• Wandern gehört zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Schweizerinnen und Schweizer. · Bilder: Thomas Peter

  • Wegweiser in Affoltern, auch hier ist Hansruedi Krähenbühl zuständig.

  • Seit 17 Jahren ist Hansruedi Krähenbühl ehrenamtlicher Bezirksleiter für die «Berner Wanderwege» und ist zuständig für das Gebiet zwischen Lan­genthal, Madiswil, Huttwil, Dür­ren­roth, Weier, Affoltern, Wynigen, Thö­rigen und Bleienbach. · Bild: Patrick Bachmann

11.03.2024
Oberaargau

Hansruedi Krähenbühl und die gelben Wege

Wenn in wenigen Tagen der Frühling erwacht, werden wieder mehr Menschen auf den Wanderwegen der Region anzutreffen sein. Doch wer hält diese eigentlich instand und achtet darauf, dass die Signalisation angebracht und gut sichtbar bleibt? In der Region Oberaargau ist auf rund 120 Wanderkilometern der Bezirksleiter Hansruedi Krähenbühl aus Kleindietwil zuständig.

Oberaargau/Emmental · Der Winterschlaf neigt sich bald dem Ende zu. Mit dem nahenden April beginnt für Hansruedi Krähenbühl die Wandersaison. Ab dann ist der bald 80-Jährige regelmässig auf den Wanderwegen unterwegs, um verlorene Markierungen zu ersetzen, Wegweiser zu säubern und eventuelle Winterschäden an den Pfaden seiner zuständigen Gemeinde zu melden. «Von Beginn der Vegetationsperiode bis etwa im September bin ich wieder aktiv unterwegs», erklärt er. «Allerdings ist die Routenkontrolle wetterabhängig und erfordert zumindest eine kurze Schönwetterperiode.» Sein Verantwortungsbereich erstreckt sich über das Gebiet zwischen den Gemeinden Lan­genthal, Madiswil, Huttwil, Dür­ren­roth, Weier, Affoltern, Wynigen, Thö­rigen und Bleienbach.

Eine umfangreiche Ausrüstung
Vor 17 Jahren übernahm Hansruedi Krähenbühl die ehrenamtliche Tätigkeit als Bezirksleiter für die «Berner Wanderwege». Fritz Wittwer, der ehemalige Tierarzt und Gemeindeprä­sident von Kleindietwil, hatte ihn angemeldet. «Du schaffst das schon», sagte ihm Wittwer, und so rutschte Hansruedi Krähenbühl in seine neue Aufgabe. «Ich wollte etwas tun, was allen zugute kommt, ohne jedoch in festen Zeiten eingebunden zu sein», erzählt er. Während heutzutage Einführungskurse für solche Aufgaben angeboten werden, ging er damals einfach mit und erhielt umfangrei­­che Unterlagen mit den wichtigstenPunk­ten.
Mit dem Fahrrad, das er aufgrund des mitzuführenden Materials nutzt, ist er alleine unterwegs. Zu seiner Ausrüstung gehören ein Lappen, eine Drahtbürste und Seifenwasser zum Putzen, eine kleine Leiter, Farbe und Pinsel, Abdeckband, ein kleines Sortiment an Wegweisern sowie Werkzeuge. Alle paar Minuten hält er an, um die Signalisation zu reinigen oder zu überprüfen, ob der Wegweiser noch in die korrekte Richtung zeigt. Er erneuert die Markierungen auf den Baumstämmen oder ersetzt fehlende Schilder. «Die bekannten gelben Rauten sollten richtig leuchten», betont Hansruedi Krähenbühl. Dazu klebt er mit einem Abdeckband die Markierung ab und streicht sie mit gelber Farbe ein.
Auch ein Abfallsack gehört zur Ausrüstung, um Müll gleich einzusammeln und mitzunehmen. Selbst der Weg wird kritisch begutachtet. Wenn er droht zuzuwachsen oder von Wasser unterspült ist, benachrichtigt er die zuständige Gemeinde. Die Reaktionszeiten variieren stark: «Viele Gemeinden wie zum Beispiel Seeberg kümmern sich mustergültig darum», sagt er. «Einige wenige lassen jedoch längere Zeit verstreichen, bis sie reagieren.»

Kaum Vandalismus
Während seiner jährlichen Routenkontrollen dokumentiert Hansruedi Krähenbühl alle Tätigkeiten und Meldungen. In einem Ordner sind diese mit Zeit und Datum versehen. «So bleibt nachvollziehbar, wie der Zustand der Wanderwege ist und wann Mängel behoben wurden», erklärt er. Glücklicherweise gibt es in der Region wenig Vandalismus. «Es passiert schon mal, dass ein ‹Witzbold› den Wanderwegweiser umdreht. Mutwillige Zerstörungen oder Verschmutzungen sind jedoch sehr selten. Die Wanderer hier tragen Sorge.» Pro Jahr muss er etwa zwei bis drei Wegweiser in seinem Gebiet ersetzen. Es kommt immer wieder zum Austausch mit Grundeigentümern, auf deren Land der Weg verläuft. «Die meisten von ihnen sind hilfsbereit und engagiert, aber es gibt auch mal skeptische Blicke», sagt Hansruedi Krähenbühl. Die Zusammenarbeit mit Bauern, Landeigentümern und Behörden funktioniert jedoch gut. «Manchmal ist halt etwas Fingerspitzengefühl gefragt.» Das Einverständnis der Landbesitzenden ist grundlegend, ansonsten muss für den Wanderweg eine andere Lösung gefunden werden.

In Zukunft weniger signalisierte Wanderwege?
Der 1937 gegründete Verein «Berner Wanderwege» ist mit 14 600 Mitgliedern die grösste Fachorganisation für die Signalisation und Planung von Wanderwegen in der Schweiz. Jedem der 78 kantonalen Bezirke mit insgesamt rund 10 000 Kilometern Weg ist eine Leiterin oder ein Leiter zugewiesen. Das Verhältnis zwischen der Organisation und dem Staat wird jährlich in einer Leistungsvereinbarung festgehalten.
In den nächsten Jahren plant die Organisation «Berner Wanderwege» grössere Änderungen: Die Anzahl der Wanderwege soll reduziert werden, insbesondere, weil viele markierte Wege auf Asphalt aufgehoben werden sollen. Es wird dann einige wichtige Verbindungsstrecken in der Region geben, während andere Wege auf Asphalt entfallen. «Die Planung dazu läuft», sagt Krähenbühl. Er selbst möchte solange wie möglich die Routenkontrollen durchführen.

Zur Person
«Einmal Eisenbähnler, immer Eisenbähnler»

Hansruedi Krähenbühl wurde 1944 in Madiswil geboren und wuchs in Klein-dietwil auf. Sein Vater war Mechaniker bei der Ammann AG in Langenthal. «Wir lebten in bescheidenen Verhältnissen, hatten aber immer genug zum Leben», erinnert sich Krähenbühl. Er lebt mit seiner Frau immer noch im Haus, das sein Vater damals erwarb. Das auffällige rote Schild, das heute an der Fassade hängt, dürfte schon manche Passanten verwirrt haben. «Post Säriswil» steht darauf geschrieben, da sein Schwiegervater dort Posthalter war.
Nach einem Jahr im Welschland absolvierte Hansruedi Krähenbühl eine Lehre als Betriebsbeamter. Allerdings entschied er sich gegen eine längerfristige Tätigkeit als Stationsvorstand aufgrund der unregelmässigen Arbeitszeiten und wechselte stattdessen zum Güterverkehr in Langenthal. Er war rund 40 Jahre lang ein «stolzer Eisenbähnler» bei den SBB. «Damals sagte man noch: Einmal Eisenbähnler, immer Eisenbähnler», schmunzelt er. Nach Umstrukturierungen musste er dann seine letzten Arbeitsjahre nach Bern pendeln.
Hansruedi Krähenbühl ist Vater von drei Kindern. Er engagierte sich viele Jahre im Turnverein Kleindietwil und er war Kassierer bei der Schwellenkorporation und der Fernsehgenossenschaft. Bis zur Fusion mit Madiswil sass er für zwei Amtsperioden im Gemeinderat von Kleindietwil. Neben seinen Verpflichtungen als Bezirksleiter der Berner Wanderwege geht Krähenbühl auch abseits davon gerne zu Fuss. Fast täglich dreht er mit seiner Frau eine grössere Runde. «Obwohl ich hier aufgewachsen bin, lässt sich immer wieder mal eine Ecke entdecken, wo ich zuvor noch nie war.»

Stichwort
Umstrittene Wanderzeiten

Es kommt immer wieder vor, dass Wandernde die Zeitangaben auf Wanderwegweisern als zu lange oder zu kurz empfinden. Wie werden diese Angaben eigentlich ermittelt? «Früher wurde dies abgeschätzt und im Feld überprüft, heute wird das mit entsprechenden Modellen am Computer errechnet», erklärt Krähenbühl. Die Zeiten sind jeweils an den Ausgangspunkten sowie an wichtigeren Verzweigungen zu finden.

Von Patrick Bachmann