• Das ganze Ensemble singt «Ja, das Studium der Weiber ist schwer» (vorne, von links): Peter S. Herff, Dominic Kron, Martin-Maria Vogel und Wolfram Fuchs. (Hinten, von links), Claudia Dalchow, Fedi Peters und Sabine Barth. · Bild: Hans Mathys

18.01.2017
Langenthal

Grosser Loriot-Abend perfekt gespielt

Die Kammeroper Köln bot dem amüsierten Publikum in der Alten Mühle 14 der besten, unvergleichlich komischen, teils musikalischen Sketche von Vicco von Bülow alias Loriot.

Besser geht‘s nicht. Das Ensemble der Kammeroper Köln lässt den grossen Loriot-Abend «Ein Klavier! Ein Klavier!» (Regie Volker Hein) in Langenthal zum Erlebnis werden. Eine erste Kostprobe köstlichster  Unterhaltung erhält das 87-köpfige Publikum auf der 199 Plätze bietenden Tribüne mit dem Sketch «An der Opernkasse». Hier bildet sich bald eine veritable Schlange. «Donnerstag ist seit zwei Wochen ausverkauft», heisst es. Gemeint ist «Martha» – oder doch «Siegfried»? Verwirrung da und dort. «Gibt es eine Oper mit Hunden?», will eine Frau wissen. «Nein, die ganze Woche nicht», so die ernüchternde Antwort. Zur Freude des Publikums singen Fedi Peters als Papagena und Dominic Kron als Papageno das herrliche Duett des Finales von Mozarts Oper «Die Zauberflöte».

Das rote, oder das grüne Kleid?
Im Sketch «Garderobe» trifft ein Ehepaar –  gespielt von Claudia Dalchow und Martin-Maria Vogel – letzte Vorbereitungen, um einer Einladung Folge zu leisten. Er ist bereit. Fliege oder Krawatte? Dies ist noch die Frage, der er jedoch keine grosse Bedeutung beimisst. Sie sitzt in rotem Kleid vor dem Spiegel, ist unschlüssig, ob ihr allenfalls das grüne Kleid besser stehen würde. Ihr Mann soll zur Entscheidungsfindung beitragen. Dieser ist diesbezüglich nur wenig motiviert: «Ich finde, du siehst toll aus in dem Kleid, das du anhast.» Sie ihrerseits interpretiert dies als Interesselosigkeit: «Es ist dir also völlig wurst, welches Kleid ich trage?» Dieser Sketch kommt beim Publikum ausgesprochen gut an. Bei Gesprächen später in der Pause zeigt sich, dass solche Szenen wie hier bei Loriot offenbar keineswegs aus der Luft gegriffen sind – und auch im Oberaargau vorkommen.

«Mutters Klavier»
Ein Highlight ist der Sketch «Mutters Klavier», der dem Loriot-Abend den Titel gibt: «Ein Klavier! Ein Klavier!» Ein Möbelträger liefert ein Klavier in eine  gutbürgerliche deutsche Stube. Es ist ein Geschenk von Berta Panislovski aus Massachusetts. Der Empfänger, Berta Panislovskis Sohn (Wolfram Fuchs), lässt die Klavier-Lieferung durch seinen Sohn Thomas (Dominic Kron) mit der Videokamera filmisch festhalten. Die Ankunft des Klaviers soll dann der Absenderin via Videokassette zeigen, wie gross die Freude war. Die Szene muss allerdings gleich mehrfach wiederholt werden, weil vorerst die Euphorie zu wenig zum Ausdruck kommt und sich alsdann der Möbelträger kaum an die Regieanweisungen hält, Probleme mit dem Namen hat und deshalb das Klavier als «ein Geschenk von Berta aus Panislowski» abliefert.  
«Ich bin die fesche Lola», singt Claudia Dalchow im aufreizenden Kleid und leitet damit bereits zum nächsten Sketch «Herren im Bad» über, wo Martin-Maria Vogel – zuweilen mit gelber Plastik-Ente in der Hand – und Peter S. Herff gemeinsam in einer Badewanne sitzen und sich herrliche Rededuelle auf hohem Niveau liefern.
Nach «Schweifträger» bietet «Das Ei» Nahrung für amüsante Wortgefechte. Der Mann tadelt seine Frau, das ihm vorgesetzte Frühstücksei sei zu hart und keinesfalls viereinhalb Minuten gekocht worden. Die Frau gibt zu, das Ei nicht exakt nach der Uhr, sondern «nach Gefühl» gekocht zu haben. «Vielleicht stimmt etwas mit deinem Gefühl nicht?», folgert er vielsagend. Schwungvoll geht es – von Pianist Andreas Meier begleitet – nach «Aufbruch» mit dem von allen gesungenen Lied «Ja, das Studium der Weiber ist schwer» aus der Operette «Die lustige Witwe» von Franz Lehár in die Pause.

Mit Salamo-Bratfett ins Konzert
Im Sketch «Konzertbesuch» schöpft Altmeister Wolfram Fuchs (1953) aus dem Vollen. Er verrät seinen Sitznachbarn, dass er diesen Konzertbesuch dem Gewinn eines Preisausschreibens von Salamo-Bratfett zu verdanken hat. Weil er, wie sich bald herausstellt, prompt auf dem falschen Stuhl sitzt, versucht er mit zweifelhaftem Erfolg, den richtigen Platz mit einer Kletterpartie Richtung erste Reihe einzunehmen. Dies nervt zwar die Sitznachbarn auf der Bühne, sorgt aber für grosse Lacher im Publikum auf der Zuschauertribüne.

Erinnerungen an Evelyn Hamann
Nach «Fernsehfreie Minute» ist «Fernsehansage» an der Reihe. Da werden Erinnerungen an die 2007 im Alter von 65 Jahren verstorbene Evelyn Hamann wach. Loriot (Vicco von Bülow, 1923 bis 2011) hatte diese einst bei Radio Bremen entdeckt. Sie bleibt dank dieser Paraderolle in «Fernsehansage» unvergessen. In Langenthal schlüpft Sabine Barth in die Rolle der Ansagerin, welche die 8. Folge des 16-teiligen englischen Fernsehkrimis «Die zwei Cousinen» ankündigt und vorgängig eine Zusammenfassung auf die sieben bisherigen Folgen liefert, die von Ausdrücken mit «th» nur so strotzt. Einfach genial.
Der Frage, ob Trompeter nicht nur Trompete sondern auch Geige blasen können, geht der Sketch «Geigen und Trompeten» auf den Grund. Doktor Sommer (Wolfram Fuchs) steht bei «Der sprechende Hund» im Mittelpunkt. Er erteilt Hund Bello Sprachunterricht und wird als Studiogast von Peter S. Herff interviewt. Mehr als normale Hundelaute gibt Bello kaum von sich. «Man muss schon sehr genau hinhören», kommentiert dies Herff. Bei «Jodeldiplom» nimmt Loriot die Titel auf die Schippe, die für die Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt wichtig sind. Köstlich Jodellehrer Dr. Sommer und Frauenjournal-Reporter Schmoller. Dieser erfährt von Frau Hoppenstedt, dass sie das Jodeldiplom erlangen will, um bald nach dem Auszug der Kinder auf eigenen Füssen stehen zu können. «Schmeckt‘s?» heisst der letzte Sketch des Abends, der im Restaurant spielt. Keine Zweifel – dem Publikum hat der Loriot-Abend vorzüglich geschmeckt.

Von Hans Mathys