiesst. L. Hanimann trifft 1:2. A. Dierks verschiesst. – Strafen: Wizards 1x 2 Minuten. – Emmental: H. Bircher, N. Ritter, M. Thomi, L. Liechti, N. Reinhard, N. Perkarkova, N. Wermuth, S. Inglin, V. Zittovà, L. Baumgartner, S. Brechbühl, C. Grundbacher, J. Thomi, L. Rezacova, L. Hanimann, M. Brolund, L. Kipf, A. Marti, J. Bieri, N. Spichiger.

Von Stefan Leuenberger