• Jason O'Leary, hier noch als Trainer der Iserlohn Roosters in deren Eissporthalle, wird ab der nächsten Saison der Trainer der SCL Tigers sein. · Bild: Leroy Ryser

04.03.2021
Sport

«Habe keine Angst vor dieser Herausforderung»

Jason O'Leary, SCL Tigers – Vor zwei Wochen haben die SCL Tigers den Kanadier Jason O'Leary als neuen Trainer für die kommende Saison vorgestellt. In der Region ist er kein Unbekannter: 2017 gewann er mit dem SC Langenthal den Meistertitel – und nicht zuletzt dies öffnete ihm die Türen ins Emmental.

Eishockey · Beim SC Langenthal schwärmt man noch heute hin und wieder von Jason O'Leary. Seine Arbeitseinstellung ist vorbildlich, seine Hockeykenntnisse zweifelt keiner an und vor allem überzeugt er als kommunikativer und angenehmer Typ mit einer klaren und fairen Linie. Unter ihm wuchs Langenthal als Organisation, ausserdem gewann er als Trainer 2017 die Meisterschaft gegen die favorisierten Rapperswil-Jona Lakers, die ein Jahr später den Aufstieg schafften. Seine Arbeitsweise hat auch Marc Eichmann kennengelernt, einerseits als Torhüter und später auch als operativer Mitarbeiter beim SC Langenthal. Nicht zuletzt dies hat den Ausschlag gegeben, dass der 42-Jährige nun einen Zweijahresvertrag bei den SCL Tigers unterschrieben hat. «Wenn man zusammen arbeitet geht es vor allem um Vertrauen. Und wir beide kennen uns gut», kommentiert Jason O'Leary. Nicht zuletzt aus seiner persönlichen Sicht sei es ein Vorteil, dass er die Region und auch die Organisation wegen der guten Zusammenarbeit zwischen Langenthal und Langnau bereits kenne.

Die Organisation weiterentwickeln
In Deutschland hat der Kanadier mit japanischen Wurzeln aber bereits die Quittung für seinen Richtungswechsel erhalten. Am vergangenen Mittwoch wurde er nach etwas mehr als anderthalb Saisons bei den Iserlohn Roosters fristlos entlassen. Offiziell, weil den Zuschauern und dem Management die Spielweise des Teams nicht passen, wer aber denkt, dass es mit der Unterschrift in Langnau zu tun haben dürfte, liegt kaum falsch. Auch in der DEL konnte O'Leary nämlich überzeugen, waren vor seinem Eintreffen die Roosters doch chancenlose Letzte, nun kämpfen sie – mit unverändert tiefem Budget – bei realistischen Chancen um die Playoff-Teilnahme. «Ich glaube, dass ich etwas bewirken konnte – und genau darum geht es», sagt O'Leary. Wenn man als Trainer arbeite, wolle man die Spieler, das Team und auch die Organisation weiterbringen. In Langenthal sei ihm das gut gelingen, denke er, gleiches dürfe er aber auch von seinen weiteren Stationen in Genf (Assistenztrainer), bei der Zug Academy und in Iserlohn behaupten. Auch deshalb schmerze ihn die Entlassung, notabene die erste in seiner Karriere, besonders. «Die erste Entlassung ist immer hart zu verdauen. Aber ich habe wirklich gedacht, dass ich hier eine tollen Job mache.» Da müsse er nun durch, ein Schlussstrich unter das Kapitel DEL dürfte ihm für den Moment helfen. «Ich werde meine Angelegenheiten regeln und danach in die Schweiz zurückkehren», sagt O'Leary, verneint jedoch die Frage, ob er schon ein genaues Datum im Auge habe. Ob er schon früher als geplant in Langnau beginnen werde, liess er ebenfalls offen. «Zuerst muss ich die Negativität abschütteln, die an dieser Entlassung haftet.» Ein wenig herunterkühlen und neu fokussieren quasi.

Mehr Zeit mit den beiden Söhnen
Dabei helfen dürfte ihm nicht zuletzt die Familie, die einer der Hauptgründe für seine Rückkehr in die Schweiz war. O'Leary hat nämlich zwei Söhne die im Oberaargau bei der von ihm getrennten Mutter Leanne, die Athletiktrainerin des kleinen SCL, wohnen. «Mir ist die Familie sehr wichtig und es war sehr hart für mich, so weit weg von ihr zu leben», sagt er. Alleine in normalen Zeiten sei es schwierig gewesen, die gut fünfeinhalb Stunden Auto-Fahrzeit auf sich zu nehmen, erst recht jetzt in Coronazeiten, sei dies zum fast unüberwindbaren Wunsch geworden, weil sich Grenzübertritte erschwerten. «Ich hoffe, dass ich mit den beiden in den nächsten Wochen mehr Zeit verbringen kann. Dass ich ihnen ein besserer Vater sein kann.» Das sei ihm wichtig und helfe ihm sicherlich auch, seine erste Entlassung zu verarbeiten, zeigte er sich überzeugt. «Ich freue mich darauf, ihre Football-und ihre Eishockeyspiele zu schauen», sagt O'Leary, und betont, dass aus rein familiärer Perspektive Langnau der für ihn perfekte neue Arbeitgeber sei.

Keine «Zack-Boom-Playoffs»
Dennoch ist es nicht der einzige Grund, der den Ausschlag zum Wechsel zu den Tigers gegeben hat. Jason O'Leary liebt es, etwas aufzubauen, in Langnau wird er eine ähnliche Herausforderung antreffen wie zuletzt in Iserlohn, die ebenso mit niedrigem Budget vor seiner Ankunft das Tabellenschlusslicht markierten. Dass dies keine einfache Aufgabe ist, weiss auch O'Leary selbst, deutlich sagt er jedoch: «Ich habe keine Angst vor dieser Herausforderung.» Wie schon an seinen vorherigen Stationen sei er überzeugt, dass man auch in Langnau gemeinsam einen Schritt nach vorne machen könne. Man könne diese Organisation und dieses Team weiterentwickeln, sagt er. Dafür brauche es indes keine Wunder sondern vor allem eines: Geduld. «Es geht nur um Geduld und den Mut, Geduld zu haben. Niemand kann erwarten, dass alles auf Anhieb funktioniert. Zack-Boom-Playoffs wird es nicht geben.» In drei, vielleicht vier oder fünf Jahren könne man aber viel erreichen, wenn man sich nicht aus dem Konzept bringen lasse, zeigt er sich überzeugt. «Ich habe absolut keinen Zweifel, dass wir in Langnau gemeinsam etwas erreichen können», so der künftige Trainer weiter. Angezeigt sind also einzig die richtigen Korrekturen, um Langnau ob kurz oder lang auf die richtige Spur zu bringen.

In regem Kontakt mit Marc Eichmann
Auch deshalb wird Jason O'Leary von Tigers-Sportchef Marc Eichmann schon jetzt in die Kaderplanung eingebunden. «Wir sprechen immer wieder mal über einzelne Spieler oder sonstige Gegebenheiten. Was könnte uns weiter bringen, was sind unsere Ideen. Das sind wichtige Gespräche für uns beide.» Auf den tatsächlichen Startschuss freue er sich auch deshalb umso mehr, im Hinblick auf seine Zeit in Langnau sei er voller Vorfreude, ja fast schon euphorisch, verrät er. «Obwohl es so geendet hat, hatte ich in Iserlohn eine tolle Zeit. Ich konnte sehr viel lernen, tolle Erfahrungen sammeln und habe tolle Menschen kennengelernt», sagt der Kanadier. «Ausserdem schätze ich diese Mannschaft sehr und der Abschied fällt mir deshalb schwer. Jetzt freue ich mich aber unglaublich auf Langnau.»

Von Leroy Ryser