Flühmann bringt die Hoffnung zurück
UHC Grünenmatt: Rückkkehrer Simon Flühmann – Unihockey Grünenmatt steht zum Ende des Jahres 2016 auf dem letzten Rang und droht Ende Saison abzusteigen. Dennoch ist seit zwei Spielen wieder Hoffnung vorhanden, das Unglück abwenden zu können. Ein Altbekannter ist aus Schweden zurückgekehrt – und der soll es nun richten.
Unihockey · Zwischen der dunklen Gesichtsbehaarung blinken ein paar weisse Zähne hervor. Simon Flühmann zieht die Mundwinkel nach oben und lacht. «Doch, doch, ich weiss schon, welche Erwartungen in mich gesteckt werden.» Zuvor hatte der Grünenmatt-Rückkehrer gleich mehrfach versucht, der Fragerei zu entweichen, die darauf abzielte, ihn für den zukünftigen Erfolg oder Misserfolg vom Unihockeyclub Grünenmatt verantwortlich zu machen. Er sprach davon, dass alle motiviert sind, die Stimmung gut ist und darüber, dass im Team jeder fähig ist, gutes Unihockey zu spielen. «Es braucht nur noch Kleinigkeiten, die wir verbessern müssen, dann bin ich überzeugt, dass wir Punkte sammeln werden.» Von Abstiegssorgen zu sprechen, sei aktuell falsch, «sonst wären wir gedanklich schon jetzt da und später dann tatsächlich. Wir nehmen Spiel für Spiel und schauen den Fortschritt an», so Flühmann. Noch ist alles möglich.
Etwas bewegen
Tatsächlich stört sich Simon Flühmann nicht daran, dass nun vieles auf seine Person zentriert wird. «Viele sprechen mich an und freuen sich darüber, dass ich wieder hier bin», erklärt Flühmann. So bemerke er das Interesse und den Druck auf seiner Position schon. Das sei aber auch irgendwie schön. «Es gibt einen Grund, dass ich hier bin. Ich will in einem Team Verantwortung übernehmen und einen wichtigen Part spielen», erklärt der Stürmer. Und an den Turn-Around mit Grünenmatt glaube er sowieso. «Ich habe in den Gesprächen vor meiner Rückkehr bemerkt, dass man hier etwas bewegen kann.» Auch das sei einer der Gründe für seine Rückkehr gewesen.
Diese erfolgte derweil vor anderthalb Monaten – und das etwas überraschend. Flühmann verliess erst letzten Sommer die Schweiz, um in Schweden zu spielen. Beim IBK Dalen zeigte sich der 29-Jährige zuerst von der besten Seite und erzielte in 7 Testspielen 18 Punkte. Als in der Meisterschaft der Coach aber nicht mehr immer alle Linien laufen liess, und Flühmann oftmals ab der Spielhälfte nicht mehr zum Einsatz kam, führte das fehlende Vertrauen zu einem ersten Bruch. Flühmann, der in den letzten beiden Saisons zu den Top-2 der NLA-Skorer gehörte und in der letzten Saison mit 60 Punkten alleiniger Topscorer war, konnte sich nicht mehr durchsetzen. «Ich musste in Schweden für 500 Franken als Automechaniker arbeiten und reinigte manchmal 35 Stunden die Woche Autos oder wechselte Reifen, weil wir nicht immer gleich viel Training hatten. Das wäre für mich okay gewesen, wenn es im Unihockey funktioniert hätte», sagt Flühmann. Zuletzt habe er aber sogar Spiele ohne einen einzigen Einsatz erlebt – und dafür sei er nicht nach Schweden gezogen. «Da kann ich genauso gut in der Schweiz spielen und arbeiten und verdiene dann auch noch deutlich mehr», erklärt Flühmann. Zudem sei er auch vom Sport nicht komplett überzeugt gewesen. Körperlich sei in der Schweiz vielmehr erlaubt, das sehr defensive und passive System von Dalen habe ihm ebenfalls nicht zugesagt, weil er in der Schweiz viel attraktiveres Unihockey mit schnellen Angriffswechseln gewohnt war. «Ich hatte ausserdem keine Freunde vor Ort und konnte mit niemandem darüber sprechen. Meine Freundin war in der Schweiz, so war das nicht einfach für mich», erinnert sich Flühmann. Einfach so aufgeben wollte er zuerst aber nicht.
Die Nati gibt den Ausschlag
Dass er wegen fehlender Spielpraxis für die WM aus dem Nationalmannschaftskader gestrichen wurde, hat ihm aber dennoch den Rest gegeben. «Ich hätte neue Energie tanken können. Neuen Schwung holen. Und weil ich beim Trainer von Dalen zudem spürte, dass er keine andere Rolle für mich plant, habe ich mich schliesslich entschieden, zu gehen.» Der Verein sei darüber nicht glücklich gewesen, zumal sie ihm zuerst zwar keinen Druck machten, aber letztlich dennoch mehr von ihm erwarteten. Sie haben den Entscheid dennoch verstanden und ihn gebilligt.
Dass Flühmann nach seinem Schweden-Abenteuer ausgerechnet zum NLA-Schlusslicht Grünenmatt wechselte, war für viele überraschend. Die Begründung dafür ist aber durchaus plausibel. «Hier wusste ich, dass ich von Beginn weg meine Rolle einnehmen kann. Ich wusste, dass ich mich wohlfühlen werde und dass alles klappen wird», erklärt Flühmann. Ausserdem habe er in Biglen eine Wohnung mit seiner Freundin gefunden – ein Team ausserhalb des Kantons Bern kam damit nicht in Frage. «Ich hatte etwa 20 Angebote von Vereinen aus der 1. Liga, der NLB und A», sagt Flühmann. Wieder nach Hause, nach Grünenmatt, zu kommen, sei aber genau richtig gewesen. Hier fühlt er sich wohl, kennt den Assistenztrainer und die Cluborganisation gut – irgendwie hat sofort wieder alles gepasst. Dass er in bisher zwei Spielen schon sechs Punkte verbuchte, unterstreicht diese Tatsache.
Die Kehrseite gesehen
Missen möchte er diese Erfahrung aber keineswegs. Er sagt sogar: «Ich würde beide Entscheide nochmals gleichmachen. Ich ginge wieder nach Schweden, und ich käme genauso wieder zurück», so Flühmann. Er habe auch dadurch lernen können. «Hier lade ich an einem Sonntag mal einen Ausländer ein, weil ich mittlerweile weiss, wie es ist, alleine ohne die gewohnten Kollegen zu sein. Vorher hätte ich das nie gemacht», so Flühmann. Zudem habe er die Kehrseite der Medaille gesehen, so könne er auch einige Erfahrungen daraus mitnehmen.
Wie es in Zukunft mit Simon Flühmann weitergeht, steht derweil noch in den Sternen. Zuerst will er den Ligaerhalt mit Grünenmatt schaffen. Und im nächsten Jahr werde er irgendwo im Bernbiet in der NLA Unihockey spielen. «Vielleicht versuche ich es noch einmal bei einem ambitionierten Spitzenklub, damit ich noch einmal um den Titel kämpfen kann», formuliert Flühmann seine frühesten Gedanken zu diesem Thema. Mittlerweile sei er sich dieser Meinung aber nicht mehr ganz sicher. «Ich werde mir die Angebote anschauen – und da ist es auch möglich, dass mir jenes von Grünenmatt am besten zusagt. Eigentlich ist wirklich alles möglich.» Eines wird er aber nicht mehr tun: Auf den Vorschlag des Natitrainers zählen. Dieser riet ihm vor einem Jahr, zu einem Topclub zu wechseln, damit er sein Spiel unter anderem durch besseres Training auf ein neues Level heben kann. Dies tat er und ging nach Schweden. Letztlich erhielt er für die WM von Trainer David Jansson aber nicht einmal eine persönliche Absage. «Das hat mich sehr enttäuscht. Wenigstens ein Telefongespräch wäre angebracht gewesen. Aktuell weiss ich deshalb nicht, ob die Nationalmannschaft zu meinen nächsten Plänen dazugehört», spricht Flühmann Klartext. Auch das werde er sich bei Zeit durch den Kopf gehen lassen.
Hoffnung hat ein Gesicht
Zuerst steht Grünenmatt im Fokus. Und mit diesen will er so vieles schaffen, wie nur möglich ist. «Wieso nicht sogar von den Playoffs träumen?» Er sehe die Situation realistisch und erkenne, dass die Chancen bei einem Rückstand von 18 Punkten acht Spiele vor Schluss unglaublich klein sind. Möglich aber sei alles, sagt er, der unbedingt Erfolg haben will und sich deshalb als sehr zielstrebigen Menschen sieht. Möglich ist tatsächlich vieles. Immerhin spielte Grünenmatt in der Rückrunde bereits gegen die Top-3-Teams Wiler-Ersigen, Malans und GC und kriegt es nun mit eher schlagbaren Gegnern zu tun. Beginnend beim Auswärtsderby gegen die Unihockey Tigers Langnau am 7. Januar. Die Hoffnung auf einen versöhnlichen Saisonabschluss ist beim Schlusslicht Grünenmatt zweifellos zurück. Sie hat sogar ein Gesicht erhalten. Sie trägt dunkle Gesichtsbehaarung, zeigt dank einer humorvollen Art oftmals die weissen Zähne und heisst Simon Flühmann.
Von Leroy Ryser