Feurige Chilis vom Sennjöggel
Dank seiner facettenreichen Schärfegrade gilt Chili als eines der vielseitigsten Gewürze dieser Welt. Bruno Schranz vom Sennjöggel hat sich diesen Früchten verschrieben: Er baut zahlreiche Chili-Sorten an, verarbeitet sie zu Gewürzmischungen und verkauft diese erfolgreich an Märkten und übers Internet.
Oberaargau · Die meisten Menschen denken bei Chili an atemberaubende Schärfe und lassen daher die Finger von diesem Gewürz. Schade, denn Chili muss nicht zwingend scharf sein. Wer Schärfe nicht mag oder verträgt, kann zu milden Sorten greifen. Chilis bieten ein besonderes Geschmackserlebnis und das vielseitige Gewürz ist gesund und löst sogar Glücksgefühle aus (siehe Kasten). Bruno Schranz vom Sennjöggel in Madiswil hat sich in der Welt der Chilis einen Namen gemacht. Seit Jahren baut er zahlreiche Chili-Sorten an, verarbeitet sie zu Gewürzmischungen und verkauft diese auf Märkten oder online über seine Website.
Chili ist stark im Trend
Und er stellt gleich zu Beginn klar: Bei Chili geht es nicht um die Schärfe, sondern um die verschiedenen Geschmäcker. «Die Schärfe ist eigentlich nur ein Nebenprodukt von Chili», erklärt der 55-Jährige. Er selbst liebt den Geschmack und entdeckte die Pflanze zu einer Zeit, als man in der Schweizer Küche meist nur Pfeffer, Salz oder Aromat einsetzte. «Ich esse gerne etwas mit Charakter, es darf gerne mal sauer, süss oder scharf sein. Chiligewürze passen zu vielen Gerichten und der Geschmack faszinierte mich von Anfang an.» Schranz experimentiert gerne mit verschiedenen Gewürzvarianten und ist noch immer begeistert davon. Heute sind exotische Gewürze weit verbreitet. Das bemerkt Bruno Schranz auch bei seinem Hobby, das inzwischen zu einem Teil seines Einkommens beiträgt. Die Nachfrage nach Chili ist in den letzten Jahren stark angestiegen, doch seine Produktionskapazität bleibt begrenzt – sowohl beim Anbau als auch bei der Verarbeitung. «Mir ist es wichtig, dass es ein handgefertigtes und authentisches Produkt bleibt und ich eine hohe Qualität garantieren kann. Ich möchte den Anbau daher nicht ausweiten.» Der Chefkoch Robin Braesch vom Restaurant Bürgisweyerbad hat ebenfalls Chilimischungen ausprobiert und entsprechende Rezepte kreiert. «Seine Empfehlungen sind sehr hilfreich, denn ich esse zwar gerne, koche aber selbst eher weniger», schmunzelt Bruno Schranz. Für die Mischungen verwendet er nur hochwertige Zutaten wie das Salz «Oro del Inca» aus Peru. Neben Chilipulver sind auch schwarzer Pfeffer, Knoblauch, Zitronenthymian und Oregano in den Gewürzmischungen enthalten.
Herausforderndes Klima für Anbau
Der gelernte Verpackungstechnologe reduzierte inzwischen seinen Hauptberuf auf 80 Prozent, um genügend Zeit für die aufwendige Produktion und den Vertrieb der Chiligewürze zu haben. Am Freitag kümmert er sich ausschliesslich um die Chilis. Als Experte entwickelte er attraktive Verpackungen für den Verkauf wie etwa ein Gourmet-Set mit Erläuterungen zur jeweiligen Chilisorte. Den Anbau brachte er sich selbst bei. Zunächst experimentierte er mit wenigen Sorten, um herauszufinden, welche für das lokale Klima geeignet sind. Beim Sennjöggel, umrahmt von viel Wald und im Winter mit wenig Sonnenlicht, scheint die Lage auf den ersten Blick ungeeignet für wärmeliebende Chilipflanzen. «Wenn ich Chilisamen von der südlichen Erdhälfte habe, sind die ersten Jahre schwierig wegen des anderen Klimas. Doch einige Sorten habe ich seit zehn oder mehr Jahren, sie haben sich angepasst und gedeihen gut», erzählt Bruno Schranz, der in Adelboden aufgewachsen ist. «Aber auch hier variieren die Witterungsverhältnisse und die Sorten wachsen nicht jedes Jahr gleich gut.»
Weltweit tausende von Chili-Sorten
Einige Sorten tauscht er über Kontakte im Internet aus, sie stammen aus Kanada, Finnland, Tschechien. Andere Sorten wurden ihm von Freunden mitgebracht, die zum Beispiel nach Asien oder Mittelamerika reisten. «Es gibt weltweit hunderte oder tausende von Chili-Sorten, viele sind sich jedoch sehr ähnlich.» Daher konzentriert er sich auf wenige Dutzend verschiedene Arten. «Manchmal probiere ich einfach mal eine Sorte aus, die mir mitgebracht wurde, und schaue, was daraus wird.» Dabei muss er darauf achten, dass sich die Sorten nicht kreuzen, sonst nimmt die Qualität in den folgenden Jahren ab. Bereits Anfang des Jahres sät er die Chilis in einem frostgeschützten Raum unter künstlichem Licht aus. Im Frühling werden sie in grosse Töpfe verpflanzt und wachsen regen- und windgeschützt weiter. Die Vegetationszeit dauert je nach Sorte rund 100 Tage. «Sie dürfen nicht zu viel Wasser haben, sonst geht die Energie ins Krautwachstum statt in die Früchte. Manchmal muss man die Pflanzen absichtlich unter Stress setzen, damit sie viele Früchte produzieren.» Schnecken, Spinnmilben und Blattläuse können den Pflanzen zusetzen. Wenn die Pflanzen regengeschützt aufwachsen, hilft das bereits etwas. Wenn trotzdem Schädlingsbekämpfung nötig ist, erfolgt diese mit natürlichen Mitteln, Bruno Schranz setzt keine chemischen Mittel ein. Den ganzen Sommer über ist dann Erntezeit. Die Chilischoten werden getrocknet, pulverisiert und trocken zwischengelagert. Im Herbst und Winter besteht die Arbeit darin, die Gewürzmischungen zu produzieren und abzufüllen. Manchmal hilft ihm seine Familie tatkräftig.
Gefragte Degustationen
Jedes Jahr ist der Vater dreier erwachsener Kinder an verschiedenen Märkten anzutreffen, wie am «Supermärit» Aarberg, an der Luzerner Gewerbeausstellung oder der «Rüebenchilbi» in Madiswil. «Die Märkte sind wichtig für den Verkauf, denn Chili bestellt man nicht einfach im Netz, das muss man riechen und degustieren können, zum Beispiel mit etwas Brot und Frischkäse», ist er überzeugt. Falls Sie noch immer nicht neugierig auf Chili geworden sind: Alleine die Tatsache, dass Chili den Kreislauf und die Durchblutung anregt, gegen Verdauungsschwäche und Blähungen wirkt und zudem antibakteriell ist, sollte Sie zum Probieren animieren. Denn wie gesagt: Es darf scharf sein, muss aber nicht – Chili ist nicht gleich Chili!
Von Patrick Bachmann