• Marc Häusler mit seinem neuen Buch «Jakobsmuschel mit Erdbeeren» im Amtssitz des Regierungsstatthalters. · Bild: Irmgard Bayard

  • Der Künstler Reto Bärtschi hat das Cover gestaltet. · Bild: zvg

02.12.2021
Oberaargau

Häuslers Buch animiert zum Nachdenken

Was macht ein Regierungsstatthalter im Lockdown? Er schreibt ein Buch. So jedenfalls erging es Marc Häusler. Sein Roman «Jakobsmuschel mit Erdbeeren» ist seit heute in allen Buchhandlungen erhältlich.

Oberaargau · Ist der Roman Realität oder Fiktion? Diese Frage werden sich wohl viele Leserinnen und Leser stellen, wenn sie das Buch «Jakobsmuschel mit Erdbeeren» von Marc Häusler lesen. «Beides», erklärt der Autor im Gespräch. «Das Buch ist eine Mischung daraus. Die Orte entlang des Jakobsweges gibt es, ebenso einige Figuren, auch wenn sie im Buch anders heissen. Ebenso ist der mystische Ort des Geschehens real. Aber vieles ist erfunden.» Dieser Graubereich sei es, der das Buch ausmache, findet der 44-jährige Familienvater.

Zweimal auf dem Jakobsweg
Die Idee zum Buch hatte Marc Häusler schon seit über zehn Jahren im Kopf. Den Jakobsweg hat er zweimal erwandert, einmal ab St-Jean-Pied-de-Port, einem kleinen Dorf in den Pyrenäen, bis nach Santiago de Compostela. Das waren 800 Kilometer in fünf Wochen. Ein paar Jahre später noch einmal eine kürzere Strecke in vier Wochen. «Meine Erlebnisse, Gedanken und Erkenntnisse dieses Wanderns wollte ich nach meiner Pensionierung aufschreiben. Aber dann kam der erste Lockdown und alle Abend- und Wochenendeinsätze als Regierungsstatthalter entfielen. Also hatte ich plötzlich viel Zeit.»

Rahmenhandlung im Mutzbachgraben
Er habe etwas planlos mit dem Schreiben begonnen, gibt Häusler zu. Und vorerst lediglich über den Jakobsweg und seine Gedanken während des Wanderns berichtet. «Das Geschriebene fiel bei allen, die das Manuskript lasen, durch», erzählt er. «Niemand verstand, worum es mir eigentlich ging.» Daraufhin habe er das Buchprojekt beenden wollen. Doch irgendwie liess ihn die Idee nicht los. Seine freie Zeit verbrachte Marc Häusler zu dieser Zeit viel in der Region um den Mutzbachgraben in Riedtwil, oft mit einem Freund, mit dem er ausgiebig diskutierte. «Dabei erinnerte ich mich an das Erdbeeri-Mareili, eine Geschichte von Jeremias Gotthelf, von dem mir mein Vater bei unseren Ausflügen an diesen Ort mit dem Wasserfall erzählt hatte. Und plötzlich war für mich klar, worum es in der Rahmenhandlung gehen soll.»

Die Begegnung von Michael und Marie
Genau wie Marc Häusler fragt sich auch der Protagonist seines Buches, Michael, ob sein Roman über den Jakobsweg gut genug sei, um veröffentlicht zu werden. Auch er setzt sich auf eine Bank. Nur ist es nicht ein Freund, sondern Marie aus dem Graben, der er die Geschichte über Janosch vorliest. Die Geschichte über die Suche nach sich selbst und dem eigenen Glück. «Meine Marie ist ebenso märchenhaft und magisch mit der Natur verbunden, wie es das Erdbeeri-Mareili in Gotthelfs Tschaggeneigraben war», so Häusler. «Meine Marie ist jedoch nicht mehr das Mareili von einst, sondern in die heutige Zeit transferiert.» Geblieben sei hingegen deren Aura sowie deren besondere Wesensart, die im Roman noch klarer zum Ausdruck komme als bei Gotthelf. «Die Frau ist dadurch die eigentliche Kernfigur des Romans.»

Zum Nachdenken anregen
Für Marc Häusler ist klar, dass das Buch nicht nur unterhalten, sondern die Leserinnen und Leser zum Reflektieren anregen soll. «Ich will dazu animieren, über das Leben nachzudenken. Zum Beispiel darüber, ob und inwieweit wir dieses selbst beeinflussen können, wie stark der Anteil an Bildung und Willenskraft daran ist.» Für diejenigen, welche auf dem Jakobsweg gewandert seien, könne das Buch Aha-Erlebnisse wecken. Für andere könne es auch eine Art Reiseführer oder Werbung für den Jakobsweg sein. Ob und wie weit er selbst die sich gestellten Fragen beantworten kann, lässt Marc Häusler offen. «Dies preis zu geben, wäre mir zu intim.»

Hektischer Schlussspurt
Hatte Marc Häusler zu Beginn des Projekts genug Zeit zum Schreiben, sei es zum Schluss doch noch hektisch geworden. «Der Berufsalltag hielt wieder Einzug, geschrieben habe ich deshalb am Abend und nachts.» Ihm sei es wichtig gewesen, das Buch vor Abschluss seiner Tätigkeit als Regierungsstatthalter des Oberaargaus Ende Jahr fertig zu stellen. «Denn das Buch handelt zum grösseren Teil im Oberaargau. Dies zeigt auch das Cover von Reto Bärtschi.» Tatsächlich sind beim genauen Hinsehen der Graben, der Wasserfall und die Oberaargauer Tracht der Frau zu erkennen.
Ob er weiterschreiben wird, weiss Marc Häusler noch nicht. Mit dem Stellenwechsel vom Statthalteramt ans Verwaltungsgericht bleibe vorerst sicher keine Zeit dazu. Zudem warte er mal das Echo zu seinem Erstlingswerk ab. «Kommt es nicht gut an, dann höre ich mit dem Schreiben auf, im Wissen, es probiert zu haben. Wird es hingegen gerne gelesen, dann kann ich mir eine Fortsetzung gut vorstellen.»

«Jakobsmuschel mit Erdbeeren» ist ab sofort im Buchhandel oder im Verlag www.herausgeber.ch erhältlich. Es kostet 29 Franken.

Von Irmgard Bayard