• Das Slalom-Schweizermeisterschaftspodest der U16-Kategorie der Mädchen (von links): Sue Piller (Schönried), Schweizermeisterin Shaienne Zehnder (Walterswil/Skiclub Ahorn-Eriswil) und Elyssa Kuster (Gossau).

  • Die 15-jährige Walterswilerin Shaienne Zehnder vom Skiclub Ahorn-Eriswil ist die beste Schweizer Slalom-Skifahrerin in der Altersklasse U16. · Bilder: Frederick Thomas

22.03.2021
Sport

«Ganz klar mein bisher grösster Erfolg»

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Shaienne Zehnder,Skifahrerin aus Walterswil – Das grösste regionale Skitalent hat wieder zugeschlagen. Shaienne Zehnder vom Skiclub Ahorn-Eriswil hat in Engelberg den U16-Schweizermeistertitel im Slalom gewonnen. Es ist der bisher grösste Erfolg des 15-jährigen Skitalents aus Walterswil.

Ski Alpin · Slalom-Schweizermeisterin in der U16-Altersklasse: Der Freitag in Engelberg dürfte einer Ihrer bisher schönsten Skitage gewesen sein?
Dieser SM-Titel ist ganz klar mein bisher grösster Erfolg. Gerade auch, weil ich am Morgen vor dem SM-Rennen im an gleicher Stelle ausgetragenen nationalen Slalom mit Bestzeit vor Augen beim zweitletzten Tor ausgefallen bin.

Sie haben bereits vier Goldmedaillen am Schweizer Final des Grand Prix Migros gewonnen. Wie sehen Sie den U16-Titel im Vergleich mit diesen ebenfalls als Schweizermeistertitel gewerteten Erfolgen?
Diese Titelgewinne beim Grand Prix Migros waren immer nur gegen den eigenen Jahrgang. Beim U16-Meistertitel habe ich mich gegen mehrere Altersklassen – mitunter die um ein Jahr älteren Fahrerinnen – durchgesetzt, womit der Stellenwert natürlich viel höher ist.

Sie lagen im Meisterschaftsslalom nach dem ersten Lauf bloss fünf Hundertstelsekunden voraus. Wie gingen Sie mit diesem Druck als letzte startende Fahrerin im zweiten Durchgang um?
Ich habe überhaupt keinen Druck verspürt und mich einfach auf den Lauf gefreut. Bei den um ein Jahr älteren Fahrerinnen, die nach Rennhalbzeit alle hinter mir klassiert waren, dürfte dies etwas anders ausgesehen haben. Und bei meinem Vater sowieso (lacht) – er war vor dem entscheidenden Durchgang um ein Vielfaches nervöser als ich.  

Der zweite Lauf war nicht unbedingt nach Ihren Fähigkeiten ausgeflaggt.
Der erste Lauf war technisch und absolut auf mich zugeschnitten. Der zweite Lauf war dann viel einfacher und schnell, ohne grosse technische Schwierigkeiten. Etwas, was ich nicht so mag. Es hiess einfach Gas geben.

Am Ende lagen Sie um eine Zehntelssekunde vorne. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie dies wenige Augenblicke nach dem Überqueren der Ziellinie auf der Anzeigetafel gesehen haben?
Ich habe sofort die Eins aufleuchten sehen. Gleichwohl fragte ich im Ziel dann ungläubig, ob ich wirklich gewonnen habe? Umso grösser war bei Gewissheit dann meine Freude, denn supergut war mein zweiter Lauf wirklich nicht gewesen.

Sie haben mit der um ein Jahr älteren Sue Piller aus Schönried eines der grössten Schweizer Skitalente auf den Silberplatz verwiesen.
Das ist wirklich cool. Sue und ich duellieren uns seit vielen Jahren. Unsere Zeiten liegen immer sehr nahe beisammen. Einmal ist sie besser, einmal ich. Ich bin jetzt happy, dass ich ihr mit dem Gewinn des U16-SM-Titels etwas voraus habe.

Wie wurde dieser Schweizermeistertitel gefeiert?
Am Freitagabend habe ich im Hotel mit meinem Team eine Flasche Rimuss getrunken. Am Samstagabend habe ich den Sieg dann mit der Familie daheim noch etwas gefeiert.

Die SM-Goldmedaille hängt noch nicht daheim. Ihnen wurde an der Siegerehrung doch tatsächlich eine Goldmedaille mit dem Aufdruck «Slopestyle Big Air Men» überreicht.
Da ist wirklich etwas schief gelaufen. Genau erklären konnten die Verantwortlichen diese Verwechslung nicht. Mir wurde einfach mitgeteilt, dass ich die Medaille wieder abgeben muss – und die richtig bedruckte Goldmedaille irgendwann per Post erhalten werde.

Am Samstag, einen Tag nach der Slalom-SM, hätte auf der Piste Stand-Laubersgrat in Engelberg ebenfalls die U16-Schweizermeisterschaft im Riesenslalom stattfinden sollen.
Sie musste abgesagt werden. Im oberen Teil der Piste wäre der Nebel okay gewesen. Aber unten war es ganz schlimm. Hinzu fielen über Nacht 30 Zentimeter Neuschnee, die einfach nicht aus der Piste gebracht werden konnten. Ein Rennen unter diesen Verhältnissen wäre – neben der fehlenden Sicherheit – nicht für alle Fahrerinnen gleich fair gewesen.

Wie traurig sind Sie über die Absage?
Natürlich hätte ich mich über einen Rennstart gefreut, zumal ich mich im Riesenslalom in sehr guter Form befinde. Da ich am Vortag den SM-Slalom gewinnen konnte, war es für mich nicht so schlimm. Geplant ist, die Riesenslalom-SM nach Ostern in Verbier nachzuholen.

Trotz der Rennabsage standen Sie am Weekend noch ein weiteres Mal im Einsatz. War am Sonntag in Schönried in zwei regionalen Combi-Rennen nach dem Grosserfolg vom Freitag noch genügend Spannung vorhanden?
Auf jeden Fall. Ich mag das Skifahren sehr und bin vor jedem Rennen topmotiviert. Das erste Combi-Race konnte ich mit sechs Hundertstel Vorsprung auf Sue Piller gewinnen. Beim zweiten Rennen hatte ich kurz vor dem Ziel einen Stillstand und musste mich mit Stockstössen ins Ziel schieben. Trotzdem reichte es hinter der Siegerin Sue Piller noch zum 2. Rang.

Denken Sie, dass Sie in der Schule auf Ihren Schweizermeistertitel angesprochen werden?
Davon gehe ich aus. Und zwar, weil die Sportschule Feusi bereits einen Post auf Instagram gemacht hat.

Ihr grösster Fan ist aber nicht im Schulzimmer zu suchen.
Stimmt. Das ist meine Nachbarin, die alle meine Renneinsätze und meine Aktivitäten genau verfolgt. Ebenfalls stark interessiert sind meine Grosseltern.

Ihr grosses Vorbild Alexis Pinturault aus Frankreich hat am Wochenende den Gesamtweltcup gewonnen.
Ich habe die Entscheidung live mitverfolgt. Ich mag es dem technisch stärksten Skifahrer von Herzen gönnen.

Sind Sie nicht ein bisschen traurig, dass es der Schweizer Marco Odermatt nicht geschafft hat?
Natürlich hätte ich es auch Odermatt gegönnt. Auch er wäre ein würdiger Gesamtweltcupsieger.

Wie fair war die Entscheidung Ihrer Meinung nach?
Das Skifahren findet in der Natur statt. Damit gibt es immer Überraschungen und Unvorhergesehenes. All dies gilt es zu akzeptieren.

Was sagen Sie zum kuriosen Riesenslalom-Auftritt von Lara Gut-Behrami am Sonntag am Weltcupfinal in der Lenzerheide, nachdem diese am Vortag den Kampf um den Gesamtweltcup gegen die Slowakin Petra Vlhova verlor?
Dieser Auftritt war fragwürdig. Wenn sie das Gefühl hat, dass es körperlich nicht mehr geht, dann ist dies völlig in Ordnung und nach einer langen und viel Substanz raubenden Saison nachvollziehbar. Allerdings muss sie dann auch nicht mehr an den Start gehen und nach drei Toren abschwingen.

Auszug aus der Rangliste: SM Slalom, Engelberg, U16 Mädchen (43 Klassierte): 1. Shaienne Zehnder, Ahorn-Eriswil, 1:32,08; 2. Sue Piller, Schönried, 1:32, 18; 3. Elyssa Kuster, Gossau, 1:32,33; 4. Laura Huber, Haslital Brienz, 1:32,50; 5. Allegra Frei, Feusisberg, 1:32,56; 19. Leandra Zehnder, Ahorn-Eriswil, 1:36,55. – BOSV JO Cup, Schönried, Combi-Race 1, U14 Mädchen (24): 1. Dania Allenbach, Turbach-Bissen, 59,13; 5. Lynn Bösiger, Ahorn-Eriswil, 1:00,47; 16. Amy Jacob, Ahorn-Eriswil, 1:05,66. – U16 Mädchen (16): 1. Shaienne Zehnder, Ahorn-Eriswil, 57,99; 2. Sue Piller, Schönried, 58,05; 3. Leandra Zehnder, Ahorn-Eriswil, 1:00,56. – U14 Knaben (43): 1. Toru Kusano, Turbach-Bissen, 1:00,74; 5. Kjetil Zehnder, Ahorn-Eriswil, 1:02,11; 15. Vincent Praz, Ahorn-Eriswil, 1:03,78. – BOSV JO Cup, Schönried, Combi-Race 2, U14 Mädchen (22): 1. Dania Allenbach, Turbach-Bissen, 58,55; 4. Lynn Bösiger, Ahorn-Eriswil, 1:02,14; 15. Amy Jacob, Ahorn-Eriswil, 1:04,83. – U16 Mädchen (16): 1. Sue Piller, Schönried, 57,27; 2. Shaienne Zehnder, Ahorn-Eriswil, 59,00; 3. Leandra Zehnder, Ahorn-Eriswil, und Silja Michel, Haslital Brienz, beide 1:00,85. – U14 Knaben (43): 1. Levin Gerber, Eggiwil, 1:00,51; 4. Kjetil Zehnder, Ahorn-Eriswil, 1:01,88; 22. Vincent Praz, Ahorn-Eriswil, 1:04,06.

Infos: www.sc-ahorn.ch