• Böser Blick inklusive: Michael (links) und Nicola Minder wollen in der nächsten Saison gemeinsam für Huttwil verteidigen. · Bild: Leroy Ryser

08.08.2019
Sport

Geschwister-Power soll Gegner ausbremsen

Hockey Huttwil: Michael und Nicola Minder – Für Michael und Nicola Minder war es lange Zeit nur eine witzige, eher traumhafte Vorstellung. «Irgendwann spielen wir dann gemeinsam», haben die beiden schon vor Jahren gescherzt. Mit dem anstehenden Beginn der neuen Eishockeysaison wird sich dieser Traum erfüllen. Die beiden stehen als Verteidiger im MySportsLeague-Team von Hockey Huttwil unter Vertrag.

Eishockey · Für Michael und Nicola Minder beginnt im September eine aussergewöhnliche Saison. Gemeinsam sollen die beiden für Hockey Huttwil als Bruderpaar in der Verteidigung die gegnerischen Stürmer das Fürchten lernen. Da liegt es auf der Hand, dass der jüngere Bruder vom älteren in seiner ersten Saison im Erwachsenenhockey profitieren kann und soll. «Dem zeige ich schon, wo es lang geht», sagt Michael (27) zu seinem sieben Jahre jüngeren Bruder und versucht eine ernste Miene zu behalten. Es gelingt nur fast, spätestens als Nicola (20) kontert, brechen die Dämme: «Hey, eine Vaterfigur brauche ich auf dem Eis keine.» Beide lachen lauthals, das Gespräch über das eine, neue Bruderduo (siehe auch Kasten) bei Hockey Huttwil ist mit den ersten brüderlichen Liebkosungen schon früh lanciert.

Der Bruder als Vorbild
Für Michael und Nicola Minder war diese Konstellation lange Zeit viel eher ein Traum als mögliche Wirklichkeit. Witze habe man darüber gerissen, dereinst vielleicht im gleichen Team zu spielen. Als es klar wurde, dass nach Michael nun auch Nicola bei Hockey Huttwil spielen wird, war die Freude gross. Gerade Nicola Minder konnte als Elite-B-Spieler nicht damit rechnen, dass er auf Anhieb in der My
SportsLeague einen Verein findet. Dass es auch noch jener seines Bruders ist, vergrössert die Begeisterung bei beiden. «Für uns ist es das erste Mal, dass wir zusammen spielen können. Darauf freuen wir uns enorm», sagt Michael Minder. Dass Reibungen innerhalb dieser Bruderdynamik entstehen könnten, scheint zwar unwahrscheinlich, auf die Frage wer den anderen zuerst ärgern dürfte, gibt es aber trotzdem eine klare Antwort. Lauthals auflachend ruft Michael Minder «ich» und ergänzt: «Jetzt kann ich ihm endlich die Tyrannei quittieren, die er während seiner Kindheit abgezogen hat. Das kommt jetzt alles auf dem Eis zurück.» Erneut lachen beide und bekräftigen später, dass da wahrhaftig kaum Gefahr bestehe. «Mein Bruder war für mich immer ein Vorbild. Auf und neben dem Eis», sagt Nicola Minder. Zweifellos habe er «keine schlechte» Karriere hingelegt, sagt er scherzend, immerhin spielte Michael Minder mehrere Jahre für den SC Langenthal in der NLB. «Von ihm kann ich profitieren. Auch deshalb freue ich mich, mit ihm zusammen zu spielen.»

Betten im Campus beziehen
Für die Familie Minder hat dies zweifellos Auswirkungen. Nachdem Vater Ruedi mit Tochter Nadja und den Damen des SC Langenthals ihr Domizil in Huttwil bezogen haben, verbringen nun auch die Söhne Michael und Nicola den Grossteil der Freizeit im Campus Perspektiven. Die Feldbetten vor Ort sind zwar noch nicht bezogen, «eigentlich könnten wir aber den HotDog-Stand kaufen, damit immerhin für die Verpflegung der Familie vor Ort gesorgt ist», scherzt Michael Minder. Letztlich macht es der gemeinsame Treffpunkt aber auch für Mama Edith einfacher, mittlerweile muss sie nur noch zwei Teams am selben Standort verfolgen, um die ganze Familie spielen zu sehen. «Wir haben aber schon auch noch andere Themen, die wir in unserem Alltag diskutieren», stellt derweil Nicola Minder klar. Immerhin hat die Frau des noch einmal älteren Halbbruders gerade eben eine Tochter zur Welt gebracht. «Ansonsten dominiert Hockey aber zu 95 Prozent unsere Gesprächsthemen», gibt Michael Minder zu. Dass sie nun im gleichen Team spielen, sei aber auch deshalb durchaus ein Vorteil. Dass zu Hause die eine oder andere Spielsituation ein zweites oder drittes Mal analysiert wird, ist daher durchaus zu erwarten.

Das Minder-Back-Paar
Eines aber ist noch längst nicht sichergestellt: Ob die beiden Herren im gleichen Abwehrblock verteidigen. Die Chancen sind zwar durchaus vorhanden. Schon in den letzten Jahren hat Trainer Andreas Beutler stets darauf geachtet, junge und routinierte Spieler gemeinsam aufs Eisfeld zu schicken, letztlich entscheidet aber der Trainer, ob er das «Minder-Back-Paar» zulassen will. «Unser Vater spricht schon ständig davon, dass wir jetzt gemeinsam verteidigen werden», sagt Michael Minder lachend. Zweifellos wäre dies auch für ihn wünschenswert, nur zu gerne würde er zeitgleich mit seinem Bruder auf dem Eis stehen, denn immerhin sei dieser sieben Jahre jünger und könne entsprechend zusätzliche Laufwege als Jungspund auf sich nehmen, sagt er grinsend. Negative Auswirkungen, beispielsweise durch erhöhten Druck, hätte ein solches Zusammenspiel aber nicht. Denn in diesem Moment müsse man die Beziehung nicht zu stark werten, findet Nicola Minder. «Auf dem Eis ist er für mich ein Teamkamerad wie jeder andere. Ich kann von ihm profitieren wie von jedem anderen. Aber weil er mein Bruder ist, will ich nicht anders agieren.» Ähnliches sagt auch Michael Minder, der zwar versucht, seinem Bruder auf dem Eis zu helfen. Letztlich sei aber genau dies als eher routinierterer Spieler auch eine wichtige Aufgabe gegenüber allen jüngeren Spielern.

«Er kann die Erwartungen erfüllen»
Sowieso speziell wird die neue Saison derweil für Nicola Minder, der als 20-Jähriger endlich ins Erwachsenenhockey eintritt. Kein einfaches Unterfangen, darüber ist er sich im Klaren, auch wegen dem grossen Sprung vom Elite-B-Eishockey zur MySportsLeague. «Es gehört dazu, dass die jüngeren Spieler mal unten durch müssen. Ich werde versuchen, alles zu geben und mich so für möglichst viel Einsatzzeit zu empfehlen.» Immerhin hat Michael Minder vollstes Vertrauen in ihn und ist überzeugt, dass er die Chance in der MySportsLeague auch als junger Spieler packen kann. «Bei ihm weiss man, dass er hält, was man von ihm erwartet. Er arbeitet sehr hart, ist ehrgeizig – so kann er es schaffen.» Letztlich sei gerade Hockey Huttwil ein gutes Team, um den Einstieg zu wagen, weil Trainer Beutler als geduldiger Förderer junger Spieler bekannt ist. «Und wenn er tut, was der Trainer will, wird er seine Chancen erhalten.»
Dabei wollen die beiden den ganzheitlichen Erfolg nicht aus den Augen lassen, nach dem bitteren Halbfinal-Out in der letzten Saison würden die Huttwiler als Team gerne einen Schritt nach vorne machen. «Ich traue der Mannschaft vieles zu. Auch im letzten Jahr haben wir befürchtet, dass wir weniger Qualität haben, dem war aber gar nicht so. Ich sehe weiterhin gute Chancen für uns», sagt Michael Minder. Noch schmerze die letztjährige Saison, deshalb wolle man daraus die passenden Lehren ziehen. «Man bemerkt, dass es im Team wieder kribbelt, bald geht die Saison los», sagt Michael Minder weiter. Dass sich die Minders noch zusätzlich freuen, überrascht bei der ganzen Geschwisterdynamik wirklich nicht.

Von Leroy Ryser