«Habe noch nie auf dem Pausenplatz ‹gschleglet›»
Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Silvan Kuhn, Jungschwinger aus Hasle-Rüegsau – Mit dem Jungschwingertag in Thun fand nach einer mehr als einjährigen Coronavirus-Pause wieder ein Schwingfest statt. Der 15-jährige Silvan Kuhn aus Hasle-Rüegsau vom Schwingklub Sumiswald holte sich im Jahrgang 2006 mit sechsmal der Maximalnote 10,00 überlegen den Festsieg. Der «UE» unterhielt sich mit der Zukunftshoffnung.
Schwingen · Du hast am Sonntag tun können, worauf die erwachsenen «Bösen» seit über einem Jahr sehnlichst warten.
Und dies schätze ich sehr. Ich habe mit ganz viel Freude am Jungschwingertag in Thun teilgenommen. Irgendwie finde ich es aber einen grossen Witz, dass die Erwachsenen keine Wettkämpfe absolvieren dürfen.
Die Aktiven haben Angst davor, dass die Trainingszeit zwischen der Trainingsrückkehr ins Sägemehl bis zum ersten Wettkampf zu kurz sein könnte. Wie war es bei dir? Seit wann bist du wieder im Training?
Ich bin seit der Öffnung Anfang März wieder im Training. Schwingtechnisch sind dies wöchentlich zwei Trainings im Schwingkeller in Sumiswald. Hinzu kommt noch ein Krafttraining. Ausserdem besuche ich zwei Unihockeytrainings pro Woche. In meinem Fall hat die Vorbereitungszeit völlig ausgereicht. Ich kann die Sorgen der Aktiven aber verstehen, da es dort ganz anders zur Sache geht und damit die Verletzungsgefahr viel grösser ist als bei uns Jungschwingern.
Wie lange hat deine Wettkampfpause gedauert?
Die war wirklich sehr lange. Ich stand zuletzt im September 2019 am Jungschwingertag in Attiswil im Wettkampfeinsatz. Damals verlor ich den Schlussgang.
Scheinbar bist du absolut parat. Du hast bei der Wettkampfrückkehr der Nachwuchsschwinger am Jungschwingertag in Thun sämtliche sechs Gegner deines Alters mit der Maximalnote 10,00 auf den Rücken gelegt. Warum lief es so wie geschmiert?
Dies ist nicht so einfach zu beantworten. Ich fühlte mich aber sehr gut. Ich hatte im Vorfeld super trainiert und ganz viel geschlafen.
Auf einen der starken Jahrgangs-Kontrahenten, den Schwarzenbacher Flurin Eymann vom Schwingklub Huttwil (2. Rang), bist du nicht getroffen. Bist du froh darüber?
Wir haben zwei Tage vorher in einem Auswahl-Trainingszusammenzug zusammengegriffen. Dabei hat sich gezeigt, dass wir uns auf einem ähnlichen Level befinden. Meine anderen härtesten Jahrgangswidersacher heissen Diego Unternährer aus Schwarzhäusern, Quentin Maurer aus Dotzigen und Mika Schüpbach aus Grosshöchstetten.
War es das erste Mal, dass du ein Schwingfest mit dem Maximum von 60,00 Punkten gewinnen konntest?
Nein. Im Juli 2019 konnte ich den Scheideggschwinget ebenfalls mit dem Maximum gewinnen.
Du bist erst 15 Jahre alt und schon sehr erfolgreich. Wie würdest du deine Schwingerqualitäten selber umschreiben?
Natürlich weiss ich, wie ich mein Gewicht einsetzen muss. Ein Jungschwinger kann ungefähr bis zum elften Lebensjahr bloss mit dem Gewichtsvorteil Siege feiern. Doch dann ist damit Schluss. Ab dann spielen Technik und Kraft eine grosse Rolle, um erfolgreich zu sein. Für mich gilt: Erst als ich mir diese Qualitäten aneignete, war ich erfolgreich. Meinen ersten Festsieg feierte ich 2018 im Alter von 12 Jahren. Eine grosse Qualität von mir ist der Kurzzug. Gerade wenn ein Gegner mit einem Fussstich sein Glück versucht, kontere ich damit eiskalt.
Auf was muss man im Alltag schauen, um ein guter Schwinger zu sein?
Primär ist natürlich ein regelmässiges Training. Doch der Schlaf ist das A und O. Gerade in der Nacht vor dem Schwingfest achte ich darauf, ganz viel zu schlafen. Ein Ritual von mir ist es ausserdem, vor einem Fest nie auf dem Rücken zu schlafen. Diesen Tipp habe ich erhalten. Kurz vor dem Schwingfest-Einsatz ist es dann aber auch wichtig, völlig wach zu sein. Ich habe da ein weiteres Ritual. Ich wasche mein Gesicht mit eiskaltem Wasser. Dann bin ich voll da.
Du hast schon viele Siege gefeiert. Hast du sie gezählt?
Das habe ich. Ich konnte bisher zwölf Festsiege feiern und 69 Zweige gewinnen.
Welche bisherigen Erfolge bedeuten dir am meisten?
Da nenne ich einen. Und zwar den Sieg am Bernisch-Kantonalen Nachwuchsschwingertag im Juli 2019. Und zwar, weil die Atmosphäre so unglaublich war. Wir durften damals in der Brünig Arena den Wettkampf abhalten. Ein unvergessliches Erlebnis.
Was war an den Festen dein bisher coolster Preis, den du mit nach Hause nehmen konntest?
Das war an einem Fest in der Westschweiz, wo wir Sumiswalder als Gäste eingeladen waren. Ich belegte den 2. Rang und durfte zwei Hühner mit nach Hause nehmen.
Mit dem Sieg in Thun hast du die Saison 2021 optimal begonnen. Was setzt du dir für Ziele?
Ich möchte die Selektion für den Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag in Schwarzenburg von Ende August schaffen. Dafür muss ich an den Gauverbandsfesten gute Resultate liefern.
In der Schule dürften wegen deiner Bärenkräfte alle Jungs Respekt vor dir haben?
Nein, wir kennen uns viel zu gut und mögen einander. Sowieso bin ich nicht so ein böser «Cheib». Ich habe noch nie auf dem Pausenplatz «gschleglet».
Wenn du mit deinem Vater zusammengreifen würdest: Müsste er sich schliesslich das Sägemehl von dir vom Rücken wischen lassen?
Mein Vater ist zwar kein Schwinger, aber trotzdem kräftig. Ich würde nicht sagen, dass ich gewinnen würde.
Beim Schwingklub Sumiswald hat es viele gleichgesinnte Jungs. Was gefällt dir bei «Sumis» besonders?
Sumiswald verfügt über einen sehr grossen Schwingklub. Alle haben es ausgezeichnet untereinander. Die Betreuung ist super. Dadurch gibt es viele starke Schwinger. Vereinsintern ist «Disu» mein Vorbild.
Du könntest auch bei den Schwingklubs Burgdorf oder Kirchberg trainieren.
Ich wollte tatsächlich zuerst zum Schwingklub Burgdorf. Ich bin dann aber zuerst beim Schwingklub Sumiswald «schnuppern» gegangen. Es hat mir auf Anhieb ausgezeichnet gefallen, womit die Wahl gefallen war. Ausserdem haben wir familiär einen grossen Bezug zu Sumiswald. Meine Grosseltern wohnen dort.
Du achtest auf ein vielseitiges Training. Neben dem Schwingen übst du auch noch den Mannschaftssport aus. Du spielst bei den Junioren B des Unihockeyteams Uetigen. Ausserdem spielst du bei der HG Hasle bei den Junghornussern.
Beim «Eidgenössischen» 2013 in Burgdorf wurde ich mit dem Schwingvirus angesteckt. Ich bin dann zum Schwingklub Sumiswald ins Training und habe 2014 mein erstes Schwingfest bestritten. Vorher habe ich Unihockey gespielt. Und dies habe ich beibehalten. Wie beim Hornussen gefällt mir das Teamfeeling. Ausserdem ist es ein ausgezeichneter Ausgleich zur Kraft-Einzelsportart Schwingen. Beim Unihockey habe ich ausserdem einen grossen Vorteil: Die Trainingshalle ist nur 200 m von meinem Daheim entfernt.
Schwingen, Unihockey und Hornussen beanspruchen viel Freizeit. Wie steht es mit der Schule und den Hausaufgaben?
Da kommt mir der neue Lernplan – mit fast keinen Hausaufgaben mehr – entgegen. Ausserdem achte ich immer darauf, bereits in der Schule allen Stoff abzuarbeiten. Ich gehe gerne zur Schule und habe mich deswegen auch für eine Bürolehre entschieden.
Gleichwohl: Irgendwann wirst du dich für eine Sportart entscheiden müssen, wenn du sie ambitioniert ausüben willst. Wie würde die aktuelle Entscheidung ausfallen?
Ganz klar für das Schwingen, da ich dort am meisten Potenzial habe. Sollte es wirklich einmal so kommen, dass ich ein ganz «Böser» werden kann, dann würde ich mich ausschliesslich auf das Schwingen konzentrieren. Ansonsten – und wenn die Zeit dazu ausreicht – möchte ich mich weiterhin vielseitig sportlich betätigen. Ganz einfach, weil mir dies grossen Spass bereitet.
Kurz gefragt
Bester Schwinger ever: Christian Stucki. Mein Vorbild ist allerdings Samuel Giger.
Gerade so gut wie Schwingen: Nichts kommt an das Schwingen heran.
Sägemehl: Da fühle ich mich sofort im Zweikampfmodus.
Meitlischwingen: Die Mädchen, die schwingen wollen, sollen es tun. Ich habe noch nie ein Schwingfest der Frauen besucht.
Verletzungen: Beim Schwingen bin ich verschont geblieben. Ich habe mir aber schon einmal das linke Handgelenk
gebrochen.
Freundin: Habe ich keine. Es wäre aber auch schwierig, ihr genügend Zeit zu schenken, da ich mich auf den Sport konzentriere.
WhatsApp: Verwende ich täglich. Die Schwingtrainings-Organisation läuft auch darüber. Weiter verwende ich die App zum Bilderaustausch und für den Klassenchat.
Instagram: Habe ich. Ich schaue gerne, was gepostet wird. Selber stelle ich nur unregelmässig Sachen rein.
TikTok: Sowohl alleine wie auch mit Kollegen habe ich spasseshalber schon Videos gemacht. Diese werden aber nie
online gestellt.
Kreuzworträtsel: Das ist gar nichts für mich, weil ich zu wenig Geduld dafür habe.
Süssigkeiten: Oh ja. Am liebsten die sauren Glühwürmchen von Trolli.
Jahreszeit: Sommer – dann finden viele Schwingfeste statt.
Feriendestination: La Pineda in Katalonien. Wir verbringen immer die Herbstferien in Spanien.
Covid-19: Es ist eine schwierige Situation. Wenn sich alle Leute an die Regeln halten, ist die Sache schneller vorbei. Ich möchte bald wieder nach Spanien in die Ferien fahren können. Vom Virus blieb ich – wie auch mein gesamtes familiäres Umfeld – verschont.
Lieblingsschulfach: Neben den Pausen mag ich das Fach Englisch sehr.