• Dominique Aegerter (Rohrbach) blickt auf zwei ganz bittere MotoE-Rennen in San Marino zurück. Im Sonntagsrennen wurde ihm sogar der Rennsieg aberkannt. · Bild: zvg

20.09.2021
Sport

Es bleibt die Hoffnung Supersport-WM-Titel

MotoE-Weltcup 2021, 6./7. Rennen, Grand-Prix von San Marino – Wie verliert eine Rennklasse ein Aushängeschild? Indem sie es mit kuriosen Entscheiden hinausekelt. So geschehen in den beiden entscheidenden MotoE-Weltcuprennen in San Marino. Der Rohrbacher Töffpilot Dominique Aegerter war in beiden Rennen der beste Pilot. Statt dem verdienten Gesamtweltcup-Sieg musste der Oberaargauer eine bittere Entscheidung der Rennleitung hinnehmen – und wurde damit «nur» Weltcupzweiter.

Motorsport · «Ich weiss nicht, was ich sagen soll – ich muss dies erst verkraften», sagte ein den Tränen naher Dominique Aegerter nach dem letzten MotoE-Auftritt der Saison 2021. Statt in einem Triumph endeten die beiden letzten Rennen des Moto-E-Weltcups in San Marino in einem gewaltigen Frust.

Pech wegen stürzendem Brasilianer
Der Rohrbacher Töffpilot war sowohl im Samstag- wie auch im Sonntagsrennen der beste Pilot im Wettbewerb der Elektrotöffs. Statt den verdienten Lohn dafür zu ernten, musste der in wenigen Tagen 31 Jahre alt werdende Oberaargauer nur schwer zu akzeptierende Geschehnisse hinnehmen. Im Samstagsrennen stürzte der bis dahin den Weltcup anführende Italiener Alessandro Zaccone, verletzte sich und fiel damit aus der Entscheidung um den Gesamtweltcupsieg, der Totalpunktewertung aller sieben MotoE-Weltcup-rennen. Für den Gewinn dieser Wertung waren nun der Spanier Jordi Torres und Aegerter die Kronfavoriten. Die Nummer 77 stürmte von der fünften Position rasch an die Rennspitze. Dort wurde es drei Runden vor Schluss heikel, als Erzrivale Torres das Hinterrad von Aegerter touchierte. Noch schlimmer wurde es in der allerletzten Kurve: Der Brasilianer Eric Granado schnitt innen rein und zog an Aegerter vorbei. Dabei kam er zu Fall und rutschte von der Piste. Aegerter musste abbremsen, um Granado nicht zu touchieren. Nutzniesser: Der Spanier Jordi Torres schoss ungebremst an Aegerter vorbei zum Sieg. Der dritte Podestplatz von Aegerter in dieser MotoE-Saison war ein schwacher Trost. Eine Überprüfung der Rennleitung blieb aus.

Zuerst abgeschossen – dann bestraft
Am Sonntag sollte es noch schlimmer kommen. Der Rohrbacher war wieder-um der klar beste Pilot im Feld. Innert ganz kurzer Zeit hatte er einen Rückstand von 1,5 Sekunden auf den Führenden wettgemacht. Und mit Erzrivale Jordi Torres lieferte sich Aegerter auf den zwei letzten der acht 4,2 Kilometer langen Runden einen hochspannenden Fight mit dauerhaften Führungswechseln. In der drittletzten Kurve stach Aegerter innen am Spanier vorbei und ging in Führung. Torres fuhr Aegerter ins Hinterrad und stürzte. Wenige Sekunden später überquerte der Oberaargauer als Renn- und Gesamtweltcup-Sieger die Ziellinie. Die Freude über den grossen Triumph war enorm. Allerdings nur für kurze Zeit. Die Rennstewards gaben Aegerter die Schuld für den Sturz des Spaniers und belegten ihn mit einer fadenscheinigen Zeitstrafe von 38 Sekunden. Statt dem Renn- und Gesamtsieg wurde der Schweizer damit auf Rang 12 und – welche ein Zufall – just einen Rang vor Torres klassiert. Damit konnte der Spanier mit sieben Punkten Vorsprung seinen MotoE-Titel verteidigen. Der beste Pilot der Rennklasse wurde mit dem Vize-Titel abgestraft. «Ich habe im MotoE-Weltcup immer alles gegeben. Wie schon im Vorjahr verpasste ich nun den Gesamtsieg auf bedenkliche Weise. Dies hinterlässt einen sehr schalen Nachgeschmack. Ich bin bitter enttäuscht und kann mich über den 2. Rang in der Gesamtwertung nicht freuen.» Ob die Rennleitung genau gleich entschieden hätte, wenn es sich bei Aegerter um einen spanischen Piloten gehandelt hätte oder ob dann einfach – und nachvollziehbar – auf «normale Rennhärte» entschieden worden wäre, bleibt unbeantwortet.

Supersport-WM-Titel in Aussicht
«Ich muss mich jetzt erst einmal beruhigen. Dann gebe ich in den letzten Supersport-WM-Rennen einfach alles, was möglich ist», meinte der frustrierte Rohrbacher. Der Schweizer verpasste das Supersport-Rennwochenende in Barcelona, weil er zeitgleich in Misano im Einsatz stand. Doch Aegerters Erzrivale um den WM-Titel blieb unter den Erwartungen. Der Südafrikaner Steven Odendaal konnte nur wenige Punkte sammeln und liegt acht Rennen vor Schluss immer noch 43 Punkte hinter Dominique Aegerter zurück. Dieser hat den WM-Titel im Visier. Die Liebe zur Supersport-WM brennt beim Rohrbacher. Jene zur benzinlosen Elektrotöff-Serie dürfte nach dem jüngsten Eklat definitiv erloschen sein. Ob es den Stewards gefallen wird, wenn ein Aushängeschild der nicht extrem beachteten Rennserie den Rücken zukehrt ...?

Resultate: MotoE Samstag (15 Klassierte): 1. Jordi Torres, Spanien, 12:11,858; 2. Dominique Aegerter, Schweiz/Rohrbach, 0,160 zurück; 3. Mattia Casadei, Italien, 0,405. – MotoE Sonntag (15): 1. Matteo Ferrari, Italien, 12:11,858; 2. Mattia Casadei, Italien, 0,348; 3. Miquel Pons, Spanien, 1,038; 12. Dominique Aegerter, Schweiz/Rohrbach; 13. Jordi Torres, Spanien. – MotoE-Weltcup-Endstand (7 Rennen): 1. Jordi Torres, Spanien, 100 Punkte; 2. Dominique Aegerter, Schweiz/Rohrbach, 93; 3. Matteo Ferrari, Italien, 86; 4. Eric Granado, Brasilien, 84; 5. Alessandro Zaccone, Italien, 80.

Von Stefan Leuenberger