«Gänsehaut-Feeling beim Zieleinlauf»
Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Peter Gerber, Gigathlon-Sieger aus Weier – Der 35-jährige Peter Gerber aus Weier hat auf eindrückliche Weise den Gigathlon 2019 gewonnen. Sein bisher grösster Karrierenerfolg basiert auf harter Trainingsarbeit, wie der zweifache Familienvater im Interview erklärt.
Ein gutes Gefühl, wenn man sich am Sonntagabend zur Prime Time im Sport des Schweizer Fernsehens sieht, nicht wahr?
Das ist wirklich cool. Damit habe ich nicht gerechnet. Es macht mich natürlich stolz.
Altersklassen-Bronze an der Cross-Triathlon-WM im letzten Jahr oder der jetzige Gigathlon-Sieg: Was zählt mehr für Sie?
Der Gigathlon ist höher einzustufen, weil es ein Sieg war. Es ist spezieller.
Im vergangenen Jahr wurden Sie bei Ihrem Single-Debüt am Gigathlon fünf Minuten hinter dem Signauer Stefan Graf Zweiter. Nun siegten Sie mit 34 Minuten Vorsprung auf den Zweiten und Vorjahres-Vierten Thomas Rusch aus Appenzell. Wie erklären Sie sich diese eklatante Steigerung?
Komischerweise fühlte ich mich körperlich vor einem Jahr mehr parat. Dies war sicherlich auch mental bedingt, weil ich vor einem Monat bei meinem Ironman-Debüt auf Lanzarote auf der abschliessenden Laufstrecke einen brutalen Einbruch erlitt. Umso schöner war es zu spüren, dass die Form am Gigathlon passte. Und die Vorbereitung darauf war sicherlich gut.
Der Trainingsaufwand muss gewaltig sein, um solche Leistungen abrufen zu können.
Um mithalten zu können, ist einiges an Aufwand zu betreiben. Ich komme wöchentlich auf ein Pensum von 13 bis 15 Trainingsstunden, wobei ich immer an einem Wochentag eine Ruhepause einschalte. Es gibt Konkurrenten, die einen viel höheren Aufwand betreiben.
Lässt sich der sportliche Aufwand mit dem Familienleben vereinbaren?
Dies geht auf jeden Fall. Allerdings nur, wenn die Frau mitzieht und Freude daran zeigt. Ich habe das grosse Glück, eine solche Partnerin an meiner Seite zu haben. Ich achte sicherlich darauf, dass ich möglichst viele Trainings zu Randzeiten oder auf meinen Arbeitsweg legen kann, um die Familie wenig zu belasten. Was sicher unter meinem Sportpensum leidet, ist die gemeinsame Zeit mit meinen Kollegen.
Auf den verschiedenen Gigathlon-Teilstrecken waren Sie überall vorne dabei. Auf der abschliessenden Bikestrecke am Samstag über 45 Kilometer und 1300 Höhenmeter von Engelberg nach Sarnen haben Sie sogar die Abschnittsbestzeit aufgestellt. War es Ihr persönliches Highlight?
Jawohl. Besonders schön war für mich, dass ich bis am Ende Saft in den Beinen hatte. Und die Strecke war anspruchsvoll, was mir sehr entgegen kam. Absolutes Highlight war aber natürlich der Zieleinlauf am Sonntagabend. Ein unglaubliches Gefühl, Gänsehaut-Feeling.
Was war am härtesten?
Die Hitze, ganz klar. Beim Anstieg auf der Rennvelostrecke am Sonntag war es extrem. Ein Schlüsselmoment am Gigathlon.
Welche der auszuübenden Disziplinen Inline-Skaten, Radfahren, Schwimmen, Laufen und Mountainbiken hat Ihnen am Gigathlon am besten gefallen?
Obwohl mir das Biken immer am besten gefällt, hat auch das Inline-Skaten so richtig «gfägt».
In Ihrer Sorgendisziplin Schwimmen haben Sie viel weniger Zeit verloren, ja gehörten sogar zu den Besten.
Ich habe tatsächlich im Wasser zugelegt. Ich habe meine Vorgabe, mindestens einmal pro Woche ein Schwimmtraining auszutragen, über Monate durchgezogen. Ausserdem habe ich bei Martin Hohl einen Crawlkurs besucht. All dies hat sich zu meiner Freude ausbezahlt.
Bei den Fünferteams konnte die Inlinestrecke wahlweise durch eine zusätzliche Trail-Laufstrecke ersetzt werden. Dies wäre Ihnen in der Einzelkategorie nicht entgegen gekommen. Als ehemaliger Eishockeyspieler mögen Sie das Inline-Skaten.
Ich war glücklich, das Inline-Skaten ausüben zu können. Aber vor einem Jahr, als statt dem Inline-Skaten in der Einzelkategorie das Trail-Running ausgetragen wurde, fühlte ich mich auch wohl. So gesehen ist jede Variante okay.
Ein Gigathlon ist mit allem notwendigen Material und den verschiedenen Standorten auch eine organisatorische Schwerstaufgabe. Könnten Sie diese alleine meistern?
Unmöglich. Umso mehr möchte ich meiner Frau Elvira und Dominic Scheidegger ein gewaltiges Dankeschön aussprechen. Sie haben mir alles abgenommen, womit ich mich einfach auf die sportliche Leistung konzentrieren konnte. Mein Betreuer-Duo war es auch, welches mir zu unglaublich tollen Wechselzeiten verhalf. Ich war bei der Umrüstung auf die nächste Disziplin extrem flink.
Wie haben Sie eigentlich vor Ort geschlafen? War ein Herunterfahren überhaupt möglich?
Dies war in der Tat nicht einfach. Das Auswärtsschlafen, die Hitze im Wohnmobil auf dem Campingplatz und der Lärm waren nicht einfach. In der ersten Nacht kam ich höchstens auf drei Stunden Schlaf. In der Nacht auf Sonntag klappte es dann schon besser.
Haben Sie von der atemberaubenden Natur im Wettkampfgebiet Ob- und Nidwalden im Rennfieber überhaupt etwas mitbekommen.
Definitiv. Ich bin ein Sportler, der die Umgebung sehr gut wahrnehmen kann. Ich ziehe sogar die Enerige daraus. Egal, ob wunderbare Landschaften oder anfeuernde Leute am Streckenrand: Ich beachte und geniesse alles.
391 Kilometer und 7220 Höhenmeter in zwei Tagen. Verspüren Sie keine körperlichen Schmerzen?
Nein, ich fühle mich körperlich super. Einzig die Müdigkeit ist bemerkbar, was stark mit der ungeheuerlichen Hitze zu tun hat.
Weil Sie den Ausdauersport erst seit 2016 ambitioniert ausüben, sind Sie noch hungrig. Wie sehen die nächsten Ziele aus?
Der Ironman auf Lanzarote und der Gigathlon waren meine Hauptziele in diesem Jahr. Nun lege ich eine Pause ein und geniesse das Familienleben. Ein Start am Belpathlon im September ist denkbar.