«Gehe jeden Tag mit Freude zur Arbeit»
Gemeindeschreiber zu sein ist für Christian Iseli eine dankbare Aufgabe. Er gehe jeden Tag gerne zur Arbeit, sagt der 59-jährige Gemeindeschreiber von Rohrbachgraben, der die vielfältigen Aufgaben auf der Gemeindeverwaltung, aber auch die Nähe zu den Bürgern schätzt.
Rohrbachgraben · Spontan stellte sich Christian Iseli für die Abo-Karten-Aktion des «Unter-Emmentaler» zur Verfügung, die sich dieses Jahr den Gemeindeschreibern widmet. Er habe einen sehr engen Bezug zu dieser Lokalzeitung, erzählt er auf der Gemeindeschreiberei in Rohrbachgraben, wo der 59-jährige seit 35 Jahren tätig ist. In jungen Jahren war er selber als Berichterstatter, vorwiegend von Sportanlässen, für den «UE» aktiv. Heute sei er Konsument der Lokalzeitung und freue sich, dass der «UE» nach wie vor über viele regionale Anlässe und Ereignisse berichte, die sonst in keinem andern Medium mehr Beachtung finden würden.
An diesem Tag wirft der «UE» zusammen mit Christian Iseli einen Blick hinter die Kulissen der Gemeindeschreiberei in Rohrbachgraben. Der Vater von drei erwachsenen Kindern und zweifache Grossvater («ein grossartiges Gefühl») spricht von einer faszinierenden Aufgabe, die er als Gemeindeschreiber erfüllen dürfe. Das Tätigkeitsgebiet sei vielfältig, aber auch herausfordernd, «weil wir hier noch alles selber machen, von den Finanzen, über das Bauwesen bis hin zur Ausgleichskasse», erwähnt Iseli, der in Huttwil aufgewachsen ist, aber mittlerweile seit 35 Jahren in Rohrbachgraben wohnhaft ist.
Echte Demokratie
Ganz besonders am Herzen liegt ihm die Nähe zur Bevölkerung. «In einer kleinen Gemeinde wie Rohrbachgraben hat man als Gemeindeschreiber noch das Gefühl, dass man im direkten Kontakt mit den Bürgern etwas bewegen kann», erwähnt er. Von einer heilen Welt zu schreiben, sei wohl etwas übertrieben, aber in Rohrbachgraben gehe man noch respektvoll miteinander um und nehme man Rücksicht aufeinander. Wie man auf Anliegen oder bei Problemen reagiere, sei oft bloss eine Frage der Kommunikation, weiss der Gemeindeschreiber aus Erfahrung. «Im persönlichen Gespräch findet man meistens eine Lösung. Diese Art der Problemlösung funktioniert hier noch.» Aber auch die gute Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat hebt er hervor. Christian Iseli spricht von echter, direkter Demokratie, die hier gelebt werde. «Bei uns geht es um Sachpolitik, um das traktandierte Geschäft und nicht um Eigeninteressen, das gefällt mir», bemerkt er. Deshalb erstaunt es nicht, wenn er anfügt, dass er jeden Tag mit Freude zur Arbeit gehe.
Er sei dankbar dafür, gibt er zu verstehen. Wie gross die Verbundenheit der Bevölkerung mit ihrem Gemeindeschreiber ist, sei ihm nach zwei schweren Schicksalsschlägen noch bewusster geworden. Vor drei Jahren verlor Christian Iseli seine Frau Marlies, die nach schwerer Krankheit bereits im Alter von 54 Jahren verstarb und ein Jahr später erlitt er einen Herzinfarkt. In diesen schweren Zeiten habe er viel Mitgefühl, aufmunternde Worte und Anteilnahme aus der Bevölkerung erfahren. «Das habe ich sehr geschätzt», sagt er.
Sänger und Fussballer
Nebst seiner Familie hätten ihn die geliebte Arbeit als Gemeindeschreiber, sein Team auf der Verwaltung und der Gemeinderat über diese schwierige Lebensphase getragen, aber auch sein Hobby, das Jodeln, das er seit über 30 Jahren betreibt, aktuell im Jodlerklub Huttwil sowie der Kleinformation «Steimanndli». «Singen», sagt er, «hat eine heilende Wirkung, berührt die Seele und ist wohltuend.» Das Singen habe ihn schon zu jener Zeit als Fussballer des SC Huttwil begleitet. «Wir waren bekannt dafür, dass wir nach den Spielen gesungen haben, das hat uns ausgezeichnet.» Aber auch die sportlichen Leistungen, gehörte doch Christian Iseli jenem legendären Huttwiler Team an, das in die 2. Liga aufstieg und damit für den bis heute grössten Erfolg in der Geschichte des SCH sorgte. 40 Jahre lang habe er Fussball gespielt, erzählt er, doch heute muss er dem Rasen fern bleiben, weil ein Arthrose-Leiden ihn daran hindere, diesen Sport weiter auszuüben. «Das tut weh, aber gleichzeitig bin ich dankbar dafür, dass ich das erleben durfte», bemerkt Christian Iseli.
Zurück zur Gemeindeschreiberei in Rohrbachgraben und zu deren Zukunft. Natürlich sei das geflügelte Wort Fusion auch hier ein Thema. Bereits vor 15 Jahren habe sich der Gemeinderat ein erstes Mal damit befasst. Mittlerweile sei man sich aber einig, «dass eine Fusion mit einer andern Gemeinde nicht in Frage kommt, so lange wie wir finanziell auf gesunden Füssen stehen und wir auch die Verwaltung mit entsprechend ausgebildetem Personal besetzen können», gibt Christian Iseli zu verstehen. Zudem pflege man bereits heute in diversen Bereichen eine gute Zusammenarbeit mit andern Gemeinden und Institutionen. Auch verspürt Christian Iseli keinerlei Ermüdungserscheinungen, und er gibt zu verstehen, dass er gedenke, bis zum ordentlichen Pensionsalter sein Amt auszuüben. Damit scheint klar, dass Rohrbachgraben die mittelfristige Zukunft als eigenständige Gemeinde meistern wird.
Von Walter Ryser