Fusionsentscheid an der Urne am 17. Mai 2020
Am 17. Mai kommenden Jahres werden die Stimmbürger von Obersteckholz und Langenthal gleichzeitig an der Urne über die Fusion per 1. Januar 2021 abstimmen. Kommt diese zustande, können sich im Herbst 2020 bereits Obersteckholzer Bürger an den Langenthaler Wahlen beteiligen – und gewählt werden.
Obersteckholz · Jetzt nimmt die Fusion der beiden Kommunen Obersteckholz und Langenthal richtig Fahrt auf. Dies jedenfalls war der Eindruck an der von 41 der 335 Stimmberechtigten (12,2 Prozent) besuchten Gemeindeversammlung Obersteckholz. Die geplante Fusion war wegen des Wasserstreites arg ins Stocken geraten. Inzwischen konnte dieser durch eine einvernehmliche Lösung mit der Wasserversorgungsgenossenschaft beigelegt werden. Der entsprechende Vertrag zwischen der Gemeinde Obersteckholz und den «Wassergenossen» wurde am 6. Februar dieses Jahres gegenseitig unterzeichnet. Damit konnten die Fusionsvereinbarungen mit Langenthal fortgesetzt werden.
Klares Ja für 2,7-Millionen-Kredit
Die Stimmberechtigten der Gemeinde Obersteckholz hatten an der Gemeindeversammlung vom 11. Dezember 2018 die Abänderungen und Ergänzungen des Vertrages mit den «Wassergenossen» einstimmig gutgeheissen und somit der Gemeinde den Auftrag erteilt, eine neue Wasserleitung aufzubauen. Der Aufbau der neuen Wasservorsorgung soll den Bedarf an Trinkwasser bei genügend hohem Druck sowie den Löschschutz sicherstellen. Das Langenthaler Ingenieurbüro Scheidegger AG erarbeitete dazu ein Vorprojekt, das mit Bruttokosten von 2,7 Millionen Franken rechnet. Allfällige Beiträge Dritter (Kanton) sind dabei noch nicht abgezogen.
Der Gemeinderat beantragte nun der Versammlung, den Rahmenkredit für den Ausbau einer neuen Wasserversorgung in der Höhe von 2,7 Millionen Franken zu genehmigen. «Das ist für uns lebenswichtig, denn wir sind für die Wasserlieferungen verantwortlich», appellierte Gemeindepräsident Heinrich Jörg für ein Ja. Dies mit Erfolg, wurde doch der Antrag des Gemeinderates mit 39 Ja bei zwei Enthaltungen klar angenommen.
Um gleichentags über die Fusion der Stadt Langenthal (15 790 Einwohner) mit dem Dorf Obersteckholz (420 Einwohner) abstimmen zu können, musste die Gemeindeversammlung Obersteckholz einer Teilrevision des Organisationsreglements zustimmen. Dies tat sie einstimmig. Der Wortlaut: «Die Stimmberechtigten beschliessen an der Urne über den Zusammenschluss mit einer oder mehreren Gemeinden.» Damit steht fest, dass die Fusionspartner gleichzeitig am 17. Mai 2020 abstimmen und die Ergebnisse gemeinsam bekannt geben können. Der Vorteil für Obersteckholz: Bei Abstimmungen an der Urne ist in der Regel eine höhere Stimmbeteiligung zu erwarten als an einer Gemeindeversammlung.
Berner Jurist als Fusionsbegleiter
Weil Janine Jauner, Juristin im Präsidialamt der Stadt Langenthal, die Fusionsprojektleitung nach einem Jahr abgab, hätte Sandra Steiner, die stellvertretende Stadtschreiberin Langenthals, diese Projektleitung übernehmen sollen. Sandra Steiner wird nun jedoch primär in anderen Bereichen eingesetzt, weil es gilt, die nach dem Herzinfarkt von Stadtschreiber Daniel Steiner entstandene Vakanz abzufedern.
Die Fusion von Obersteckholz mit Langenthal wird jetzt begleitet vom Berner Juristen Martin Buchli, der sich an der Gemeindeversammlung Obersteckholz vorstellte. Er hat kürzlich die Fusion der beiden Gemeinden Niederbipp und Wolfisberg erfolgreich abschliessen können. Er werde auch hier bei der geplanten Fusion von Langenthal und Obersteckholz aus neutraler Sicht Lösungen aufzeigen: «Das ist wie ein Puzzle, das man zusammenfügt.» Vorerst gelte es, Fusionsvertrag und Fusionsreglement auszuarbeiten – inklusive Übergangsregelungen. Dabei werde den Stimmberechtigten von Obersteckholz – bei Annnahme des Fusionsvertrages am 17. Mai 2020 – bereits im Herbst 2020 das aktive und passive Wahlrecht der Stadt Langenthal eingeräumt. Die Stadt wählt dann für die Legislatur 2021 bis 2024 neben dem Gemeinderat 40 Stadträte. Angedacht war, so der an der Gemeindeversammlung Obersteckholz anwesende Langenthaler Stapi Reto Müller, bei einem beidseitigen Ja zur Fusion der Gemeinde Obersteckholz einen 41. Stadtratssitz zuzugestehen. Weil die Fusion nun aber nicht bereits per 1. Januar 2020 Tatsache werden kann (der Stadtrat ist bis Ende 2020 gewählt), bleibt es bei 40 Sitzen. Der Obersteckholzer Gemeindepräsident Heinrich Jörg rief an der Gemeindeversammlung dazu auf, aktiv an den Wahlen teilzunehmen und dafür zu sorgen, dass Obersteckholz, das ab
1. Januar 2021 zum Ortsteil von Langenthal werden soll, im Langenthaler Stadtrat vertreten sein wird. Reto Müller strich die grosse Erfahrung von Jurist und Fusionsprojektleiter Martin Buchli heraus. Dieser versprach, den Genehmigungsprozess und die Umsetzung umgehend einzuleiten: «Wir machen keine Pause.» Ende August/Anfang September dieses Jahres finde in der Mehrzweckhalle Obersteckholz für die Obersteckholzer wie auch für die Langenthaler ein Info-Anlass statt.
Erfreuliche Rechnung 2018
Markus Capaul von der Huttwiler Treuhand- und Beratungsfirma Fankhauser & Partner AG erläuterte die Rechnung 2018, die im Gesamthaushalt mit einem Gewinn von 69 100 Franken abschliesst. Budgetiert war hier ein Verlust von 189 800 Franken. Die Rechnung 2018 entspricht also einer Besserstellung von 258 900 Franken. Beim steuerfinanzierten allgemeinen Haushalt präsentierte Markus Capaul ein Plus von 46 700 Franken. Bei einem budgetierten Minus von 176 800 Franken beträgt die Besserstellung hier 223 500 Franken. Der Hauptgrund für die sehr erfreuliche Rechnung 2018 sind die Steuereinnahmen von 938 800 Franken, die damit 159 200 Franken höher ausfielen als veranschlagt. Einkommenssteuern der natürlichen Personen und Sondersteuern (Kapitalauszahlungen Pensionskasse und Auszahlungen Säule 3a) trugen etwa zu gleichen Teilen zu diesen Mehreinnahmen bei. Das Eigenkapital der schuldenfreien Gemeinde Obersteckholz betrug Ende 2018 1,966 Millionen Franken. Die Versammlung genehmigte die Rechnung 2018 ebenso einstimmig, wie die Nachkredite von total 78 600 Franken und den Verpflichtungskredit von 60 000 Franken für die Anschaffung und den Ausbau Informatik/ICT der Primarschule.
Müller geht, Wintenberger kommt
Für das Protokoll der Gemeindeversammlung war erstmals der neue Gemeindeschreiber Bruno Wintenberger zuständig. «Für uns ist er ein Glücksfall», kommentierte dies Heinrich Jörg. Er dankte Therese Müller (Langenthal), seit 2014 Gemeindeschreiberin in Obersteckholz, für deren wertvolle Arbeit. Sie habe im Oktober 2018 das Rentenalter erreicht und geniesse seit Ende April 2019 den wohlverdienten Ruhestand. Bruno Wintenberger, der in Obersteckholz bis zur geplanten Fusion mit Langenthal als Gemeindeschreiber tätig sein wird, stellte sich gleich selber vor: Geboren 1953 in Langenthal, seit 1997 bis zur Pensionierung im November 2018 Gemeindeschreiber in seiner Wohngemeinde Walliswil bei Wangen. Bruno Wintenberger ist der Bruder von Peter Wintenberger, der bis zu seiner Pensionierung Fachstellenleiter Liegenschaften der Stadt Langenthal war und sich als Leiter der Oberaargauer Jassmeisterschaft für Senioren engagiert. «Ich arbeite in Obersteckholz jeweils am Morgen», sagte Bruno Wintenberger und gab seiner Freude über sein Engagement Ausdruck. Diese Freude bekräftigte er auch bei den Gesprächen am Apéro nach der Versammlung.
Von Hans Mathys