Gemeinden geniessen Narrenfreiheit bei ihren Internetauftritten
Eine eigene Website hat inzwischen wohl jede Gemeinde. Dieser umfassende Informationskanal wird von der Bevölkerung rege genutzt, wie eine Umfrage des «Unter-Emmentalers» zeigt. Feste Richtlinien, was Gemeinden auf ihre Homepage aufschalten dürfen, gibt es praktisch keine. Selbst Werbung ist erlaubt.
Emmental/ Oberaargau · Das digitale Zeitalter hat die Gemeinden längst erreicht. Nicht wenige Gemeinden haben ihre Schalteröffnungszeiten eingeschränkt. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil sich die Bevölkerung inzwischen rund um die Uhr über die jeweiligen Gemeinde-Homepages informieren kann.
Für Dominic Ramel, Leiter Fachbereich Kommunikation und Marketing der gut 16 000 Einwohner zählenden Stadt Langenthal, ist das Internet mehr als nur ein reiner Informationskanal. «Im Zuge der Digitalisierung können mehr und mehr Aufgaben und Dienstleistungen der Behörden in elektronischer Form abgewickelt werden.» Ein gutes Beispiel dafür seien der Onlineschalter und das e-Government. Letztgenanntes sei ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zur Modernisierung der Verwaltung. «Online arbeiten dominiert mehr und mehr das Leben der Menschen», so Ramel.
Langenthal kommuniziert seit gut zwanzig Jahren digital. Der aktuelle Webauftritt ist seit 2009 online. Dieser kostete die Stadt rund 75 000 Franken. Der Unterhalt sowie die Aktualisierungen der werbefreien Websites wird grossmehrheitlich von der Stadtverwaltung getätigt und schlägt mit rund 17 000 Franken jährlich zu Buche. Besonders oft würden die Rubriken Verwaltung und Aktuelles angeklickt. Eine Erneuerung der Website ist auf nächstes Jahr vorgesehen.
Einheitliches Erscheinungsbild
Auch kleinere Gemeinden wie etwa Huttwil mit seinen rund 5000 Einwohnern, erneuern ihren digitalen Auftritt von Zeit zu Zeit. Dieser ist auf nächsten Frühling geplant, wie Katrin Schneider, Sachbearbeiterin Präsidiales, sagt. 2009 wurde die Gemeinde-Homepage mit neuem Design überarbeitet mit dem Ziel, der Herd- und Burgergemeinde ein einheitliches Erscheinungsbild zu geben. Auch hier wird die Aktualisierung und Betreuung der werbefreien Website von Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung getätigt.
Über die anfallenden Kosten kann die Sachbearbeiterin nichts sagen. Den Mehrwert für die Gemeinde sieht Schneider darin, dass Dienstleistungen digital abgewickelt werden können, was wiederum der Aufwand der Verwaltung verkleinert.
Ein Mehrwert auch für kleine Gemeinden
Mit rund 1100 Einwohnern setzt auch Wyssachen seit 2005 auf die Digitalisierung, um die Bevölkerung auf dem Laufenden zu halten. Laut der Gemeindeverwalterin Stephanie Wittwer, welche die Website auch betreut, sei diese 2019 neu gestaltet worden. Deren Unterhalt wird mit 200 Franken jährlich beziffert. Klicks für den werbefreien Internetauftritt werden vor allem für Informationen und Onlinedienste verzeichnet.
News im Fokus
In der 1095 Einwohner zählenden Gemeinde Dürrenroth wurde die Website 2005 aufgeschaltet. Auch sie wird gemeindeintern unterhalten und nachgeführt, was rund 700 Franken pro Jahr kostet. Auf nächsten Januar ist eine Erneuerung des Auftritts geplant. Auch hier stehen die Öffentlichkeitsarbeit, Informationen für die Bevölkerung im Zentrum. Die Anzahl Klicks würden nicht erhoben, so Gemeindeschreiber Pascal Dietrich. Ob das digitale Angebot eine wesentliche Zeiteinsparung bezüglich Fragen an die Gemeindeverwaltung generiert, kann Dietrich nicht beantworten. «Wir wissen ja nicht, wer sich ohne Website an uns wenden würde.»
ZeitungsApp als «News-Quelle» ?
Seit über zwanzig Jahre kommuniziert auch die Gemeinde Sumiswald digital. Was damals mit rund 8000 Franken zu Buche schlug. Die aktuelle Website wurde letztes Jahr überarbeitet und neu aufgeschaltet. Das Hosting und die Updategebühren wurden im laufenden Jahr mit gut 5000 Franken belastet. Berücksichtig seien darin unter anderem auch die Sitzungsvorbereitung für die Behörden, so der stellvertretende Verwaltungsleiter Jan Flückiger. Die gut 5000 Einwohner zählende Gemeinde informiert über News und Dienstleistungen der Behörde. Ein wichtiges Thema sei auch das Online-Reservationssystem, etwa für Tageskarten und dem Mieten von Räumlichkeiten. Hinsichtlich der Bestrebungen im e-Government wie etwa e-Umzug oder e-Bau werde auch Sumiswald versuchen, so viele Dienstleistungen wie möglich online anzubieten, sagt Flückiger. Mit diesem Angebot würden künftig sicher auch weniger Besuche auf der Verwaltung stattfinden. Auch hier werden keine Klickzahlen erhoben, kontrolliert oder gespeichert. Den Mehrwert sieht Flückiger in der Bündelung der Informationen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Frage nach Werbung auf der Gemeinde-Website verneint er. Auffallend ist jedoch die prominente Platzierung der Applikation einer Tageszeitung auf der Startseite der Homepage. Diese sei ausschliesslich als Newszugang für die Bevölkerung zu werten, so die Gemeindeverwaltungsangestellte Lena Müller. Keine Rückmeldungen auf die Anfrage des «Unter-Emmenalter» gab es von Rüegsau und Affoltern.
Keine Richtlinien für Gemeinde-Websites
Für Mark Gerber, stellvertretender Regierungsstatthalter des Regierungsstatthalteramts Emmental, sind keine Richtlinien bekannt für Gemeinde-Homepages. Es sei an den Gemeinden zu entscheiden, wie sie ihren Auftritt im Netz gestalten wollen. Einzig für die Aufschaltung von Versammlungsprotokollen bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage. Ferner sollte sich eine Gemeinde nicht den Anschein einer Befangenheit oder Abhängigkeit geben. Ein generelles Verbot für Werbung ist ihm nicht bekannt. Allerdings müsste jeweils sicher im Kontext entschieden werden, wie eine Werbung wirkt oder auch, was mit ihr bezweckt wird.
Von Lilo Lévy