• Seit Jahren recherchiert Peter Glur über den Grossbrand des «Althauses» in Nyffel vor 100 Jahren. · Bild: Marion Heiniger

  • Ein Blick aus dem Fenster des Schulhaus Nyffel. Auf diesem Stück Land stand früher das «Althaus», welches vor 100 Jahren den Flammen zum Opfer fiel. · Bild: Marion Heiniger

  • Heute präsentiert sich das Haus ohne Riegel. Die Grossmutter von Peter Glur liess zum Schutz die Fassade durch Eternitplatten überdecken. · Bild: Marion Heiniger

  • Nach dem Grossbrand bauten die Grosseltern von Peter Glur dieses Haus unterhalb vom Standort des ehemaligen «Althauses». · Zeichnung: Andreas Glur

29.10.2021
Huttwil

Grossbrand vor 100 Jahren in Nyffel

Vor 100 Jahren, am späten Samstagnachmittag des 29. Oktobers 1921, brannte in Nyffel das sogenannte «Althaus», ein altes hölzernes Bauernhaus, nieder. Dabei kam eine 92-jährige Frau ums Leben. Fast sämtliches Mobiliar fiel den Flammen zum Opfer, die «Lebware» konnte hingegen gerettet werden. Als Ursache vermutete man fahrlässige Brandstiftung. Das Haus wurde damals von sieben Familien bewohnt. Einer der Bewohner war Gottfried Lüthi, dessen Enkel Peter Glur noch heute in Nyffel wohnt.

Huttwil · Für die sieben Familien, welche damals vor 100 Jahren im «Althaus» in Nyffel lebten, wurde am 29. Oktober 1921 das Leben aus der Bahn geworfen. Am späten Samstagnachmittag brannte das alte hölzerne Bauernhaus nieder. Eine 92-jährige Frau kam dabei in den Flammen ums Leben. Während die «Lebware» gerettet werden konnte, verloren die Bewohner ihr sämtliches Hab und Gut. Einer der beiden Besitzer des Hauses war Gottfried Lüthi. Sein Enkel Peter Glur wohnt noch heute in Nyffel, Huttwil. Seit einigen Jahren investiert er viel Zeit in Recherchen über den damaligen Grossbrand des sogenannten «Althaus» und hat dabei viel Interessantes erfahren.

Bis auf den Grund niedergebrannt
Am 1. November 1921 gab es im «Unter-Emmentaler» folgenden Artikel zu lesen, der für heutige Verhältnisse schon fast makaber daherkam: Letzten Samstag abend ¾6 Uhr erschreckten die schrillen Töne des Feuerhorns und die wimmernden Klänge der Feuerglocke unsere Bewohner. In Nyffel stand das sogenannte «Althaus», ein hölzernes altes Bauernhaus in hellen Flammen und brannte rasch bis auf den Grund nieder. Die erschienene Feuerwehr musste sich darauf beschränken die Nachbarshäuser vor dem Übergreifen des Feuers zu retten. Leider fand die 92 Jahre alte Frau Mosimann den schrecklichen Flammentod. Man fand von ihr nurmehr noch einen Teil der Schädelknochen. Das von sieben Familien bewohnte Haus war für Franken 15 000 brandversichert. Beinahe sämtliches Mobiliar wurde ein Raub der Flammen, während die Lebware gerettet werden konnte. Es wird fahrlässige Brandstiftung vermutet.
Der Huttwiler Frauenverein erklärte sich daraufhin bereit zu helfen und veranstaltete eine Sammlung zugunsten der brandgeschädigten Familien. Hierzu machte man einen öffentlichen Aufruf an die Bevölkerung, und Sammlerinnen zogen von Haus zu Haus. In der Ausgabe vom 3. November 1921 war deswegen im «Unter-Emmentaler» Folgendes zu lesen: Hülfe den Brandgeschädigten. Allgemein wird man das Vorgehen des hiesigen rührigen, für die Hebung der ärmeren Klasse von jeher besorgten Frauenvereins, der eine Sammlung für die armen, vom Brandunglück betroffenen Familien veranstaltet, begrüssen. Hatte ein Teil dieser Leute schon vor diesem Unglück mit Existenzsorgen zu kämpfen, um wie viel mehr muss ihnen nun ihre bedrängte Notlage erscheinen und schwer fallen, wo sie noch um das Wenige, das sie ihr eigen nannten, gekommen sind. Kein schützendes Heim und der Winter mit seinen Schrecknissen vor der Tür. Der Appell: «Hülfe den armen Brandgeschädigten!» wird bei unserer Bewohnerschaft, die sich schon so oft gross zeigte in der Ausübung der Mildtätigkeit und Bruderhilfe nicht ungehört verhallen, viel mehr werden alle nach ihren ökonomischen Verhältnissen entsprechend, zur Linderung der Not beitragen.

Viele Spenden gesammelt
Dem Aufruf des Frauenvereins folgen viele Menschen von nah und fern. So ergab die Sammlung des Frauenvereins eine stattliche Summe Geld sowie eine grosse Anzahl an Materialspenden. Eine Bekanntgabe der Sammlungsergebnisse und damit verbundenem Dank an alle Spender fehlte auch im «Unter-Emmentaler in der Ausgabe vom 17. November 1921 nicht. Folgendes liess der Frauenverein veröffentlichen: Für die Brandgeschädigten. Die Sammlung für die Brandgeschädigten in Nyffel ergab die schöne Summe von rund Franken 1610.-. Dazu erhielten wir eine ganze Anzahl, teils fast neue Kleider, Wäsche, Bettwäsche, Schuhe, Bettstücke, Möbelstücke, Geschirr, wie auch Zwiebeln, Speck und Seife. Auch von auswärts erhielten wir Gaben, sogar von Le Locle. Alle diese Naturalgaben haben wir gewissenhaft und möglichst zutreffend verteilt; vom Barbetrag wird jeder der sieben geschädigten Haushaltungen Fr. 230.- zu Gute kommen. Unsere Sammlerinnen sind sozusagen überall wider Erwarten freundlich empfangen worden; obiges Ergebnis ist beredtes Zeugnis für die grosse Mildtätigkeit unserer Bevölkerung. Wir danken allen Gebern nochmals herzlich. Frauenverein Huttwil.

Ein Haus – zwei Eigentümer
«Das Haus stand damals mitten auf der Grenze zweier Grundstücke und hatte somit zwei verschiedene Eigentümer», erzählt Peter Glur, dessen Grosseltern damals im sogenannten «Althaus» wohnten. Nach ausgiebiger Recherche fand Peter Glur heraus, dass der südöstliche Teil einer Witwe Elise Bärtschi gehörte, auf deren Grundstück später das neue Schulhaus Nyffel gebaut wurde.
Elise Bärtschi wohnte zum Zeitpunkt des Brandes bereits nicht mehr im «Althaus», sondern in einem Bauernhaus unterhalb des «Nyffel-Waldes». «Der nordwestliche Hausteil samt Grundstück gehörte meinem Grossvater Gottfried Lüthi», weiss Peter Glur. Gottfried Lüthi hatte Hausteil und Grundstück im Februar 1918 von der Gemeinde erworben, welche es 1912 von einer Erbengemeinschaft Feldmann gekauft hatte. «Gemäss dem damaligen Kaufvertrag muss die Raumeinteilung innerhalb des Gebäudes nicht exakt der Grundstücksgrenze entsprochen haben», erklärt Peter Glur. Welcher Hausteil wie viele Wohnungen enthielt, ist ihm hingegen nicht bekannt. Bekannt sind ihm dafür die Namen der weiteren Bewohner des «Althauses». Es waren dies eine Familie Niederhauser, Maria Sommer-Eichelberger, Fritz Kleeb und jene Frau Mosimann, welche beim Grossbrand vor 100 Jahren ihr Leben lassen musste. Nach dem Brand bauten die Grosseltern von Peter Glur in den Jahren 1922 und 1923 gleich unterhalb des «Althaus»-Standortes an der Strasse (heute Nyffel 8) ein neues Bauernhaus mit einer Rechenmacherwerkstatt, welches bis heute im Familienbesitz geblieben ist.
Was nun Peter Glur zur Vervollständigung seiner ausführlichen Recherchen noch fehlt sind Fotos von damals, als das «Althaus» noch stand. «Ich wäre ein glücklicher Abnehmer einer Kopie, sollten sich noch in alten Alben der verschiedenen Nachkommen ehemaliger Bewohner oder Nachbarn Bilder finden», erklärt der rüstige Rentner.

Von Marion Heiniger