Grosser Wortreichtum in der kleinen Stadt
Vom 30. März bis zum 1. April kämpfen im Rahmen der Poetry-Slam-Schweizermeisterschaft Wortkünstlerinnen und -künstler in Langenthal um den Titel. Der Slam-Poet Valerio Moser und sein Organisationsteam haben den Wettbewerb in seine Heimatstadt geholt.
«In Langenthal fühle ich mich wohl, ich geniesse das Leben und den Charme dieser Kleinstadt. Und ich organisiere gerne Anlässe», sagt Valerio Moser. Zwei gewichtige Gründe für ihn, das seit 2010 stattfindende Festival, die Poetry-Schweizermeisterschaft, erstmals in den Oberaargau zu holen. Bisher fanden die Meisterschaften in der Regel in grösseren Städten statt. 2020 und 2021 musste der Wettbewerb in Basel allerdings coronabedingt abgesagt werden. 2022 war Bern die Gastgeberstadt. «Für 2023 hatte sich niemand für die Organisation gemeldet, also habe ich am jährlich stattfindenden Slam-Master-Meeting gesagt, Langenthal könne das übernehmen», erzählt er in seiner lockeren Art. So als wäre das ganz selbstverständlich.
Auf grosses Interesse gestossen
Dank seines grossen Beziehungsnetzes hatte er in kurzer Zeit ein Organisationskomitee zusammen. Stefanie Barben ist Kunst- und Kulturmanagerin, Mario Salas im Verein Chrämerhuus aktiv, Fehmi Taner selbst Wortkünstler, Stefan Schärer koordiniert im OldCapitol und Claire Honegger übernimmt die Kommunikation. «Als Veranstaltungsorte haben wir denn auch das Chrämerhuus, das OldCapitol sowie das Stadttheater angefragt und sind überall auf grosses Interesse und Enthusiasmus gestossen», freut er sich. Nun galt es nur noch, ein Wochenende zu finden, an dem alle drei Institutionen frei waren. Somit standen auch bald der 30. und 31. März sowie der 1. April 2023 fest.
Breite Unterstützung
Das Budget beträgt rund 80 000 Franken. Die Einnahmen generieren sich aus dem Ticketverkauf, der bereits gut angelaufen sei, einem Betrag aus dem Anzeigerfonds der Stadt Langenthal sowie des Kantons, der in der Regel Unterstützungen der Stadt verdopple. «Zudem werden wir von lokalen Firmen und von Stiftungen unterstützt.» Kosten ergeben sich unter anderem für die Lokalmieten und für Unterkunft und Verpflegung der Teilnehmenden. Diese werden im Pfadiheim sowie in Hotelzimmern untergebracht. Als Preis gibt es an den Slam-Poetry-Meisterschaften in der Regel eine Flasche Whisky. In Langenthal erhalten sie ein «Ingwerli», einen Ingwer-Likör aus Herzogenbuchsee, sowie einen Pokal des ortsansässigen Künstlers Kurt Baumann. Das Plakat hat Samira Ingold illustriert. Den Organisatoren ist es wichtig, dass möglichst alles aus der Region kommt. «Und für uns haben wir eine kleine Aufwandsentschädigung budgetiert», sagt Valerio Moser, der sich jedoch bewusst ist, dass sie als erste aufs Honorar verzichten, sollte ein Defizit resultieren.
Das Publikum ist die Jury
Erwartet werden rund 60 Teilnehmende. Dies sind einerseits je zehn Kandidatinnen und Kandidaten in vier Vorrunden und etwa sieben bis acht Leute des U20-Wettbewerbs, andererseits die Moderatorinnen und Moderatoren. Einer oder eine davon, das sogenannte Opferlamm, fungiert als Stimmungsmacher oder «Aufwärmer». Die Teilnehmenden an den Vorrunden werden durch das Jurypublikum, einige ausgewählte Unparteiische, mittels Punktezahl bewertet. Je zwei Gewinner aus den Vorrunden kommen ins Finale. «Dort gewinnt, wer am meisten Applaus bekommt», so Moser. Mitmachen kann in den drei Kategorien Einzel, Team und U20, wer im vergangenen Jahr mindestens acht Mal vor Publikum als Slam-Poet oder -Poetin aufgetreten ist.
Die Organisatoren rechnen mit zirka 1700 Zuschauerinnen und Zuschauern. Das seien Erfahrungswerte, so Valerio Moser, der 2019 bereits die Schweizermeisterschaften in Luzern als Präsident mitorganisiert hatte.
Wettbewerb mit Rahmenprogramm
Die Konkurrenz findet jeweils am Abend statt. «Tagsüber planen wir verschiedene Aktivitäten für die Auftretenden, wie etwa eine spezielle Stadtführung an Orte, die für uns vom OK wichtig waren und sind», nennt Valerio Moser einen weiteren Punkt der drei Tage. «Zudem ist ein Pétanque-Turnier geplant.» Es sei schliesslich auch ein Zusammentreffen von Bekannten und Freunden.
Die letzten zwei Monate seien zwar sehr intensiv gewesen, verrät Valerio Moser, und nur dank guten Beziehungen könne ein solcher Anlass in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt werden. «Hier läuft vieles auf freundschaftlicher Ebene, was der Vorteil gegenüber einer grossen Stadt ist.» Und genau dieses Freundschaftliche und fast Familiäre ist es, womit er bei seinen Poetry-Slam-Kolleginnen und -Kollegen trumpfen will.
Poetry Slam ist ein Wettbewerb der Dichtkunst. Dabei gelten nur wenige Regeln: Der Text muss selbst geschrieben sein, Requisiten und Kostümierung sind nicht erlaubt, die Performance darf nicht mehrheitlich gesungen sein und nach sechs Minuten wird der Vortrag abgebrochen. Das Publikum entscheidet, wer am meisten überzeugt und den Abend für sich entscheidet.
Von Irmgard Bayard