«Herausforderungen als Chance erkennen»
Knapp 100 Tage ist Stefan Wälchli als neuer CEO der Clientis Bank Oberaargau im Amt. Der 47-jährige Madiswiler spricht im Monats-Interview über seine ersten Erfahrungen in der neuen Position. Trotz kontinuierlichem Wachstum in den letzten Jahren sieht er für die Regionalbank weiteres Wachstumspotenzial in der Region. Wälchli ist zudem überzeugt, dass auch im Zeitalter der Digitalisierung das Bankgeschäft ein «People-Business» bleiben wird.
Walter Ryser im Gespräch mit dem neuen CEO der Clientis Bank Oberaargau, Stefan Wälchli
Stefan Wälchli, Sie sind noch nicht ganz 100 Tage als neuer Direktor der Clientis Bank Oberaargau im Einsatz. Dennoch fragen wir Sie: Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?
Diese fällt für mich sehr positiv aus. Wir sind gut ins neue Jahr gestartet. Es ist uns gelungen, den Schwung aus dem letzten Jahr mitzunehmen. Erneut konnten wir in den ersten Monaten die Kundengelder und Kundenausleihungen steigern. Auch konnten wir das Börsengeschäft, in einem äus-serst anspruchsvollen Umfeld, noch einmal erhöhen. Der Januar beispielsweise war der beste Courtagemonat in der über 140-jährigen Geschichte unserer Regionalbank.
Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag auf der Bank seit dem Funktionswechsel verändert?
Die Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat ist intensiver geworden. Auch in den Bereichen Projekte und Marketing sind neue Aufgaben dazugekommen. Daneben versuche ich, gewisse Tätigkeiten weiterzuführen. So ist für mich der Kundenkontakt ein zentrales Anliegen. Deshalb schaue ich, dass ich bei möglichst vielen Kundengesprächen dabei sein kann. Auch als CEO der Bank möchte ich durch persönlichen Kontakt bestehende Kunden beraten und neue für unser Institut gewinnen.
Was fasziniert Sie an der Arbeit als Banker?
Das ist in der Tat eine gute Frage (überlegt). Im Vordergrund steht für mich, dass es uns gelingt, dem Kunden eine Lösung zu präsentieren, die seinen Bedürfnissen entspricht. Wenn wir am Ende von einem Kunden einen Dankesbrief erhalten oder ein Lob per Mail, dann ist das die schönste Anerkennung für uns. Wenn wir Kunden bei Nachfolgeregelungen, einer Pensionsplanung oder beim Start in die Selbständigkeit unterstützen und gemeinsam Lösungen erarbeiten können, dann ist das auch für uns schön. An meinem Beruf fasziniert mich einfach, dass wir als Banker in diesen Situationen optimale Dienstleistungen anbieten und zur Verfügung stellen können.
Mit welchen Zielen und Visionen haben Sie Ihr Amt angetreten?
Die Vision für die Zukunft der Clientis Bank haben wir noch gemeinsam mit meinem Vorgänger Heinz Trösch erarbeitet. Sie lautet: ‹DIE Beraterbank im Oberaargau›. Wir arbeiten täglich daran, dieser Vision Schritt für Schritt näher zu kommen und gerecht zu werden. Auf Anfang dieses Jahres haben wir zudem ein neues Motto eingeführt, das uns bei der täglichen Arbeit begleiten soll: ‹The Winning-Team›. Darunter verstehen wir Herzblut, Transparenz und Change. Mit Herzblut und Freude wollen wir unsere Kunden täglich aufs Neue begeistern. Transparenz pflegen wir mit einer konstruktiven Feedbackkultur. Jedes Feedback soll als Wertschätzung und Chance zur persönlichen Weiterentwicklung gesehen werden. Unter dem Begriff ‹Change› wollen wir den kommenden Veränderungen mit Freude begegnen und versuchen, täglich Neues zu lernen und besser zu werden. Das Banking wird sich in nächster Zeit massiv verändern. Diesem Prozess sollten wir nicht ängstlich begegnen, sondern ihn als Chance wahrnehmen.
Die Clientis Bank Oberaargau verzeichnet seit Jahren ein kontinuierliches Wachstum. Wo sehen Sie persönlich weiteres Entwicklungspotenzial für die Regionalbank?
Aktuell verzeichnen wir rund 19 000 Kunden. Im ganzen Oberaargau leben rund 80 000 Personen. Das heisst, dass aktuell etwa jede vierte Person Kunde der Clientis Bank Oberaargau ist. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass wir hier über genügend Potenzial verfügen, um weiter wachsen zu können. Dieses streben wir in erster Linie in der Region Langenthal und am Jurasüdfuss an, denn hier verzeichnen wir momentan eine Marktdurchdringung von lediglich rund 12 Prozent.
Demnach scheint eine Gebietserweiterung in naher Zukunft kein Thema zu sein?
Richtig, das ist für uns tatsächlich momentan kein Thema, weil wir der Meinung sind, im Oberaargau über genügend Wachstumspotenzial zu verfügen. Diesbezüglich haben wir in letzter Zeit viel in die Ausbildung unserer Kundenberater investiert, denn nach wie vor werden die meisten unserer Kunden über persönliche Kontakte akquiriert. Daneben versuchen wir uns mit gezielten Marketingmassnahmen zu positionieren und auf uns aufmerksam zu machen. So sind wir beispielsweise im Bereich des Sports Goldsponsor beim SC Langenthal. Kulturell unterstützen wir die Gartenoper sowie das Hoffest in Langenthal oder finanzieren die Neuuniformierung der Musikgesellschaften Ursenbach und Rohrbach mit.
Keine Zinsen auf Sparguthaben, hohe Gebühren und eine äusserst restriktive Haltung bei Kreditvergaben. Damit stehen Banken bei vielen Leuten nicht allzu hoch im Kurs.
Das stellt für uns zweifellos eine grosse Herausforderung dar. Unseren Aktionären stellen wir beispielsweise ein kostenloses Aktionärskonto zur Verfügung. Gleichzeitig versuchen wir, all unsere Kunden über die aktuellen Konditionen gut zu informieren und aufzuklären.
Sagen Sie uns, weshalb es sich aus Ihrer Sicht dennoch lohnt, privat und als Unternehmer eine Zusammenarbeit mit einer Bank einzugehen.
Weil wir unseren Kunden Lösungen aufzeigen können, die ihren Bedürfnissen gerecht werden. Wenn ein Projekt auf den ersten Blick als nicht realisierbar erscheint, lohnt es sich, das Gespräch mit uns zu suchen. Wir sind da, um mit vertieften Abklärungen zu prüfen, ob ein gewisses Projekt doch umsetzbar ist. Da gibt es durchaus kreative Lösungen, die wir den Kunden gerne zeigen, damit am Ende der Wunsch vom Eigenheim oder der Selbständigkeit vielleicht doch noch erfüllt werden kann.
Negativzinsen sind kein positives Signal für Bankkunden. Geben Sie uns doch einen Tipp, wie man sein erspartes Geld am besten anlegt?
Negativzinsen sind tatsächlich kein gutes Signal, da stimme ich Ihnen zu. Dennoch gibt es Möglichkeiten, sein Geld gewinnbringend anzulegen. Dazu erstellen wir für unsere Kunden ein Risikoprofil. Dieses besteht aus der Risikofähigkeit und der Risikobereitschaft. Anschliessend wird die Anlagestrategie festgelegt. Aktuell kommt man nicht an Aktien vorbei, die nach wie vor eine gute Geldanlage darstellen. Obligationen dagegen sind momentan weniger attraktiv.
Mit der Digitalisierung wird sich in den kommenden Jahren auch der Bankensektor drastisch verändern. Wie gehen Sie mit Ihrem Institut diese Herausforderungen an?
Ich bin überzeugt, dass unser Bankgeschäft auch in Zukunft ein ‹People-Business› sein wird, wenn es darum geht, sich detailliert beraten und informieren zu lassen. Im Verarbeitungsbereich dagegen wird in naher Zukunft sicher vieles standardisiert und werden viele Geschäfte durch die fortschreitende Digitalisierung effizienter abgewickelt werden. Gleichzeitig wird uns die Digitalisierung aber auch neue Geschäftsfelder eröffnen. Für den Kunden hat der ganze Prozess viele Vorteile, denn er kann entscheiden, auf welchem Weg er mit seiner Bank kommunizieren will, ‹Face-to-Face› oder lieber online.
Dennoch, die Digitalisierung schürt Ängste bei den Mitarbeitenden, die um ihre Arbeitsplätze fürchten. Wie gehen Sie damit um?
Wir sind gegenüber unseren Mitarbeitern sehr transparent und kommunizieren offen über bevorstehende Veränderungen. Bei all diesen Prozessen werden die Mitarbeiter früh miteinbezogen. Was nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass der Arbeitsplatz des Kundenberaters künftig noch anspruchsvoller wird, was bedeutet, dass diese Berufssparte an Attraktivität gewinnen wird. Wir werden also auch in Zukunft erstklassig ausgebildetes Bankpersonal benötigen.
Auf was müssen sich die Kunden in der neuen, digitalen Bankenwelt einstellen?
Wir versuchen, unsere Kunden gezielt an die neuen Angebote heranzuführen. Dazu führen wir Schulungen durch und zeigen interessierten Kunden, wie sie mit den neuen Angeboten umgehen können. Wir führen beispielsweise sogenannte Beratungs-Spots durch, wo wir den Kunden direkt an Geräten demonstrieren, wie die Erledigung diverser Geschäfte online funktioniert und wie diese ausgeführt werden.
Wenn der Bankschalter schliesst, wird aus Stefan Wälchli ein leidenschaftlicher Unihockeyspieler, haben wir uns sagen lassen?
(lacht). Tatsächlich, das ist so. Ich spiele bei den Tornados Herzogenbuchsee Unihockey. Aber nicht nur ich, die ganze Familie spielt Unihockey, bei ULA oder den Black Creek Schwarzenbach. Ich liebe den sportlichen Wettkampf und das Spiel. Es ist ein hervorragender Ausgleich zum Büroalltag.
Welche Leidenschaften leben Sie sonst noch aus?
Sport geniesst in meinem Leben einen hohen Stellenwert. Ich gehe gerne Biken und Skifahren. Sehr gerne gehe ich auch mit meiner Familie auf Reisen und erkunde unseren Planeten. Im Sommer steht zum Beispiel ein 14-tägiger Trip nach Amerika und Kanada auf dem Programm. Wir werden mit einem Wohnmobil unterwegs sein und viele Sehenswürdigkeiten anvisieren.
Welchen Lebenstraum möchten Sie sich noch erfüllen?
Aktuell würde ich sagen, dass ich wunschlos glücklich bin. Aber in Sachen Reisen habe ich schon noch einen Traum: Ich würde gerne einmal für längere Zeit Neuseeland bereisen.
Fussball nennen Sie ebenfalls als ein Hobby von Ihnen. Also fragen wir Sie: Wie wird die Schweiz bei der kommenden Fussball-WM abschneiden, und wer wird Weltmeister?
Leider wird die Schweiz im Achtelfinal gegen Deutschland ausscheiden. Weltmeister wird aber dieses Jahr Brasilien, weil es aktuell über die stärkste Mannschaft verfügt.