• Gemäss dem Langenthaler Stadtrat ist es höchste Zeit, dass der «Glaspalast» neu verkabelt wird...

  • ...für die Ersetzung des Zeitnehmergebäudes im Leichtathletik-Stadion Hard sieht er dagegen die Zeit noch nicht gekommen. · Bilder: Walter Ryser

30.11.2018
Langenthal

«Glaspalast» drängt, Stadion hat Zeit

Der Langenthaler Stadtrat hat entschieden: Das Verwaltungsgebäude erhält eine neue, universelle Kommunikationsverkabelung, der von EVP-Stadtrat Daniel Steiner-Brütsch geforderte Neubau des Zeitnehmergebäudes im Leichtathletik-Stadion Hard wird dagegen noch einige Jahre hinausgeschoben.

Es war erneut eine Monster-Sitzung von rund fünf Stunden, die der Langenthaler Stadtrat absolvierte. Der Sitzungsverlauf und die getroffenen Entscheide waren jedoch weitaus weniger spektakulär als in früheren Sitzungen des Langenthaler Stadtparlaments. Bereits der Einstieg in den Abend verlief äusserst moderat. Der Ersatz der Tertiärverkabelung in den Büros der Stadtverwaltung war im Rat unbestritten. Die Verkabelung stammt aus dem Jahr 1992. Damals sei die Lösung visionär und zukunftsorientiert gewesen, erwähnte der Gemeinderat in der Botschaft zu diesem Geschäft. Nicht zuletzt deshalb habe die Infrastruktur ganze 26 Jahre überdauert. Die Verkabelung habe aber nun ihre Lebensdauer bei weitem überschritten und werde den heutigen Anforderungen an eine universelle Kommunikationsverkabelung (UVK) nicht mehr gerecht, hielt Stadtpräsident Reto Müller (SP) vor dem Rat fest. Dieser Argumentation folgte das Stadtparlament geschlossen und bewilligte für den Ersatz der alten Tertiärverkabelung einen Kredit in der Höhe von 715 000 Franken. Dabei wird sich der Kanton Bern beim Ersatz der zentralen Notbeleuchtung mit einem Betrag von 10 400 Franken beteiligen.

Zeitnehmergebäude muss warten
Geld sprach der Stadtrat auch für das Ferienheim Oberwald. Die im Jahr 1985 errichtete Stiftung Ferienheim Oberwald wird für den Betrieb des Ferienheims seit Jahren durch die Stadt Langenthal finanziell unterstützt. An der Stadtratssitzung vom September 2016 wurde der jährliche Unterstützungsbeitrag von bislang 50 000 Franken auf 40 000 Franken gekürzt.
Zwei Monate später wurde eine Motion von EVP-Stadtrat Daniel Steiner-Brütsch erheblich erklärt, die vom Gemeinderat verlangte, eine Vorlage zur Unterstützung der Stiftung Ferienheim Oberwald auszuarbeiten. Der Umsetzungsvorschlag sieht nun vor, dass zwischen der Stadt Langenthal und der Stiftung Ferienheim Oberwald eine Leistungsvereinbarung für die Jahre 2019 bis 2022 abgeschlossen wird und die Stiftung für diese Zeit mit jährlich 50 500 Franken (bestehend aus einem Betriebsbeitrag von 40 000 Franken und einem Unterhaltsbeitrag von 10 500 Franken) unterstützt wird. Der Stadtrat stimmte diesem Vorgehen zu, FDP-Stadtrat Daniel Schick (FDP) forderte allerdings den Gemeinderat auf, während dieser Zeit ein Investitions-, Betriebs- und Nutzungskonzept zu erstellen. Dieses soll dann als Entscheidgrundlage für die künftige finanzielle Unterstützung dienen.
Kein Geld bewilligte dagegen der Stadtrat für den von Daniel Steiner-Brütsch mittels einer Motion geforderten Neubau des Zeitnehmergebäudes im Leichtathletik-Stadion Hard. Steiner begründete seinen Vorstoss damit, dass das 1983/84 errichtete Zeitnehmergebäude nicht mehr den heutigen Ansprüchen für die Durchführung von hochklassigen Leichtathletikanlässen entspreche. Das Zeitnehmergebäude sei ungenügend isoliert und damit den Witterungsbedingungen stark ausgesetzt. So hätten beispielsweise die extremen Temperaturen im Sommer der Elektronik im Zeitnehmergebäude stark zugesetzt. Steiner wies zudem darauf hin, dass sich die LV Langenthal im Hinblick auf das Jubiläum «50 Jahre LV Langenthal» im Jahr 2021 um die Austragung der prestigeträchtigen Schweizer Meisterschaft der Aktiven beworben habe. Steiner-Brütsch befürchtet deshalb einen erheblichen Imageschaden für die LVL und die Sport-Stadt Langenthal, sollte an diesem Anlass die Zeitnahme nicht wie gewünscht funktionieren oder diese dann allenfalls sogar in einem «hässlichen» Container-Provisorium untergebracht sein. Doch all diese Argumente nützten nichts. Die zuständige Gemeinderätin Helen Morgenthaler (Ressort Kultur und Sport) empfahl die Motion zur Ablehnung. Sie hielt Steiner-Brütsch entgegen, dass sie der Meinung sei, dass das Zeitnehmergebäude noch einwandfrei funktioniere, zudem sei die besagte SM noch nicht definitiv nach Langenthal vergeben. Im Investitionsplan der Stadt Langenthal sei der Ersatz des Zeitnehmergebäudes für die Periode 2024 bis 2028 vorgesehen. Ein Vorziehen dieser Investition erachte sie als nicht sinnvoll. So sah es auch das Stadtparlament, das die Motion von Daniel Steiner-Brütsch mit 27 Nein- gegen 9 Ja-Stimmen, bei zwei Enthaltungen, ablehnte.

Maulkorb für Stadträte?
Einen Erfolg verbuchte die jüngste Stadträtin Carole Howald. Ihre Motion, die den Gemeinderat verpflichtet, die Verteilung der easyvote-Broschüre bei kantonalen und nationalen Abstimmungen für eine Versuchsphase von drei Jahren einzuführen, wurde klar angenommen. Diese wird an alle jungen Stimmberechtigten der Stadt Langenthal im Alter zwischen 18 und 25 Jahren versandt. Seit 2011 gibt der Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) die easyvote-Abstimmungsbroschüre heraus. Diese informiert einfach, verständlich und politisch neutral über kantonale und nationale Abstimmungsvorlagen sowie Wahlen. Gemäss Carole Howald habe eine Studie gezeigt, dass die Broschüre ein geeignetes Medium sei, um Jugendliche zum Wahlgang zu begeistern. Das Abonnement der Stadt Langenthal betrachtet sie deshalb auch als ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber einer politisch engagierten Jugend. Zum Schluss der Stadtratssitzung stand dann das eigentliche Kerngeschäft auf der Traktandenliste, die Totalrevision der Geschäftsordnung des Stadtrates, die nach über 30 Jahren Anpassungsbedarf aufweist. Das sahen auch die Stadträte so, die in einer ersten Lesung zahlreiche Änderungsvorschläge in der 70 Artikel umfassenden Geschäftsordnung anbrachten. Den zweifellos interessantesten Änderungswunsch brachte SP-Stadtrat Bernhard Marti ein, der für die zweite Lesung eine Redezeitbegrenzung für die Stadträte verlangt. Das Büro des Stadtrates, das für die Ausarbeitung der neuen Geschäftsordnung zuständig ist, wird sich mit der genauen Formulierung und der Länge der künftigen Redezeit im Detail befassen und dem Stadtrat für die zweite Lesung einen Vorschlag unterbreiten. Fest steht jedoch bereits heute, dass mit einer Redezeitbegrenzung einige notorische Vielredner im Stadtrat erheblich in die Schranken gewiesen würden. Dies wiederum würde dazu führen, dass das zum Teil endlose «Palaver» im Parlament auf die wesentlichen Argumente verkürzt würde.

Von Walter Ryser