Gefährdete Tier- und Pflanzenarten erhalten mit dem Fluebergweiher wieder Lebensraum
Vor den Toren Grossdietwils fand auf Melchnauer Gemeindeboden der langersehnte Spatenstich zum Bau des Fluebergweihers statt. Es handelt sich beim Bauprojekt um ökologische und landschaftliche Aufwertungen auf rund einer Hektare Fläche. Dabei werden traditionelle Nutzungen und somit klassische Lebensräume der ehemaligen Wässermatten- und Teichlandschaft des Rottals wiederbelebt.
Rottal · Zur Schaufel greifen durften alle Beteiligten, die das Projekt in den letzten Jahren mit viel Einsatz voranbrachten, zum positiven Ablauf des aufwändigen Baugesuchsverfahrens beitrugen, zudem finanziell oder mit vielen Eigenleistungen bei der Umsetzung unterstützen werden: Die Eigentümer und Bewirtschafter Dorli und Elmar Steffen-Bölsterli aus Grossdietwil. Die Gemeinderatsvertreter von Melchnau Ueli Jäggi und Grossdietwil Josef Müller. Die finanziellen Unterstützer Reto Fedeli vom «naturemade star Fonds» des Kraftwerks Ruppoldingen der Alpiq Hydro Aare AG, Isabel und Martin Andermatt der Andermatt Service AG und die Gemeinde Grossdietwil. Die Mitglieder der Vereine Lebendiges Rottal, Karpfen pur Natur, Smaragdgebiet Oberaargau, Pro Natura Luzern werden zahlreiche ehrenamtliche Stunden bei der Gestaltung leisten. Die Firmen M. Gerber Tiefbau, Friedli & Partner AG und Büro für naturnahe Planung & Gestaltung werden dank ihrer Erfahrungen bei ähnlichen Projekten in der Region die Arbeiten kostengünstig umsetzen helfen.
Nach dem Spatenstich konnte auf den Erhalt der Baubewilligung und gutes Gelingen des gemeinsamen Projekts angestossen werden. Dazu genoss man feine Produkte aus der Region, welche von den Eigentümern offeriert wurden. Die Bauarbeiten werden in den nächsten Monaten umgesetzt. Ziel ist, dass der Grossteil der Gestaltungsarbeiten bis im Frühling 2018 abgeschlossen werden kann. Entscheidend hierfür werden Witterung und vorhandenes lehmiges Material sein.
Dringend benötigter Lebensraum entsteht
Jahrzehntelang wurde die Produktion intensiviert und dadurch naturnahe Lebensräume und ihre Bewohner mit viel Aufwand verdrängt. Mittlerweile ist das Bewusstsein gewachsen, dass nicht auf Kosten künftiger Generationen gelebt werden kann. Dass umweltschonend produziert werden muss, wenn unsere Lebensgrundlagen langfristig erhalten bleiben sollen. Dazu zählen neben der Schonung von Boden, Wasser und Luft insbesondere auch der Erhalt des sich dort entwickelnden Lebens, die Biodiversität. Der Einsatz für die Artenvielfalt geschieht etwa mit den Biodiversitätsförderflächen (dem ökologischen Ausgleich) in der Landwirtschaft. Und seit einigen Jahren noch effizienter in den Vernetzungsprojekten der Region. Hier engagieren sich mittlerweile viele Landwirte. Im Wald werden schonend bewirtschaftete Reservate oder nicht genutzte Altholzinseln ausgeschieden. Im Siedlungsraum werden bereits vorbildlich erste naturnahe Flächen mit vielen Wildblumen angelegt, anstelle von sterilem Einheitsgrün. So wird etwa die Barrierewirkung des wachsenden Siedlungsraums gemildert.
Es braucht Grösse und Qualität
An vielen Orten werden aber noch grössere Lebensräume als Trittsteine oder Überlebensinseln im Lebensraumverbund benötigt, damit auch vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten in der Landschaft erhalten werden können. Diese werden sehr extensiv und gezielt auf diese Arten ausgerichtet bewirtschaftet. Besonders Feuchtgebietsarten, die im Rottal stark zurückgegangen sind, benötigen dringend solche gut vernetzten Inseln. Mit dem Aufwertungsprojekt beim Flueberg wird dazu viel beigetragen. Mit der Anlage eines nahezu fussballfeldgrossen Teiches können etwa Erdkröte, Ringelnatter, Zwergtaucher und Wasserspitzmaus gefördert werden. Mit zeitweise trocken fallenden Gewässern erhalten Kreuzkröten und Unken, Moorbinse oder Tausendgüldenkraut neuen Lebensraum. Mit der Reaktivierung von mageren Flachmooren und Pfeifengraswiesen, wie sie an den Hängen und am Fuss des Fluebergs einst sehr häufig waren, sollen auch wieder Orchideen, Wollgras, Wiesenknopf und somit gar der Moorbläuling zurückkehren können und sich der Restbestand der Sumpfschrecke wieder ausbreiten.
Idyllischer Naturerlebnis- und Ehrholungsraum
Vom Wanderweg aus zugänglich wird ein Platz gestaltet, der erlaubt, am idyllischen Teich zu verweilen. Wunderbare Naturerlebnisse wie ein nach Nahrung tauchender Eisvogel werden möglich. Die Flugakrobatik zahlreicher Libellen und prächtig blühende Sumpfpflanzen wie Schwertlilien oder Schwanenblumen werden bezaubern. Süsser oder würziger Duft von Spierstaude und Wasserminze werden unsere Nase erfreuen. Der Grossteil der Fläche wird nicht begehbare Ruhezone sein, damit sich auch scheue Tiere wie der Zwergtaucher niederlassen und brüten.
Ergänzt Teichperlenkette auf bernischer Seite des Rottals
Ziel der nächsten Jahre ist, dass der grosse Teich als erster bernischer Teich der sehr extensiven Karpfenzucht dienen kann. Und zwar mit optimal abgestimmter Bewirtschaftung zur Förderung der Biodiversität nach den Richtlinien von Karpfen pur Natur. Dazu muss vom Verein Karpfen pur Natur noch die Bewilligung beim kantonalen Veterinäramt, der Abteilung Naturförderung und dem Fischereiinspektorat beantragt werden.
So würde dieser Lebensraum das luzernseits aufgegleiste grosse regionale Projekt «Teichperlenkette» auch im bernischen Teil des Rottals optimal ergänzen und eine Lücke schliessen. Im Gasthof Löwen in Melchnau könnte dann alle paar Jahre sogar wieder die Melchnauer Karpfen aufgetischt werden.
Gut zu wissen
Weitere Informationen: www.lebendigesrottal.ch und www.karpfenpurnatur.ch
Von Manfred Steffen