• Anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums der SCL Tigers unterhielt sich der «UE-Sport» ausführlich mit Simon Laager, dem Geschäftsführer der heute Abend zum Jubiläumsspiel antretenden SCL Tigers. · Bild: Peter Eggimann

04.02.2021
Sport

«Es gilt, Sorge zu diesem Erbe zu tragen»

Interview: Daniel Gerber im Gespräch mit Simon Laager, Geschäftsführer SCL Tigers – Heute Abend steigt das Jubiläumsspiel der SCL Tigers. Zu Gast ist der EV Zug – und dies nicht etwa vor leeren Rängen. Die Fans bastelten «echte» Fans und nicht «nur» Papp-Kameraden. Gleichzeitig wird zum Fondue-Essen daheim ab 19.46 Uhr aufgerufen, in Anlehnung zum offiziellen Gründungsjahr, sagt Simon Laager (38), Geschäftsführer der SCL Tigers im Interview mit dem «UE»-Sport.

Eishockey · Sie sind seit 1. Januar 2021 CEO der SCL Tigers – der schlechteste Moment wegen Corona oder der Beste wegen dem Jubiläum?
In Bezug auf Corona gibt es keinen «guten» Zeitpunkt, das Virus wuchert ja schon seit fast einem Jahr, und im Gegensatz zum Sommer und Herbst haben wir seit letztem November Klarheit, dass wir bis auf Weiteres Geisterspiele austragen müssen. Es kann nur besser werden und ich bin überzeugt, dass wir die Krise überstehen und sie als Chance nutzen werden. In diesem Zusammenhang freut es uns alle natürlich sehr, dass wir 2021 unser 75-Jahr-Jubiläum feiern dürfen. Als Folge von Covid-19 haben wir uns entschieden, statt eines Jubiläumsfests letzte Woche nun ein «Jubiläumsjahr» zu machen. Mit verschiedenen Massnahmen on- und offline bis hin zu einem grossen Sommerfest am 14. August 2021. Wenn es Corona hoffentlich ermöglicht, sind verschiedene Massnahmen geplant.

Nun wartet heute Abend das Jubiläums-Spiel, wie wird diese Partie gefeiert?
In einem Spezial-Jubiläums-Dress. Es wäre schön, wenn die Fans – in Anlehnung an das Gründungsjahr – ab 19.46 Uhr mit dem Jubiläums-Fondue-Essen beginnen und mit dem Hashtag #tigersfondue die Bilder via Soziale Medien veröffentlichen würden. Die Zusendungen kommen dann im Stadion auf dem Fan-Board an die LED-Wand im TV-Bereich und wir verbreiten die Bilder auf einer «Social Wall» über unsere Sozialen Medien sowie www.scltigers.ch weiter. Ausserdem gibt es den ganzen Tag eine Live-Kommunikation via Social Media.

Wie wird es sein, das Jubiläum ohne Fans zu feiern?
Natürlich in keinster Weise vergleichbar. Wir versuchen, sie über das Fanboard der LED-Wand und die Sozialen Medien zumindest «virtuell» einzubinden und die Fan-Clubs haben mit der eingangs erwähnten Aktion etwas ganz Tolles gemacht. Zudem spüren wir in den Gesprächen mit Fans und Sponsoren eine beeindruckende Solidarität, was zeigt, dass sie trotzdem «nah» am Geschehen und Club sind.

75 Jahre lang Langnauer Eishockey – welches sind die geschichtlichen Tigers-Highlights für Sie persönlich?
Ich habe einen grossen Bezug zu den Tigers, lernte in der Ilfishalle «schlöfle» und spielte für den SC Konolfingen mein erstes Spiel. Auch meinen ersten Live-Match habe ich im Ilfisstadion gesehen, auch viele spätere Spiele bis zum Tatzenderby bleiben mir in bester Erinnerung, wie natürlich auch die beiden Playoff-Saisons 2011 und 2019.
Die Hochs und Tiefs prägten den Club und damit die unglaubliche Loyalität, welche die Fans so einzigartig machen. Auch dass man in der 1. Liga einen unglaublichem Schnitt von über 4000 Besuchern erreichte, sucht seinesgleichen. Kein anderer Schweizer Club stieg zweimal zwei Ligen ab und dann wieder in die NLA auf. In unserer Jubiläums-Chronik las ich, dass Simon Schenk in der Saison 1992/1993 – nachdem eine schwierige Lage gemeistert wurde – sagte: «Die Tradition und der Stellenwert des Vereins, dessen tiefe Verwurzelung im Emmental, das ausgeprägte Zusammengehörigkeitsgefühl, der Wiederbeginn mit vielen eigenen, jungen Spielern und die Treue der SCL-Fans haben uns gerettet. Entscheidend war, dass wir auch in den schwierigsten Zeiten an uns und an unseren Weg glaubten.» Hier sehen wir, wie sich die Geschichte wiederholt. Es sind erneut die Sponsoren und Fans, die uns retten und an unseren Weg glauben lassen, den wir letzte Woche mit der neuen Sport- und Unternehmensstrategie definiert haben.

Wer waren die Tigers vor dem Amtsantritt für Sie?
Ein einzigartiger Traditionsclub, der schweizweit viele Sympathien geniesst. Ich war auch nach meiner Jugend regelmässig hier als Kommentator und bin eine Viertelstunde von Langnau entfernt aufgewachsen. Die Verbundenheit und Sympathie war immer gross, ich verfolgte stets mit, wie sie spielen und ich denke, es hilft auch in so einem Job, wenn man Region und Menschen kennt und schätzt.

Ihre erste Erinnerung an die Tigers?
Nebst vagen Erinnerungen an die ersten Erfahrungen auf dem Eis mag ich mich noch genau an mein erstes Heimspiel erinnern. Mit fünf oder sechs Jahren stand ich unten auf Höhe der blauen Linie. Mir imponierte die Stimmung und die Nähe zum Geschehen. Es war faszinierend, auf einem Stehplatz so nahe am Eis sein zu können. Ich war überwältigt vom Tempo, der Härte und Stimmung. Das prägte mich.

Sind die Tigers das vernünftigste Team der Liga?
«Die Stimme der Vernunft», hört man immer wieder und das kommt nicht von ungefähr. Stets wurde konsequent nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gearbeitet und als eine der wenigen Sportorganisationen konnten wir regelmässig schwarze Zahlen schreiben. Wir leben nicht über unseren Verhältnissen und haben keinen Mäzen. Eine solche Ausgangslage reizt mich, es ist eine Challenge und eine Ehre, für einen solchen Traditionsklub zu arbeiten. Das müssen wir uns alle auf und neben dem Eis stets vor Augen führen, und zu einem solchen Erbe müssen wir Sorge tragen. Das sind wir unseren Fans und Sponsoren schuldig, nicht nur in der jetzigen Zeit. Es ist ihr Geld, das wir einsetzen. Sie sind unsere Kunden, die letztlich unsere Löhne zahlen.

Das gilt auch für die Ausländer-Frage?
Ich bin da zwar noch nicht direkt involviert, aber: Im Rahmen der Ligareform geht es um ein Gesamtpaket, bei dem die Ausländerfrage ein Aspekt von mehreren ist und wo Kompromisse von allen Beteiligten gefragt sein werden. Wir positionieren uns als ambitionierter Ausbildungsverein und wollen für einen hungrigen Schweizer Spieler, der zur «Tigers DNA» passt und bei einem anderen Club einem siebten Ausländer zum Opfer fällt und bei uns viel Eiszeit und Verantwortung erhalten kann, eine attraktive Adresse sein. Ein Slowake mit netto 100 000 Franken Lohn kostet letztlich brutto über 200 000 Franken und ist so für unsere Verhältnisse wiederum teuer.

Es ist jetzt sicher eine besonders intensive Zeit mit dem Jubiläumsjahr. Wann haben Sie zuletzt acht Stunden in Folge geschlafen?
Das war noch im alten Jahr, vermutlich in der Silvesternacht (lacht). Schlaf ist mir wichtig, ich schaue, dass ich mindestens sechs Stunden habe, idealerweise und auch meistens sind es deren sieben.

Wie gehen die Tigers mit der Corona-Situation um?
Organisatorisch ist die Unternehmung gut aufgestellt und hat diesbezüglich zwangsläufig auch einiges an Erfahrung gewinnen können in den letzten Monaten. Finanziell werden wir dank der beeindruckenden Solidarität von Sponsoren und Fans mit einem blauen Auge davonkommen. Wir haben den Bundeskredit beantragt, der uns in den Sommermonaten nebst dem Abo-Verkauf für die Saison 2021/22 die Liquidität sicherstellen wird. Von daher gilt der Fokus nach wie vor der Krisenbewältigung, aber immerhin erlaubt es die Situation nun, mit einem Auge und einer Portion Optimismus nach vorne zu schauen und die Planung der Saison 2021/22 in die Hand zu nehmen.

Krisen sind Chancen – trifft das jetzt in irgendeiner Form auf die Tigers zu?
Jede Krise bietet Chancen. Gerade auch die Tigers mit ihren Werten und der unverwechselbaren Identität haben gute Voraussetzungen, als einer der Gewinner aus dieser Krise hervorzugehen. Vor kurzem las ich ein Zitat von Max Frisch von der Krise als produktivem Zustand, der man bloss den Beigeschmack der Katastrophe nehmen müsse. Irgendwie gefällt mir das und ich habe ein gutes Gefühl, dass diese Zeit uns als Unternehmen, aber auch als Menschen vorwärts bringen wird. Der Spirit in den verschiedenen Teams unserer Organisation ist nach wie vor sehr gut und ich freue mich, den Weg mit der neuen Sport- und Unternehmensstrategie und der spannenden Vision der Arealentwicklung gemeinsam meistern zu können.  

Wie gehen Sie durch den kommenden Sommer im 76. Tigers-Jahr?
Wir hoffen natürlich, dass sich die Krise auch dank der Impfungen zunehmend entschärfen wird. Wenn es Corona zulässt, feiern wir, wie erwähnt, am 14. August ein grosses Jubiläumsfest mit Spieler- und Trikot-Präsentationen, Solidaritätsaktionen, einem Legenden- und Jubiläumsspiel und einem Konzert. Im Sommer erwarten wir auch den Entscheid unseres Präsidenten Peter Jakob, ob noch Darlehensgeber gefunden wurden und das zweite Eisfeld realisiert werden kann oder nicht. Für die Weiterentwicklung der Organisation und Umsetzung unserer Strategie als ambitioniertem Aus- bildungsclub wäre dies eminent wichtig.

Was bedeutet der Club für die Region und die Fans?
Enorm viel, der Club bewegt. Das sieht man in einer normalen Saison an der Stadionauslastung und auch in diesen Wochen an all den Reaktionen nach den Spielen. Wir sind ein Leuchtturm im ganzen Emmental und Entlebuch und wollen noch mehr aus der tollen Infrastruktur machen, mehr Anlässe, mehr Firmen anziehen. Auch mit den Young Tigers (Nachwuchs) wollen wir eine führende Adresse werden, das ist alles nur möglich, wenn der Rückhalt aus Wirtschaft und Bevölkerung da ist.