Gelungener WM-Test für Sanna Lüdi
Weltcup 2020/21, 5. bis 8. Rennen in Idre Fjäll – Trotz grossen Schulterproblemen hat Sanna Lüdi vom Skiclub Ahorn-Eriswil an den drei Weltcuprennen in Schweden geglänzt. Und die 34-Jährige freut sich bereits, weil die Skicross-WM im Februar von China auf diese Strecke in Idre Fjäll vergeben wurde. Eine Strecke, bei welcher der Start nicht derart wichtig ist, wie auf den anderen Skicross-Weltcuppisten.
Skicross · Nach einem Monat Pause griffen die Skicrosser wieder ins Geschehen ein. Gleich drei Weltcuprennen konnten im schwedischen Idre Fjäll ausgetragen werden. Und diese Rennen vom Mittwoch, Samstag und Sonntag waren besonders wichtig. Die im chinesischen Zhangjiakou geplante Skicross-WM wurde wegen der Coronavirus-Krise abgesagt. Es wurde in Europa ein Ersatzaustragungsort gesucht – und schliesslich auch gefunden. Vom 11. bis 13. Februar werden auf der Skicross-Piste in Idre Fjäll auch die Welttitelkämpfe stattfinden.
Das Schulterhandicap beim Start
«Als dies bekannt wurde, habe ich mich sehr darüber gefreut», sagt Sanna Lüdi. Die Athletin vom Skiclub Ahorn-Eriswil fährt seit vielen Jahren an der Skicross-Weltspitze mit, bekundet derzeit wegen Schulterproblemen aber Schwierigkeiten beim Start. «Ich habe beim Weltcuprennen in Val Thorens im Dezember testen können, was es leiden mag», sagt Lüdi. Weil die Gefahr besteht, dass sich Lüdi die Schulter erneut ausrenkt, darf sie sich nur mit dosierter Kraft aus dem Startgate wegstossen. Ohne den wuchtigen Katapultstart ist die 34-Jährige auf den ersten Metern chancenlos. «Doch auf der Skicross-Piste in Idre ist der Start nicht so entscheidend», informiert Lüdi. «Dies kommt mir natürlich wegen meinem Handicap entgegen.» Die drei Weltcuprennen in Idre Fjäll haben aufgezeigt, dass Lüdi auch trotz den Startschwierigkeiten mit der Weltspitze mithalten kann. Nach den «Wu-tang» gleich nach dem Start machte die in Leimiswil aufgewachsene Sportlerin das verlorene Terrain sofort wieder gut. Und dies praktisch in jedem Lauf.
Am Mittwoch in den kleinen Final
Im ersten Wettmessen am Mittwoch, einem Sprintrennen über 600 m, war dies besonders gut zu beobachten. Im Viertelfinal lag die seit Dezember 2008 den Skicross-Sport ausübende Skifahrerin nach der Startpassage weit zurück. Doch mit ihrem schnellen Stöckli-Ski und ihren starken Gleiterfähigkeiten – von ihrer vorherigen Karriere als Alpinfahrerin herrührend – schob sie sich erst an der einen Fehler begehenden Kanadierin Zoe Chore vorbei. Und auf der langen Zielgeraden schnappte sich Lüdi aus dem Windschatten heraus und nach einem wilden Skistockgerangel auf gleicher Höhe auch noch die Russin Mariia Dobrova. Hinter der Skicross-Königin Fanny Smith zog Lüdi als Zweite in den Halbfinal-Run ein. In diesem wiederholte sich die Szenerie auf den ersten Metern. Mit Rückstand und aus vierter und letzter Position machte sich Lüdi auf die Aufholjagd. Auf den Wellen auf der Zielgerade hatte Lüdi die viel bessere Technik als die Französin Alizee Baron und zog an dieser vorbei. Anschliessend war die Piste aber zu wenig lang, um auch noch ihre Teamkolleginnen Fanny Smith (1. Rang) und Newcomerin Talina Gantenbein (2. Rang) abzufangen. «Ich bin mit meiner Leistung am Mittwoch aber sehr zufrieden. Ich fühle mich gut und habe grossen Spass am Fahren», meint Lüdi. Im kleinen Final um die Ränge 5 bis 8 wiederholte die Oberaargauerin ihren «Langsamstart», um dann eindrucksvoll zurückzuschlagen.
Gleich zwei Athletinnen schnappte sie sich und beendete das erste von drei Weltcuprennen auf der WM-Piste auf dem starken 6. Rang. Am Samstag ging es auf der Originalstrecke weiter. Sanna Lüdi schaffte den Viertelfinal-Einzug. Für einmal gelang der Start trotz dem Schulterhandicap super. Lüdi nahm die ersten Hindernisse aus dritter Position in Angriff. Dann kämpfte sie sich sogar an die zweite Stelle. «Als ich die führende Alizee Baron auf der langen Zielgeraden auf der linken Seite angreifen wollte, bin ich in den Neuschnee geraten und habe meinen guten Speed verloren. Dies war ein Fehler.» An dritter Stelle schied sie aus.
Zweimal Viertelfinal-Out
Am Sonntag dauerte das Rennen, welches von starkem Nebel geprägt wurde, für Sanna Lüdi genau gleich lang. Das Out im Viertelfinal war aber diesmal doppelt ärgerlich, weil unverschuldet. Mit grossem Speed war die Athletin des Skiclubs Ahorn-Eriswil drauf und dran, von der dritten Position an die Spitze zu schiessen. Doch just in diesem Moment machte die Kanadierin Courtney Hoffos einen Schwenk in Lüdis Fahrlinie. «Ich wurde ausgebremst und hatte keine Chance mehr.» Die Kanadierin wurde für dieses Vergehen mit einer gelben Karte bestraft, zog aber trotzdem in den Halbfinal ein, was für Lüdi frustrierend war.
Peking 2022 im Fokus
Mit den Rängen 6 und zweimal 9 zeigte die langjährige Oberaargauerin eindrücklich, dass mit ihr auf der WM-Strecke zu rechnen ist. «Die Ränge sind mir egal. Ich fokussiere mich total auf die WM. So habe ich meine notwendige Schulteroperation erst auf den 25. Februar und damit nach der WM angesetzt», informiert Lüdi. Damit steht auch fest, dass die dreifache Weltcupsiegerin nur noch die drei Weltcuprennen vor der WM fahren und anschliessend an den WM-Einsatz in Idre Fjäll die Saison vorzeitig beenden wird. Die restlichen Weltcuprennen nach der WM lässt sie sausen. «Ich will mich bestmöglich von der Operation erholen und dann optimal auf die nächste Saison vorbereiten. Mein grosses Ziel ist Peking 2022.» Es wären die vierten Olympischen Spiele für die Skicross-Veteranin.
Rekord für Fanny Smith
Sportlich im Zentrum des Interesses stand am Weltcupstandort Idre Fjäll Lüdis Schweizer Teamkollegin Fanny Smith. Sie schrieb Geschichte. Die Waadtländerin triumphierte am Sonntag zum 27. Mal auf höchster Stufe und ist damit Skicross-Rekord-Weltcupsiegerin.
Auszug aus der Rangliste: Mittwoch, Damen (17 Klassierte): 1. Fanny Smith, Schweiz; 2. Marielle Thompson, Kanada; 3. Talina Gantenbein, Schweiz; 6. Sanna Lüdi, Schweiz/SC Ahorn-
Eriswil. – Samstag, Damen (18): 1. Alizee Baron, Frankreich; 2. Marielle Berger Sabbatel, Frankreich; 3. Fanny Smith, Schweiz; 9. Sanna Lüdi, Schweiz/SC Ahorn-Eriswil. – Sonntag, Damen (18): 1. Fanny Smith, Schweiz; 2. Alizee Baron, Frankreich; 3. Marielle Thompson; 9. Sanna Lüdi, Schweiz/SC Ahorn-Eriswil.
Von Stefan Leuenberger