• Die Nächsten sind im wichtig: Simon Erni freut sich mit Familienmitgliedern über den doppelten SM-Titel. · Bild: zvg

19.07.2022
Sport

«Es ist einfach unglaublich, was passiert ist»

Der 29-jährige Simon Erni ist doppelter Schweizer Meister. Mit der HG Höchstetten hat der gebürtige Gondiswiler die Mannschaftswertung gewonnen. Und nach einem unerwarteten Zwischenfall in der Schlussrunde konnte sich Erni zudem als

NLA-Einzelschläger-Sieger feiern lassen. Im «UE»-Interview berichtet er, wie es dazu kam.

Hornussen · Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Simon Erni,Hornusser aus Gondiswil

Völlig überraschend haben Sie in der 13. und letzten Meisterschaftsrunde noch den SM-Titel in der NLA-Einzelschlägerwertung gewonnen. Wie haben Sie diesen unerwarteten Umsturz erlebt?
Ich war am Sandrechen, als Studer die 6 kassierte. Ich dachte mir sofort «das darf doch nicht wahr sein». Ich habe meine Teamkollegen angeschaut und mir wurde sofort klar, dass ich jetzt die Chance habe, dafür zu sorgen, dass dieser Einzelsieg in Höchstetten bleibt. Aufgrund dieses unerwarteten Zwischenfalls war meine Nervosität bei den Streichen drei und vier um ein Vielfaches höher.

Stefan Studer, Kronfavorit und klar bester Hornusser der Saison 2022 sowie ein Höchstetter Teamkollege von Ihnen, kassierte beim zweiten der vier letzten Streiche der Saison bloss eine 6. Was ist genau passiert?
Er hat mit dem Träf den Nouss nicht sauber getroffen. Er ist hinten auf der Schiene des Bocks etwas aufgekommen, was den Nouss «sprengte» und ihn nicht so weit fliegen liess, wie wenn er mit voller Wucht sauber getroffen wird.

Studer ist ein Unglücksrabe. Wie beim «Eidgenössischen» 2018 im Final des Königsstichs spielten ihm auch bei der SM-Entscheidung 2022 die Nerven einen Streich. Obwohl er in beiden Jahren der klar beste Hornusser der gesamten Saison war, ging er ohne Titel nach Hause. Haben Sie Mitleid?
Absolut. So etwas wünscht man niemandem. Ich ging zu ihm und tröstete ihn. Er meinte, dass ich ja nichts dafür könne und den Erfolg geniessen solle. Ich hatte eine ausgezeichnete Saison. Doch bis zur letzten Runde war Studer klar der beste Hornusser. Es ist einfach unglaublich, was passiert ist.

Wie eng ist Ihre Freundschaft mit Stefan Studer?
Sie ist innerhalb des Höchstetter Teams sehr eng. Allerdings muss ich erwähnen, dass der Teamgeist in der HG Höchstetten A einfach wunderbar ist. Jeder gönnt dem anderen den Erfolg. Dieser aussergewöhnliche Zusammenhalt ist es, welcher uns so stark macht.

Studer hat auch eine Schwingerkarriere. Er gewann 18 Kränze. Haben Sie nie überlegt, auch im Sägemehl aktiv zu werden?
(Lacht) Nein, nie. Und wenn, hätte ich schon im Schulalter beginnen sollen, damit etwas daraus geworden wäre.

Zurück zum Hitchcock-Finale um den SM-Einzelschläger-Titel. Des einen Leid ist des anderen Freud. Sie haben sich dank 90 Schlagpunkten in der Schlussrunde und dem Missgeschick von Stefan Studer nach dem Gewinn der Einzelschläger-Wertung der Stärkeklassenmeisterschaft 2021 erstmals auch offiziell die NLA-Einzelschläger-Krone geholt. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?
Dieser Sieg ist ebenbürtig, wenn nicht höher einzustufen als mein Schlägerkönigs-Titel von 2015. Während der Erfolg am «Eidgenössischen» an einem einzigen Wochenende passierte, war ich nun über eine gesamte Saison hinweg in 13 Partien erfolgreich. Und diesen Erfolg in einem Team mit einer derart grossen Dichte an starken Langschlägern zu schaffen, ist doppelt schön.

Apropos doppelt. Wie haben Sie den doppelten Meistertitel – Sie holten mit Höchstetten A ebenfalls SM-Gold – gefeiert?
Weil der SM-Titel bei den Mannschaften bereits vor dem letzten Spiel feststand, konnten wir auf dem eigenen Hornusserplatz eine schöne Feier organisieren. Es war eine ausgelassene Party mit DJ-Sound. Sie ging gleich nach Spielende um 14 Uhr los und dauerte bis zirka um Mitternacht. Für mich war der letzte Spieltag besonders schön, weil meine Familie sowie meine Freundin auf dem Platz waren.

Was gibt es eigentlich für den Gewinn der NLA-Einzelschläger-Wertung?
Soviel ich weiss, bekomme ich an der SM-Rangverkündigung am 21. Oktober in  Lenk einen Stein mit Rang plus ein Couvert mit einem Barbetrag im dreistelligen Bereich.

Wären Sie Tennisspieler, hätten Sie mit einem solchen Erfolg viel Geld verdient.
Es ist überhaupt nicht schlimm, dass die Verhältnisse nicht gleich sind. Beim Hornussen gibt es statt Geld Ruhm und Ehre zu gewinnen. Ausserdem steht die Kameradschaft im Zentrum. Es ist gut, wie es ist.

Die Coronavirus-Zeit hat bei vielen Sportlern Spuren hinterlassen. Sie hingegen scheinen stärker denn je.
Ich habe die ganze Zeit über gut trainiert und bin darum parat. Das Virus hat mich allerdings auch erwischt. Allerdings verlief es glimpflich. Ich verspüre keinerlei Nachwehen.

Mit der Stärkeklassen-Meisterschaft, welche 2021 wegen der Pandemie die normale SM ersetzte, haben sich viele Hornusser nicht anfreunden können. Ihre Meinung?
2020 konnte – ausser dem Wettbewerb «Big Four» – gar nicht gehornusst werden. Umso glücklicher waren wir Höchstetter, dass der Eidgenössische Hornusserverband für 2021 mit der Stärkeklassenmeisterschaft etwas ausgearbeitet hat. Wir waren extrem dankbar, den Hornussersport wieder ausüben zu können. Es war in Höchstetten nie ein Thema, nicht an der Stärkeklassenmeisterschaft teilzunehmen.

Sie haben mit Höchstetten A nun fünf Schweizer Meistertitel, die Stärkeklassenmeisterschaft 2021 und nun 2022 auch die SM-Einzelschläger-Wertung gewonnen. Dieses Jahr wurde Höchstetten A sogar mit dem Punktemaximum Schweizer Meister. Mehr geht nicht. Denken Sie an eine Rückkehr zu Ihrer Stammgesellschaft HG Gondiswil?
Im Moment nicht, nein. Ich möchte weiterhin auf dem höchstmöglichen Niveau meinen Sport ausüben.

Aber bei der HG Gondiswil, wo Sie gross geworden sind, ist Ihr Herz. Irgendwann dürfte es zu einer Heimkehr kommen?
Natürlich wäre es schön, wieder mit meinem Bruder im gleichen Team zu spielen. Aktuell ist es aber schwierig zu sagen, wo es mich später hinverschlägt. Es hängt davon ab, wo ich mit meiner Familie wohnen werde.

Die Gondiswiler haben in der Meisterschaft der 1. Liga den 4. Rang erreicht. Was sagen Sie dazu?
Es ist schade, dass sie (zu) viele Nummern kassiert und so den Aufstieg in die NLB verpasst haben.

Mittlerweile leben Sie in Burgdorf. Wie oft sind Sie noch in Gondiswil anzutreffen?
Ich bin sehr oft da. Während der Woche praktisch jeden Tag. Ich gehe oft zu meinen Eltern zum Mittagessen.

Sie bleiben in der Hornusser-Hochburg Höchstetten. Damit dürften Sie auch weitere sportliche Ambitionen haben. Im August 2024 organisiert die HG Höchstetten das 40. Eidgenössische Hornusserfest. Streben Sie dort noch einmal einen Spitzenrang in der Einzelschläger-Kategorie an?
Auf jeden Fall.

Den Titel des Schlägerkönigs haben Sie 2015 als 23-Jähriger bereits gewonnen. Sie stehen nicht unter Erfolgsdruck ...
Das stimmt so – und hilft sehr. Ich werde zum Favoritenkreis, nicht aber zu den Topfavoriten gehören. Damit kann ich etwas im Schatten meine Streiche schlagen. Dies passt mir sehr.

Vorerst stehen nach der Sommerpause die Feste 2022 auf dem Programm. Was nehmen Sie sich vor?
Höchstetten A besucht das Interkantonale Hornusserfest in Kräiligen-Bätterkinden und das Verbandsfest in Hergiswil. An beiden Orten wird der Sieg angestrebt. Im Einzel möchte ich Podestplätze schaffen.

Soviel zum Sport. Was streben Sie im privaten Bereich an?
Da steht ein wunderbares Ereignis bevor. Ich werde im Oktober erstmals Vater. Darauf freue ich mich ganz fest. Ich wünsche mir für meine Familie einfach Gesundheit und Zufriedenheit.