• Dass Chantal Bigler gerne fotografiert, sieht man auf den ersten Blick, aber dass sie eine Schwäche für antike Sachen hat, wie man sie beispielsweise in der Brocki Huttwil findet, ist aussergewöhnlich. · Bild: Daniel Fuchs

30.10.2020
Huttwil

Frauenpower mit einem Flair für Antikes

Seit Anfang Oktober bringt Chantal Bigler frische Frauenpower in die Redaktion des «Unter-Emmentalers». Die sympathische Art der 26-jährigen Emmentalerin dürfte in der Region gut ankommen. Aussergewöhnlich ist ihre Begeisterung für «Brockis» und antike Sachen.

Frauenpower ist keine Frage der Lautstärke. Chantal Bigler ist das beste Beispiel dafür. Die 26-jährige Frau aus Zollbrück fällt nicht gleich mit der Tür ins Haus, löchert die Leute mit Fragen und legt ihnen möglicherweise sogar noch die Antworten in den Mund. Sie lässt ihr Gegenüber ausreden, hört zu. Ja, zuhören kann sie sehr gut, aufmerksam, geduldig, interessiert, um danach noch ruhig und überlegt die wenigen Fragen zu stellen, die das Bild vervollständigen. Für eine Journalistin sind das beste Voraussetzungen. Sie ist offen und neugierig und weiss, was sie will.

Ein Flair für Katzen und Autos
Geboren ist Chantal Bigler auf der anderen Seite des Napfs, in Langnau, und aufgewachsen mit ihren beiden älteren Schwestern vor allem in Zollbrück, wo sie heute wieder wohnt. Nach der Schulzeit hätte aus ihr auch eine Tierärztin oder Autofachfrau werden können. Sie liebt Katzen und wollte am liebsten immer wieder neue bei sich zu Hause aufnehmen. «Da geht bei mir das Herz gleich auf», lächelt sie. Heute ist die 18-jährige Jara noch ihre einzige Katze, die es übrigens liebt, wenn sie ihr den Song «Titanic» vorpfeift.
«Warum gerade dieses Lied, weiss ich nicht, aber Jara kommt direkt zu mir, sobald ich ihn pfeife.» Und aus ihrem Flair für Oldtimer und schöne Autos macht sie keinen Hehl. Dieser sei bestimmt ihren früheren «Need For Speed Game-Sessions» zu verdanken. Wohl deshalb ist sie heute mit einem mintfarbigen Fiat 500 unterwegs.

Reisen – Plan hin oder her
Highlight war allerdings eine zweimonatige Reise 2018 mit ihrer Schwester Nicole nach Hawaii, Kuba und Zentralamerika, um gemeinsam Spanisch zu lernen. Nach drei Wochen reiste noch ihre Familie nach. Die Emmentalerin spricht von einer «unvergesslichen Zeit und der abenteuerlichsten Reise», die sie jemals gemacht hat. Denn die Reise war trotz ihren Plänen immer wieder unberechenbar. Am Flughafen in Zürich erreichte sie die Meldung eines Rohrbruchs am New Yorker Flughafen. Ihre Weiterreise verzögerte sich und auch ihre geplante Karibik-Kreuzfahrt in Puerto Rico fiel aufgrund eines Sturmtiefs aus. Die beiden Schwestern mussten kurzerhand ihren Flug umbuchen und entschieden sich für Hawaii. Dort erlebten sie einen Falschalarm eines Luftangriffs mit Bombendrohung mit. Nicht zu vergessen war auch die Weiterreise nach Panama, wo sie von falschen Polizisten aufgehalten wurden und nicht in der Sprachschule landeten, die sie ursprünglich gebucht hatten. Auch die tierischen Erfahrungen blieben nicht aus – so teilten sie ihr Zimmer auf Panama etwa mit einer Mäuse-Familie und in Costa Rica mit einer «Horde» von Termiten. Umso schöner wurden sie danach mit einzigartigen Erlebnissen belohnt und sahen die seltenen und scheuen Vögel namens «Quetzal» in den Bergnebelwäldern. Ihre Glückssträhne hielt an und sie erhielten ohne Aufpreis eine Hotelsuite mit Meerblick oder konnten kostenlos einen Nationalpark besuchen. Ein ganz besonderer Moment war aber dieses Geschenk, als der Autovermieter ihnen auf Big Island einen Schlüssel zu einem Ford in die Hand drückte. «Ich sah das kleine Mustang-Pferdchen auf dem Autoschlüssel und dachte, das kann doch nicht wahr sein. Aber für mich war das natürlich ein Traum, mit einem Mustang-Cabriolet drei Tage lang quer über die Insel zu fahren», schwärmt Chantal Bigler. An ihrem Geburtstag durfte sie sich dann mit einem Oldtimer durch Havanna chauffieren lassen.

Zur Fotofachfrau ausgebildet
Ihre Lehre machte sie als Fotofachfrau in der Fachrichtung Finishing bei Foto Video Meier in Bümpliz und später in Burgdorf. Denn auch Fotografieren gehört seit jeher zu ihren Leidenschaften. «Man kann in der Fotografie sehr kreativ sein, wenn man die verschiedenen Möglichkeiten einer Kamera nutzt», erklärt sie dazu. Bedingt durch die Grösse des Betriebes konnte sie gleichzeitig in den Fachbereichen Verkauf und Fotografieren anpacken. Die Stelle erhielt sie wahrscheinlich übrigens nur, weil sie den falschen Zug erwischte und zum Bewerbungsgespräch zu spät kam. Für ihren Chef war das eher ein gutes Omen, zumal sich Biglers Vorgängerin zum Bewerbungsgespräch ebenfalls verspätet hatte, sich danach aber als ausgezeichnete Angestellte bewährt hatte.

Schreiben und Fotografieren
Nach der Lehre bildete sich Chantal Bigler bei verschiedenen Betrieben vermehrt in Richtung Webdesign und Multimedia-Publishing aus, wo Text, Fotografieren, Gestaltung und Schreiben zusammenfliessen. Dabei ist ihre
eigene Webseite unter dem Namen: www.pocahontasart.ch entstanden. «Da ich früher gerne Pocahontas
geschaut habe und mich einige meiner Freunde so nennen, habe ich mich für diesen Namen entschieden.» Hier habe sie auch das Schreiben entdeckt und bemerkt, dass ihr vor allem das Zusammenspiel von Wort und Bild
gefalle. Von hier war es nur ein kurzer Schritt, um sich für ein Volontariat, das heisst, eine praxisorientierte Ausbildung, auf der Redaktion der Aarauer Nachrichten zu bewerben. «Es war am Anfang nicht einfach für mich, in eine ganz andere Region zu ziehen», erinnert sich Bigler. «Aber im Kontakt mit den Leuten bin ich regelrecht aufgeblüht.» Im Journalismus lernt man täglich neue Leute kennen und beschäftigt sich von früh bis spät mit ganz unterschiedlichen Themen. Das hat Chantal Bigler auf Anhieb gefallen. Umso mehr freute sie sich nun, als sie nach dem Volontariat in Aarau eine Stelle in der Region fand. Und mit ihren 26 Jahren hat sie das Durchschnittsalter der Redaktion deutlich unter 50 Jahre gedrückt. Neue Ideen, andere Ansichten, das schadet sicher nicht.

Lust auf Neues und antike Sachen
Und was treibt Chantal Bigler sonst noch, wenn sie nicht am Arbeiten ist? Sie ist gerne in der Natur, mag es zu wandern und verbringt gerne Zeit mit ihren fünf Neffen und ihrer Familie. Im letzten Sommer unternahmen sie gemeinsam eine sechsstündige Wanderung zur Oberaletschhütte. «Dies war ein magischer Moment, am nächsten Morgen aufzuwachen und am 1. August dort gemeinsam zu frühstücken.» So ist die junge Frau zwar gerne unterwegs, aber ohne die
Hängematte zuhause würde ihr auch etwas fehlen. «Erholung ist mir wichtig, um wieder neue Kraft zu tanken.» So trägt ihr Aloe-Vera-Reich auch einen Teil zur Entspannung bei, welches übrigens ihre Lieblingspflanze ist. Snowboarden, Malen und Reisen sind keine weiter aussergewöhnlichen Hobbys für eine junge Frau. Ihre Leidenschaft für Brockis und antike Sachen hingegen schon. «Manchmal, wenn ich in die Ferien fahre, schaue ich nach, ob es da irgendwelche Brockenstuben, Secondhands, Flohmärkte oder sonstige Märkte gibt», gesteht sie: «Ich bin ein Märitfroueli und liebe es, herumzustöbern.» Um wieder Platz für neue Bijoux zu finden, verkaufe sie ihre eigenen Sachen auch gerne
mal selbst an einem Flohmarkt oder über ihren Instagramaccount: @this_.and._this. Seit Februar dieses Jahres lernt sie auch Geige zu spielen. «Auch wenn es im Moment noch kratzt», wie sie selbstkritisch bemerkt. Die Leidenschaft für antike Schätze und die Neugier für Neues lassen vermuten, dass Chantal Bigler in der Region noch einige journalistische Perlen ausgraben und den Lesern des «Unter-Emmentalers» vorstellen wird.

Von Daniel Fuchs