• Simon Laager möchte die im Frühling entwickelte Strategie «Vorwärts zu den Wurzeln» umsetzen. · Bild: zvg

25.11.2021
Emmental

«Es sind alle gefordert»

Die SCL Tigers sorgten unter anderem mit Siegen in Zürich, Davos und Biel für sportliche Akzente, konnten ansonsten aber nicht vollends überzeugen. Auch in der zweiten Corona-Saison ist die Solidarität der Fans gross, auch wenn der Zuschauerschnitt rund 20 Prozent unter dem bewährten Wert liegt. Dies und mehr erklärt SCL-Tigers-Geschäftsführer Simon Laager in unserem Monatsinterview.

Daniel Gerber im Gespräch mit Simon Laager, SCL-Tigers-Geschäftsführer

Simon Laager, bekommen Sie genug Schlaf?
Es sind immer noch die sechs bis sieben Stunden wie beim letzten Interview mit Ihnen (schmunzelt). Genügend Schlaf ist bei solch einem Pensum wichtig, und das gelingt mir in der Regel auch ganz gut.

Die vergangene Saison war von Covid-19-Massnahmen geprägt – was war im Vorfeld zur aktuellen Meisterschaft diesbezüglich noch nötig?
Wir mussten das Schutzkonzept anpassen, einen 3G-Kontrollcheck einrichten, einen zweiten Ring um das Stadion errichten und mit allen Segmenten und über alle Kanäle fleissig kommunizieren.

Was sind die zwei, drei grössten Brocken, die Sie gegenwärtig zu bewältigen haben?
Da ist zunächst einmal die aktuelle Planung auf und neben dem Eis. Nebst der sportlichen Kaderplanung der kommenden Saison geht es auch um die kurz- und mittelfristige Finanzplanung und darum, die im Frühling entwickelte neue Strategie «Vorwärts zu den Wurzeln» umzusetzen.
Diese hat Auswirkungen auf alle Unternehmensbereiche, und wichtig ist natürlich auch, dass der Erweiterungsbau mit einem zweiten Eisfeld und einer grossen Athletikhalle hier ebenfalls berücksichtigt wird. Im Tagesgeschäft gilt es, die Vermarktung weiter voranzutreiben und ganz konkret in diesen Tagen das Magazin in den Druck zu geben, als Beispiel für eines der momentan aktuellen Projekte. Wir bringen erstmals das «Tigers-Magazin» heraus, das an alle Saison-Abo-Besitzer und Sponsoren verschickt wird und nebst einem sportlichen Teil für die Fans, einem «Business Teil» für die Sponsoren auch das traditionelle Jahrbuch enthält.
Dies ist ein Meilenstein in der Kommunikation und wir sind froh, dass wir bereits die erste Ausgabe dank Inserateeinnahmen gewinnbringend produzieren können.

Wie oft wird dieses Magazin erscheinen?
Es wird eine Frühlingsausgabe geben und dann wieder eine Herbstausgabe, welche jeweils das Jahrbuch mitenthält. Vieles – zum Beispiel im grafischen und redaktionellen Bereich – machen wir auch In-House und unser Druckpartner Vögeli hat ein grosszügiges Sponsoring gesprochen, deshalb können wir günstiger produzieren.

Wo macht der Tiger derzeit Freude, wo sehen Sie die Herausforderungen?
Das Zwischenfazit fällt durchzogen aus, sportlich sind wir unter den Erwartungen geblieben, wir haben zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses den gleichen Tabellenplatz und etwa gleich viele Punkte wie vor einem Jahr um diese Zeit. Einerseits bereiten insbesondere die ausländischen Spieler Freude, andererseits sind in fast jedem Spiel Eigenfehler und Undiszipliniertheiten erkennbar, weswegen wir regelmässig Spiele verlieren. Gleichzeitig hatten wir viele Verletzte zu beklagen. Dies soll nicht eine Ausrede sein, zu berücksichtigen ist jedoch, dass wir nicht die gleiche Kaderbreite haben  wie andere Clubs. Das ist natürlich eine Herausforderung, auch für die Trainer. All die verletzungsbedingten Umstellungen machten es nicht einfach, eine Konstanz über mehrere Spiele zu zeigen. Wir sahen Licht und Schatten, zeigten gute Reaktionen auswärts in Davos, Zürich und Biel, das waren überzeugende Auftritte. Trainerstaff und Team sind nach der Nati-Pause gefordert, und wir sind zuversichtlich, dass das gelingen wird.

Letzte Saison war die Solidarität riesig, beispielsweise verzichteten Fans auf Rückzahlungen. Wie sieht es in dieser Spielzeit aus?
Ähnlich. Die Stimmung im Stadion ist akustisch sehr gut, auch nach Niederlagen. Man merkt es zwar optisch, aber von der Stimmung her nur selten, dass rund 20 Prozent weniger Fans im Stadion sind. Schmerzlich spürbar ist dies natürlich hingegen beim Ticketing- und Gastroumsatz.

Corona drückt auf die Wirtschaft – können die SCL Tigers die Saison finanziell überleben?
Man sieht es an der aktuellen Entwicklung: Die Krise ist alles andere als überstanden. Doch die Solidarität ist gross: Mitarbeitende, Staff und auch alle Spieler hatten letztes Jahr auf Lohn verzichtet. Die Rückforderungen von Saisonkartenbesitzern und Sponsoren waren glücklicherweise tief und stützende Beiträge der öffentlichen Hand wurden gesprochen, so dass die Liquidität gesichert ist. Wir haben verschiedene Massnahmen definiert und auch versucht, mit den Sponsoren neu Mehrjahresverträge abzuschliessen, sodass wir in jeder Hinsicht mehr Planungssicherheit haben. Auch wenn der Sponsoringmarkt momentan natürlich schwierig ist, konnten wir mit der UNESCO Biosphäre Entlebuch einen neuen Tourismuspartner und mit Mc Donalds einen neuen Silbersponsoren gewinnen und auch mit bestehenden Partnern das Engagement teilweise substanziell ausbauen. Wir versuchen auch mit solchen Massnahmen, die Mindereinnahmen so gut es geht kompensieren zu können.

Wie steht es um die aktuellen Zuschauerzahlen?
Wir hoffen selbstverständlich, dass der Zuschauerschnitt von aktuell 4400 Fans im Laufe der Saison noch gesteigert werden kann. Klar ist auch, dass dies eng von der Entwicklung an der Pandemiefront, aber auch auf dem Eis, abhängig ist. Solange es die Situation zulässt, bietet unser externer Partner in der Markthalle neben dem Stadion für 20 Franken einen Antigen-Schnelltest an. Fünf bis zehn Prozent der Fans nutzen dieses Angebot und bringen dadurch nicht nur Stimmung ins Stadion, sondern natürlich auch den wichtigen Gastro- und Ticketing-Umsatz.

Wie gehen die Fans mit der Zertifikatspflicht um?
Die Akzeptanz ist angesichts der momentanen Situation natürlich gegeben. Wir sind froh, dass wir einerseits noch kostengünstige Tests anbieten können und andererseits unsere Saison auch erst im Herbst gestartet ist, so dass sich die Menschen bereits im Sommer an die 3G-Regeln und Zertifikatskontrollen gewöhnen konnten.

Auf die neue Saison hin erfolgte ein Trainerwechsel – was ist mit Jason O’Leary an der Bande anders geworden?
Er ist ein guter Ausbildner und akribischer Arbeiter, der an sich und das Team hohe Anforderungen stellt. Mit seiner klaren und fordernden Kommunikation brachte er frischen Wind und wir hoffen und sind zuversichtlich, dass eine positive Entwicklung auf dem Eis und in der Rangliste bald erkennbar sind und die Tigers wieder Freude machen.

Gerade die Ausländer-Positionen sind gut besetzt, mit Harri Pesonen hat sich sogar ein Weltmeister entschieden, zu den Tigers zurückzukehren …
Es läuft glücklicherweise allen vier Ausländern rund und die Situation, als im Oktober die Top 3 der Liga allesamt das Tigers-Dress trugen, war einzigartig. Zur Rückkehr von Harri Pesonen: Wir haben uns natürlich sehr über seine Rückkehr gefreut und versuchen, den Spielern die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu bieten und auch den Kontakt aufrecht zu erhalten, wenn sie unseren Club verlassen haben. Kommt hinzu, dass wir in einer sehr schönen Gegend leben und den Spielern ein ruhiges und familiäres Umfeld bieten können. Ähnliches gilt im Übrigen auch bei unserem Nachwuchs, wo wir seit kurzem das «House of Young Tigers» in Betrieb genommen haben. Hier leben zwölf meist ausserkantonale Talente unter einem Dach und es ist wichtig, dass wir mit solchen Rahmenbedingungen und der neuen Trainingsinfrastruktur rund um den Erweiterungsbau mit dem zweiten Eisfeld und einem 1200 Quadratmeter grossen Athletikbereich die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen. Nur so können wir talentierte Spieler gewinnen, ihnen zeitgemässe Trainingsinfrastrukturen und damit Perspektiven bieten. Dies und auch die neuen darüberliegenden Veranstaltungsräume und die Zusatztribüne werden es uns ermöglichen, in der Unternehmensentwicklung einen grossen Schritt machen und uns mittelfristig in einer National League etablieren zu können, in der die Entwicklungen im Bereich der Spielerlöhne und neuen Infrastrukturen auch in Zukunft eine grosse Herausforderung darstellen.

Wann wird der Erweiterungsbau in Betrieb genommen?
Im nächsten Sommer erfolgt bereits der Spatenstich, im Herbst 2023 ist die Eröffnung geplant.

Damit wollen Sie neue Perspektiven schaffen …
Wir sind vom eingeschlagenen Weg als Ausbildungsclub überzeugt, wir verfügen aktuell über einen guten Mix von top Ausländern und jungen und hungrigen Schweizer Spielern. Wir wollen wie oben angetönt talentierte Spieler gewinnen, welche die SCL Tigers dank mehr Eiszeit und Verantwortung auch als Sprungbrett sehen und wer weiss, vielleicht kommt es ja zu einem späteren Zeitpunkt wieder zum Wiedersehen à la Harri Pesonen.

Wohl kein Thema mehr ist, aufgrund der sich ändernden Ausrichtung der Swiss League ein Farmteam in der zweithöchsten Spielklasse zu etablieren?
Wir werden beobachten, wohin sich die Swiss League entwickelt. Es gibt ja auch bereits seit vielen Jahren gute Kooperationen mit unseren Partnerteams innerhalb unseres «Hockey Countries» und auch mit Teams der Swiss League wie etwa dem SC Langenthal oder nun auch dem EHC Winterthur, wo Damian Stettler spielt.

Nun stehen als Nächstes Spiele gegen die Spitzenteams EV Zug und HC Davos an – wie schauen Sie auf die beiden nächsten Spieltage?
Es ist klar, dass wir alle eine Reaktion erwarten und der Coaching Staff und die Spieler in der Pflicht sind. In der Vergangenheit hat das Team eine solche Reaktion schon mehrfach zeigen können, unter anderem bei den Auswärtsspielen in Zürich, Biel oder Davos.

Sie leisten bei den SCL Tigers ein umfangreiches Pensum – was tun Sie daneben?
Alle ein bis zwei Wochen spiele ich selbst Eishockey und im Sommer Tennis. Ansonsten zieht es mich ausserhalb der Saison und an spielfreien Tagen auch mal ein Wochenende in die Berge. Das ist hilfreich für die Erholung und in der Regel auch für eine gute Weitsicht.