• Die finanzielle Lage der Stadt Langenthal sorgt für eine gute Stimmung (von links): Gemeinderat Roberto Di Nino, Stadtpräsident Reto Müller und der Vorsteher des Finanzamtes, Thilo Wieczorek. · Bild: Walter Ryser

16.04.2019
Langenthal

Finanzielle Lichtblicke für die Stadt

Die Jahresrechnung der Stadt Langenthal weist zwar im Gesamthaushalt ein Defizit von 201  184 Franken aus und im allgemeinen, steuerfinanzierten Haushalt ein Defizit von 1,072 Millionen Franken, schliesst aber gegenüber dem Budget um 1,544 Millionen Franken besser ab. Hätte man wegen des schlechten Börsenjahres nicht einen Wertschriftenverlust von 1,052 Millionen Franken verbuchen müssen, hätte die Jahresrechnung der Stadt gar ein Plus von 156 431 Franken ausgewiesen.

«Die Börse versaut uns die Jahresrechnung», kommentierte Langenthals Stadtpräsident Reto Müller salopp, aber treffend das Ergebnis der Jahresrechnung 2018 der Stadt Langenthal. Müller schob aber sogleich nach, dass das Ergebnis dennoch sehr, sehr erfreulich sei. Dieses weist zwar ein Defizit im Gesamthaushalt von 201 184 Franken aus und ein Defizit von 1,072 Millionen Franken im allgemeinen, steuerfinanzierten Haushalt, aber damit schliesst die Jahresrechnung dennoch um 1,544 Millionen Franken besser ab als budgetiert, rechnete man doch mit einem Verlust von rund 2,616 Millionen Franken.

«Im letzten Jahr, vorab im letzten Quartal, verzeichneten wir eine turbulente Börsenentwicklung. Obwohl Langenthal seine Finanzanlagen konservativ anlegt, haben wir diesen Effekt zu spüren bekommen. Die Wertschriften im Betrag von etwas mehr als 30 Millionen Franken verloren an Marktwert. Ein Verlust, der zwar nicht realisiert wurde, aber verbucht werden muss. Und dieser beläuft sich auf 1,052 Millionen Franken, was die Jahresrechnung entsprechend belastet», nannte Gemeinderat Roberto Di Nino (Ressort Finanzen) den Hauptgrund für das negative Rechnungsergebnis. Ohne diesen Sonderfaktor würde die Rechnung der Stadt Langenthal im Jahr 2018 nämlich sogar mit einem Ertragsüberschuss von 156 431 Franken abschliessen. Aufgrund des guten Börsengangs im ersten Quartal 2019 sei der Ende 2018 eingefangene Buchverlust aber bereits wieder wettgemacht, fügte die Nino noch hinzu.


Rekordhohe Steuereinnahmen
Auch für Di Nino fällt das Ergebnis äusserst erfreulich aus. Den Hauptgrund für das positive Ergebnis sieht er in der überaus erfreulichen Entwicklung bei den Steuern. Hier würden sich die Mehrerträge bei den natürlichen Personen von rund einer Million Franken sowie 1,2 Millionen bei den juristischen Personen in der Jahresrechnung stark bemerkbar machen. «Eine Entwicklung in diesem Ausmass konnte nicht erwartet werden», erwähnte Di Nino, der darauf hinwies, dass die Steuererträge ein Rekordergebnis darstellen. Bei den ordentlichen Steuern (natürliche Personen) sind dies total 24,2 Millionen Franken, bei den juristischen Personen 6 Millionen Franken.

Aber auch andere Faktoren haben die Jahresrechnung positiv beeinflusst. So konnte auch ein Mehrertrag Lastenausgleich Sozialhilfe von 1,6 Millionen Franken verbucht werden, und im Bereich der Informatik resultierte ein Minderaufwand von 400 000 Franken. Aber es gab neben dem Wertschriftenverlust auch zusätzliche Posten, die das Ergebnis negativ belasteten, wie der Mehraufwand bei der Sozialhilfe von 1,1 Millionen Franken oder beim Stadttheater von 200 000 Franken. Bei den Investitionen resultiert im steuerfinanzierten Haushalt ein Betrag von 7,4 Millionen Franken. Das entspricht einer Realisierungsquote von 67 Prozent, die laut Di Nino den Erfahrungswerten aus den Vorjahren entspricht. Gleichzeitig gestand er aber auch, dass man nicht alles realisiert habe, was vorgesehen war. Dies sei auf zeitliche Verzögerungen zurückzuführen, bemerkte der Gemeinderat. Trotz des ausgewiesenen Defizits von 1,544 Millionen Franken weist die Stadt Langenthal per Ende 2018 noch immer einen stattlichen Bilanzüberschuss von 79,299 Millionen Franken auf. Das gesamte Eigenkapital ist gegenüber dem Vorjahr sogar noch leicht angestiegen und beträgt nun 113,96 Millionen Franken. Gemeinderat Roberto Di Nino sprach von einer sehr soliden finanziellen Basis für die Stadt Langenthal. «Rein vom Eigenkapital her betrachtet stehen wir rund zehnmal besser da als vergleichbare Städte im Kanton Bern», hielt er fest.

Geld ist nicht unendlich vorhanden
Dennoch gab es zum Schluss mahnende Worte. «Das gute Ergebnis sollte uns nicht zu fest in Sicherheit wiegen lassen», wies Di Nono auf anstehende, grosse Investitionen hin. Langfristig betrachtet schlage man sich nach wie vor mit einem strukturellen Defizit in der Höhe von 3 bis 4 Millionen Franken herum. Angesichts des Eigenkapitals müsse man aber zum jetzigen Zeitpunkt sicher nicht in Panik verfallen. «Trotzdem können wir nicht alles realisieren, was gewünscht wird», betonte Stadtpräsident Reto Müller. Und Thilo Wieczorek, Vorsteher des städtischen Finanzamtes, fügte hinzu: «Der Gemeinderat wird zweifellos den vorhandenen Spielraum ausschöpfen und gewisse Projekte priorisieren, ist sich aber bewusst, dass trotz der guten Finanzlage auch in Langenthal das Geld nicht unendlich vorhanden ist.»

Von Walter Ryser