• Ernüchterung: Stadtpräsident Reto Müller (rechts) verliest vor den sichtlich konsternierten Mitgliedern der Operation Eissport Langenthal das Abstimmungsresultat. · Bild: Leroy Ryser

10.02.2020
Langenthal

Grosse Enttäuschung hier, Genugtuung dort

Die Langenthaler haben sich klar gegen die Erhöhung des städtischen Unterstützungbeitrages von jährlich 125 000 auf 250 000 Franken an den Eishockey-Nachwuchs des SC Langenthal ausgesprochen. Bei 2070 Ja-Stimmen und 2486 Nein-Stimmen (was einem Verhältnis von 45 zu 55 Prozent entspricht), fiel das Resultat deutlich aus, was vorab die Befürworter der Vorlage konsterniert zur Kenntnis nahmen.

Es war ein überaus intensiver und über weite Strecken äusserst emotionaler Abstimmungskampf, der die letzten Wochen Langenthal beschäftigte und das dominierende Thema in der Stadt war. Gemeinderat und Parlament hatten vor einem Jahr entschieden, den städtischen Unterstützungsbeitrag für den Eishockey-Nachwuchs des SC Langenthal von jährlich 125 000 Franken auf 250 000 Franken zu erhöhen. Gegen diesen Entscheid des Parlamentes ergriff ein Komitee erfolgreich das Referendum, weshalb eine Volksabstimmung nötig wurde (der «Unter-Emmentaler» berichtete).
Kurz nach der Einreichung des Referendums bildete sich die überparteiliche Gruppe «Operation Eissport Langenthal» (OEL), die sich für die Erhöhung des Unterstützungsbeitrags stark machte. Die OEL betrieb denn auch in den letzten Wochen einen überaus engagierten Abstimmungskampf, wobei sie mit diversen Aktivitäten (Werbung, Verteilaktionen und Strassenauftritten) versuchte, eine Mehrheit der Langenthaler Stimmbevölkerung für die Erhöhung des Unterstützungsbeitrages zu gewinnen.

Konsternation bei der OEL
Vergeblich, wie Stadtpräsident Reto Müller persönlich am Sonntag den versammelten Mitgliedern der Operation Eissport sowie den Verantwortlichen des SC Langenthal mitteilen musste: «Ihr habt Euch mit viel Herzblut und Leidenschaft für den Eishockey-Nachwuchs eingesetzt, doch das Langenthaler Stimmvolk hatte bei diesem Thema eine andere Meinung», erläuterte er und verkündete, dass 2070 Ja-Stimmen 2486 Nein-Stimmen gegenüberstehen. Oder anders ausgedrückt: Lediglich 45 Prozent der Langenthaler stimmten für die Erhöhung des Unterstützungsbeitrags, während 55 Prozent dagegen waren.

Auftrag für den Gemeinderat
Müller betonte aber auch, dass er das Ergebnis als Auftrag an den Gemeinderat verstehe, ein Konzept auszuarbeiten, wie eine faire Sportförderung für alle Langenthaler Vereine in Zukunft aussehen könnte. Das überaus klare Resultat sorgte bei den Mitgliedern der OEL nicht bloss für grosse Enttäuschung, sondern auch für Konsternation. Er sei wahnsinnig enttäuscht, sagte Stephan Zaugg, Präsident der SCL Nachwuchs AG in einer ersten Stellungnahme. Er sei im Moment gar nicht in der Lage, mehr dazu zu sagen, fügte er hinzu. Vielleicht habe man zu spät damit begonnen, die richtigen Argumente unter das Volk zu bringen, richtete er einen Vorwurf an die eigene Adresse.

OEL: Ungleichheit bleibt
Es sei nicht gelungen, die Komplexität der Vorlage verständlich zu machen, stellte FDP-Stadtrat Pascal Dietrich von der OEL als ersten Grund für die Niederlage fest. «Es hat sich von Anfang an in vielen Köpfen die falsche Meinung festgesetzt, dass hier eine einseitige Bevorzugung zugunsten des SCL stattfinden soll. Es ist uns einfach nicht gelungen, dieses falsche Argument zu entkräften», erwähnte Dietrich weiter. «Trotz grossem Aufwand ist es uns nicht gelungen, eine Mehrheit der Langenthaler Stimmberechtigten von der Notwendigkeit dieses Unterfangens zu überzeugen. Der Eishockey-Nachwuchs des SC Langenthal wird auch in Zukunft für die Benützung der Sportinfrastruktur deutlich mehr bezahlen müssen als andere Langenthaler Sportvereine, die zu sehr günstigen Konditionen die städtischen Sporthallen und -Plätze benützen können», schreibt die Operation Eissport Langenthal weiter.

Misstrauensvotum gegen den SCL?
Mit Genugtuung nahm man dagegen das Resultat bei den Mitgliedern des Referendumskomitees entgegen, wie FDP-Stadtrat Diego Clavadetscher gegenüber dem «Unter-Emmentaler» zu verstehen gab. «Das Resultat zeigt unmissverständlich, dass es richtig war, das Referendum gegen diesen Stadtratsbeschluss zu ergreifen», kommentierte er das Ergebnis. Er habe von Anfang an das Gefühl gehabt, dass die Bevölkerung mit dem Vorgehen, wie der SC Langenthal zusätzliche Unterstützung für den Eishockey-Nachwuchs erwirken wollte, nicht einverstanden gewesen sei.Dass die Referendums-Gegener im Abstimmungskampf kaum «sichtbar» waren und dennoch eine grosse Mehrheit auf ihre Seite ziehen konnten, hat für Diego Clavadetscher eine logische Erklärung: «Wir mussten keine Werbung betreiben, weil wir gar niemanden auf unsere Seite ziehen mussten, denn diese Leute waren von Anfang an unserer Meinung.» Offen blieb am Abstimmungssonntag, was dieses klare Ergebnis für die zweite Eissport-Abstimmung in Langenthal am 15. März bedeutet, an welcher das Stimmvolk über einen Planungskredit für den Bau einer neuen Eissport-Arena befinden wird. Während Clavadetscher davon spricht, das Ergebnis diesbezüglich nicht überzubewerten, muss man sich bei der Operation Eissport Langenthal mit der Frage auseinandersetzen, ob das klare Resultat nicht doch auch zu einem grossen Teil ein deutliches Misstrauensvotum gegen die Institution SC Langenthal und damit gegen eine Eissportzukunft in Langenthal ist.

Von Walter Ryser