Gartenoper mit «Wildschütz» – Zogg im Fokus
Am Freitagabend glänzte Andrea Zogg in der Alten Mühle in «Die Besetzung». Im Sommer 2018 ist er Regisseur der Gartenoper, wo zwei Jahre nach «Martha» Lortzings «Der Wildschütz» gespielt werden soll.
Der 59-jährige, in Chur geborene Schauspieler und Regisseur Andrea Zogg scheint Langenthal zu mögen. Immer wieder bereichert er die Theaterszene in Langenthal – und bald setzt er noch einen drauf. Er wird im Sommer 2018 Regisseur der Gartenoper Langenthal sein. Dies mit der komischen Oper «Der Wildschütz» von Albert Lortzing. Diese Neuigkeit verrät Langenthals Theaterdirektor Reto Lang, als er das 47-köpfige Publikum auf der 199 Sitzplätze bietenden Tribüne in der Alten Mühle zum Psychodrama «Die Besetzung» von Charles Lewinsky begrüsst – mit eben diesem Andrea Zogg in der Hauptrolle. Die Uraufführung des Langenthaler Theater überLand fand am 30. April dieses Jahres im Stadttheater Langenthal statt, das zurzeit saniert und im Spätherbst 2017 in neuem Glanz wiedereröffnet wird.
Im Publikum von «Die Besetzung» sitzt auch Beat Wächli, Präsident der Gartenoper Langenthal, der sich, wie er in der Pause und nach der Vorstellung betont, riesig auf die Zusammenarbeit mit Andrea Zogg freut und dabei seine künstlerischen und menschlichen Qualitäten herausstreicht. Zogg wurde in seiner Karriere schon mehrfach ausgezeichnet. Er spielte in acht «Tatort» mit und gefällt als Pfarrer im Film «Schellen-Ursli», der 2015 Premiere feierte. Die gelungene Feuertaufe als Regisseur einer Oper feierte er vergangenen Sommer in Obersaxen im Bündner Oberland, wo er Gioachino Rossinis «Wilhelm Tell» inszenierte.
Zurück zur Vorstellung von «Die Besetzung» mit Andrea Zogg als Schauspieler Joachim Albrecht, der 28-jährigen Danielle Green als Paula Völlmer von der Firma Liesendahl & Partner und Reto Lang als Regisseur. Die Bühne ist hier Ort der Handlung und Thema zugleich. Alles dreht sich um die Frage, was gegen die zusehends radikaleren Sparmassnahmen unternommen werden kann, von denen die Existenz subventionierter Bühnen bedroht ist. Kann man als Theatermacher etwas dagegen tun oder ist die grosse Zeit der Stadttheater endgültig vorbei?
Dabei stossen im Dialog – der zusehends zum Zweikampf wird – der alte, routinierte Schauspieler Joachim Albrecht und Paula Völlmer aufeinander. Die Dame von der Beratungsfirma soll der Stadt mögliche Einschnitte im Theaterhaushalt präsentieren. Der Altmeister scheint sich schon mal daran zu stören, dass er sich hier mit einem weiblichen Wesen auseinandersetzen muss. «Sie sind eine Frau», sagt er. «Das ist mir auch schon aufgefallen», kontert sie und sorgt damit für ein erstes Schmunzeln im Publikum. Die hübsche Beraterin eröffnet dem Schauspieler, dass sie in ihrem Bericht eine Budgetkürzung um 20 Prozent vorschlagen werde. «Es muss gespart werden», betont sie. «Aber doch nicht ausgerechnet beim Theater», hält er dagegen.
Trotz gegensätzlicher Auffassungen kommen sich der Schauspieler und die Beraterin näher. «Ich mag Sie», gibt sie zu – und schon sind beide per du. Er plaudert aus der Schule und verrät ihr, woran man einen schlechten Regisseur erkennt: «Wenn ihm nichts einfällt, lässt er den Schauspieler eine Zigarette rauchen.» Sie ihrerseits erzählt ihm aus ihrem Privatleben – dass sie verlobt gewesen sei und mit ihrem Partner eine grosse Reise geplant habe. Dass sie diese aber nicht angetreten habe, weil sie sich bei einer Bewerbung als einzige Frau gegen viele Männer durchgesetzt habe und sich deshalb für den Job und gegen den Menschen entschieden habe, den sie liebte.
Und plötzlich fällt ein Schuss …
Um die Medien auf das von einer Budgetkürzung bedrohte Theater aufmerksam zu machen, kommt der Schauspieler auf die Idee, er könnte das finanzielle Fiasko für das Theater mit einer Geiselnahme abwenden und die Beraterin als Geisel nehmen. Darüber würden die Medien gewiss berichten. Er würde diese Geiselnahme erst beenden, wenn die Stadt nachgibt. «Lass gut sein», entgegnet Paula Völlmer – und da fällt plötzlich ein Schuss. Pause.
Der alternde Schauspieler liegt am Boden. Neben ihm der beim Knall heruntergefallene Kronleuchter, der ihn nur knapp verfehlt hat. Er fantasiert. Ob es im Himmel wohl auch eine Kantine gebe, fragt er Paula. Herzergreifend singen beide zusammen das Lied «Es war ein König in Thule» nach dem Gedicht von Goethe – feinfühlig, zart, mit leisen Stimmen. Stark. Sein letztes Stündchen scheint geschlagen zu haben. «Versprichst du mir etwas?», fragt er sie, «ja, alles was du willst» gelobt sie. Die 20-Prozent-Budgetkürzung fürs Theater soll sie streichen. «Grosses Pfadfinder-Ehrenwort.» Er hat ihr Versprechen. Da zeigt sich, dass er nur geschauspielert hat. «Du hast mich verarscht. Ich dachte, du stirbst tatsächlich», erkennt sie die Täuschung und zieht ihrerseits eine tolle schauspielerische Nummer ab, auf die er hereinfällt. «Bei mir war es Spass, bei dir Berechnung», vergleicht sie. Am Schluss ist nichts mehr so klar und eindeutig, wie es zu Beginn erschien. Klar ist jedoch, dass Danielle Green und Andrea Zogg meisterlich gespielt haben – und Letzterer Langenthal die Treue hält – 2018 mit der Gartenoper Langenthal und Albert Lortzings Oper «Der Wildschütz».
Von Hans Mathys