• Das Schulhaus Kirchenfeld soll mit zusätzlichen Schulräumen erweitert werden, um die steigenden Schülerzahlen in der Gemeinde auffangen zu können. Die Gemeinde rechnet in den nächsten Jahren mit 10 bis 20 Prozent mehr Einwohnern. · Bild: Leroy Ryser

17.02.2017
Oberaargau

Gemeinde braucht mehr Platz für Schüler

Am 26. März stimmen die Lotzwiler an der Urne über einen Verpflichtungskredit von 2,2 Millionen Franken für die Erweiterung des Schulraumes beim Schulhaus Kirchenfeld ab. Nötig wurde dieser Urnengang, weil gegen den Beschluss an der Gemeindeversammlung vom 28. November das Referendum ergriffen wurde. An einer Infoveranstaltung hat der Gemeinderat das geplante Bauvorhaben im Detail erläutert und darauf hingewiesen, dass man aufgrund des anhaltenden Bevölkerungswachstums mehr Schulraum benötige.

Lotzwil · Eigentlich schien bereits alles klar: Am 28. November genehmigten die Lotzwiler Stimmbürger an der Gemeindeversammlung einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 2,2 Millionen Franken für die Schulraumerweiterung beim Schulhaus Kirchenfeld. Doch kurze Zeit später lancierten Fritz und Ruth Wyss das Referendum gegen diesen Beschluss. Innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist kamen 101 Unterschriften und damit auch das Referendum zustande. Das Ergreifen des Referendums wurde von den Initianten damit begründet, dass an der Gemeindeversammlung vom  28. November nicht ausreichend über dieses Geschäft informiert worden sei. Deshalb werden die Lotzwiler am 26. März an der Urne ein zweites Mal über die Schulraumerweiterung und den damit verbundenen Verpflichtungskredit von 2,2 Millionen Franken abstimmen.
An einer von rund 40 Personen besuchten Infoveranstaltung orientierte der Gemeinderat im Detail über das geplante Bauvorhaben. Seit dem Jahr 2010 bilden die Schulen Bleienbach, Rütschelen und Lotzwil die Volksschule Lotzwil. Durch die Fusion können die bestehenden Dorfschulhäuser weiterhin betrieben und die jüngsten Kinder im Dorf unterrichtet werden. Zwei markante Gründe haben den Gemeinderat zum Projekt «Schulraumerweiterung beim Schulhaus Kirchenfeld» veranlasst. Einerseits weisen die Prognosen der Schülerzahlen für die kommenden Jahre eine steigende Tendenz auf und andererseits hat sich die Unterrichtsform in den letzten Jahren markant geändert. So gibt es heute viel weniger Frontalunterricht als früher. Das heisst, dass die Lehrpersonen heute nicht mehr während des ganzen Unterrichts vor den Schülern stehen und dozieren. Damit die Lernziele und die angestrebten Kompetenzen erreicht werden, verlangen der aktuelle wie auch der künftige Lehrplan verschiedene Lehr- und Lernformen wie Lernateliers, Lernlandschaften, Gruppenarbeiten und abteilungsweisen Unterricht. Zudem gilt es auch, die individuelle Förderung, den Spezialunterricht sowie die Begabtenförderung zu organisieren, was ebenfalls geeigneten Schulraum erfordert.

10 bis 20 Prozent mehr Einwohner
Betreffend den künftigen Schülerzahlen wies Gemeindepräsident Markus Ott auf die aktuelle Bautätigkeit in der Gemeinde hin. In diversen Quartieren entstehen gemäss Ott in naher Zukunft rund 100 neue Wohneinheiten. Zudem seien im Gebiet Kohlplatz-strasse/Beundenrain 17 neue Einfamilienhäuser vorgesehen. «Somit wird Lotzwil in ein paar Jahren voraussichtlich 10 bis 20 Prozent mehr Einwohner zählen», betonte der Gemeindepräsident. Aufgrund dieses Wachstums und der Tatsache, dass die bestehenden Schulhäuser bereits voll belegt sind, brauche es neuen Schulraum. Aus diesem Grund hat der Gemeinderat einen Ausschuss «Schulraumbeschaffung» eingesetzt. Dieser Ausschuss wird durch das ortsansässige Architekturbüro Dietrich begleitet.
Für das Schulhaus Kirchenfeld seien verschiedene Erweiterungsmöglichkeiten geprüft worden, erwähnte Gemeinderätin Elsbeth Steiner (Ressort Bildung/Kultur). Dabei habe der Ausschuss festgestellt, dass für eine langfristige Nutzung der Anbau eines dreigeschossigen Schultraktes über den Handfertigkeitsräumen im Untergeschoss auf der Nordseite des Schulhauses die sinnvollste und am besten geeignetste Lösung sei. Mit diesem Anbau können sechs neue Schulzimmer geschaffen werden. Zugleich soll der heutige Kindergarten an der Kirchgasse ebenfalls ins Schulhaus Kirchenfeld integriert werden (anstelle der heutigen Hauswartwohnung). Mit dieser Lösung zeigten sich die Referendums-Initianten Ruth und Fritz Wyss aber nicht einverstanden. Sie bemängelten, dass trotz der Erweiterung enge Platzverhältnisse im Schulhaus herrschen würden, namentlich in den Korridoren. Zudem würde der Anbau das bestehende Schulhaus verunstalten. «Mit dem Anbau verfügen die Schüler zwar über mehr Zimmer, aber trotzdem nicht über mehr Platz», kritisierte Fritz Wyss.

Alternativen kaum finanzierbar
Schulleiter Urs Bürki entgegnete dazu, dass man zwar mehr Raum benötige, aber keine Luxuslösung. Architekt Patrick Müller gab zu verstehen, dass der zur Verfügung stehende Raum entsprechend den zu erwartenden Schülerzahlen berechnet worden sei und seiner Meinung nach absolut ausreichend sei. Der frühere Gemeindepräsident Beat Luder unterstützte diese beiden Voten und sprach davon, dass es sich hier um ein sinnvolles und zweckmässiges Projekt handle. Dennoch wurde von den Anwesenden bemängelt, dass man über keine Alternative verfüge. Bei einer Kreditabstimmung in der Höhe von 2,2 Millionen Franken sollte man zwischen zwei Möglichkeiten wählen können, wurde argumentiert. Gemeindepräsident Markus Ott erklärte, dass man auf eine Alternative verzichtet habe, weil diese schlicht nicht finanzierbar wäre.
Er wies darauf hin, dass ein separater Neubau Kosten von rund sechs Millionen Franken, der Bau eines neuen Schulzentrums sogar 10 bis 15 Millionen Franken kosten würde. Dies wiederum hätte zur Folge, dass man in Lotzwil die Steuern massiv erhöhen müsste. Zudem könnte sich die Umnutzung oder der Verkauf des Schulhauses Dorf als schwieriges Unterfangen herausstellen.
Mit dem geplanten Anbau müssten die Lotzwiler in naher Zukunft nicht mit einer Steuererhöhung rechnen, hielt Ott weiter fest. Im Gegenteil, die Berechnungen zeigten, dass mit dem Anbau jährlich Kosten von rund 76 000 Franken gespart werden könnten, weil Infrastrukturkosten für auswärtige Schulbesuche wegfallen, aber auch die Kindergartenmiete entfallen würde, was einem jährlichen Sparpotenzial von 223 000 Franken entspreche und damit deutlich höher sei als die zu erwartenden, jährlichen Folgekosten von rund 147 000 Franken.
Am 26. März werden sich die Lotzwiler an der Urne entscheiden müssen, ob sie beim Schulhaus Kirchenfeld neuen Schulraum schaffen wollen oder ob sie ihre Kinder lieber an auswärtigen Schulen (in Langenthal) unterrichten lassen wollen.

Von Walter Ryser