Hinterfragen der Dinge auf der Erde
Ruedi Löffel aus Ufhusen widmet sich seit 22 Jahren der Astronomie. Genaugenommen der Astrofotografie. Er beobachtet weniger, sondern fotografiert in erster Linie sogenannte Messier-Objekte (astronomische Objekte, hauptsächlich Galaxien, Sternhaufen und Nebel). «Der Blick ins Universum relativiert die Probleme, die wir uns auf der Erde selber machen», sagt Ruedi Löffel.
Ufhusen · Im Alter von rund 40 Jahren hat sich Ruedi Löffel entschieden, mit dem Leistungssport aufzuhören. Die Suche nach einem neuen Hobby führte ihn zur Astronomie. Da die Astronomie ein sehr umfangreiches Fachgebiet ist, war sein Interesse rasch geweckt. Doch das Zusammentragen der verschiedenen Möglichkeiten und vor allem die unterschiedlichen Teleskope waren für ihn zunächst eine Überforderung. «Glücklicherweise konnte ich bei einem Anlass der Astronomischen Gesellschaft Bern – der ich seit mehr als 20 Jahren als Mitglied angehöre – verschiedene Teleskopvarianten begutachten. Dieses Treffen war für mich der Beginn für mein neues Hobby», erzählt er den Ursprung seiner neuen Leidenschaft.
Das perfekte Bild
«Das Beobachten und Erkunden des Sternenhimmels ist eine besondere Erfahrung. Wenn man so langsam, aber sicher einige Zusammenhänge zu verstehen beginnt, hinterfragt man einige Dinge, die auf unserer Erde geschehen», erklärt der 61-Jährige. Die Sicht auf die verschiedensten Probleme der heutigen Zeit erfolge oft zu engstirnig. In der heutigen Zeit würden viele Schwierigkeiten nicht wirklich gelöst, sondern die Lösungen müssten rasch resultieren. Es wäre sinnvoller, wenn man die Betrachtung zusätzlich mit mehr Distanz zur Problemstellung durchführte. Zudem finde die Beobachtung in der freien Natur und natürlich in der möglichst dunklen Nacht statt, was einem zusätzlich die eine oder andere Begegnung mit nachtaktiven Tieren beschere. Erst nach zehn Jahren gelang ihm sein erstes tolles Astro-Foto von der Andromeda-Galaxie, unserer Nachbargalaxie. «Die Astro-Fotografie verlangte damals wesentlich mehr Geduld, als dies heute der Fall ist. Und da mir meine Astro-Kollegen glücklicherweise nicht sofort jede Frage beantwortet haben, musste ich mir die Antworten und Resultate selbständig erarbeiten. Es waren einige Produkte, die mir damals von einem Fachgeschäft empfohlen wurden, aber nicht unbedingt das, was ich von einer präzise funktionierenden Gerätschaft erwartet habe. Das Lernen in der Astrofotografie ist etwas umfangreicher, da man die sogenannte Himmelsmechanik ein wenig verstehen und gleichzeitig das korrekte und das genaue Aufstellen des Astro-Equipments Schritt für Schritt erlernen muss. Daran hat sich auch heute nicht viel geändert», erklärt er. Es sei ähnlich wie beim Ballonfahren. Das Wetter müsse für die Astronomie recht gut sein, und für die Astro-Fotografie müsse der Himmel möglichst wolkenfrei und vor allem dunkel sein. «Eine optimale Nacht für die Astro-Fotografie findet in der kalten Jahreszeit statt. Sie beginnt gegen 19 Uhr und endet etwa um 5 Uhr.
Und wann ist es denn ein tolles Foto? «Ein tolles Foto ist es dann, wenn das Objekt möglichst präzise fokussiert ist und die Sterne rund und nicht ‹eierförmig› aussehen. Die hochpräzise Nachführung ist dabei ein wichtiger Teil, und genau das ist für manche Astro-Fotografen ein grosser ‹Knackpunkt›», erklärt er.«Ich habe bis heute rund 150 unterschiedliche Astro-Fotografien erstellt. Nebst hochauflösenden Mond-Aufnahmen sind Saturn, Jupiter sowie unsere Milchstrasse zu sehen. Zu den Messier-Objekten zählen beispielsweise Messier 16, 27 und Messier 8», erklärt er weiter.
Veränderungen am Himmel
Ruedi Löffel erklärt: «Es gibt viele Objekte am Sternenhimmel, die scheinen statisch und unveränderlich zu
sein. Doch wenn man beispielsweise eine Super-Nova – die Entstehung eines neuen Sterns – fotografiert, sind
die Veränderungen dokumentierbar. Plötzlich ist ein Stern in einer Aufnahme zu sehen, welcher im Vergleich zu einer Aufnahme, die man Jahre oder Jahrzehnte zuvor gemacht hat, nicht vorhanden war. Wobei ich mich zunächst nicht auf Veränderungen konzentriere, sondern um Qualitäts-Verbesserungen der einzelnen Aufnahmen.» Da er in erster Linie Astro-Fotografie betreibe, sei er weniger der Beobachtende, sondern der Fotograf. Dennoch sei das Spezielle, das Wichtige und das Interessante der Sternenhimmel an sich. Wie Stephen Hawking kurz vor seinem Tode gesagt habe: «Schaut nach oben und nicht ständig nach unten.» Ruedi Löffel: «Der Blick ins Universum relativiert die Probleme, die wir uns selber auf der Erde machen. Sie verschwinden ja nicht von alleine – aber die Betrachtung ändert automatisch, wenn man das Glück erkennen kann. Wir wohnen auf einem immer noch einzigartigen Planeten und müssen Sorge dazu tragen. Es wäre wünschenswert, wenn diese Erkenntnis auch bis zum letzten Egoisten durchdringen würde.» Sobald man verstehe, dass das Licht, welches die Sterne, Galaxien oder Gasnebel aussenden, zu uns komme und nicht umgekehrt, dann wisse man, dass man immer in die Vergangenheit blicke und nicht in die Zukunft. «Diese Erkenntnis ist bei jedem Sternenguck, wo Kinder- und Erwachsene in mein Teleskop blicken können, der Anlass zum Philosophieren», sagt er bedeutungsvoll.
Astronomie-Shop
Um Sterne zu fotografieren, braucht es ein Equipment, hier reicht eine Handy-Kamera nicht aus. Ruedi Löffel erklärt: «Die Kosten stehen im direkten Zusammenhang mit den Objekten, die man fotografieren möchte. Es beginnt bei der Fotografie der Milchstrasse, welche man mit einem Fotostativ und einer guten Kamera inklusive Weitwinkel- und Teleobjektive erstellen kann. Die Kosten können daher von rund 1000 Franken bis mehrere 10 000 Franken variieren.»
Vor sieben Jahren hat er sich entschieden, den «astronomieshop.ch» zu gründen. Dabei ist ihm wichtig, wenn immer möglich zuerst ein Beratungsgespräch zu führen, vor allem bei Einsteigern. Dabei soll genau definiert werden, was der Kunde mit seinem Equipment momentan und künftig erreichen will. Einen eigentlichen Verkaufsladen führt er nicht. Der Kunde soll die Möglichkeit erhalten, vor dem Kauf in ein Teleskop zu blicken, dies sei in einem Verkaufsladen nicht möglich. Daher ist seine «Verkaufsfläche» die Natur, damit die verschiedenen Vor- und Nachteile vor dem Kauf präsentiert und erörtert werden können. «Da ich den astronomieshop.ch führe, ist die Astronomie und Astro-Fotografie sowohl Hobby wie auch ein Teil meiner erlernten Berufe. Seit 22 Jahren lerne ich täglich dazu und erweitere mein Fachwissen, indem ich mich über ein neues Produkt informiere und bei Interesse dieses Produkt teste und einsetze. Was schlussendlich auch meiner Kundschaft zugutekommt.»
Vorträge und Sternenguck
Ruedi Löffel hält auch Vorträge, die sich aus Anfragen verschiedener Organisationen sowie der Idee «Astronomie trifft Gastronomie» ergeben. Dabei gehe es natürlich darum, den Sternenhimmel den Interessierten auf möglichst einfache Art und Weise näher zu bringen.
Das Verstehen hänge stark damit zusammen, was und wie etwas vorgetragen wird. «Ich versuche deshalb, die Astronomie oder Astro-Fotografie nicht auf der wissenschaftlichen Basis zu vermitteln. Vielmehr suche ich nach leicht verständlichen Beispielen, die die Zuhörerinnen und Zuhörer dazu bewegen soll, Fragen zu stellen. Mehrheitlich wird natürlich immer noch die Frage gestellt: ‹War der Mensch wirklich auf dem Mond?› Doch glücklicherweise bietet das Universum viel, viel mehr», sagt er lächelnd. Und, war der Mensch wirklich auf dem Mond? «Ja – der Mensch war auf dem Mond – die Erklärungen dazu gebe ich gerne in einem meiner Vorträge», erwidert er auf die Frage.
Die Astronomie zählt zu den Naturwissenschaften, bei der sowohl Mathematik als auch Physik und Chemie zur Anwendung gelangen. Der Begriff Astronomie stamme aus dem altgriechischen «astronomia» und heisse «Gesetz der Sterne». Die Basis dafür bilde mit Sicherheit die Mathematik. Die Astronomie und Raumfahrt seien zusätzliche und sehr geeignete Fachgebiete, um beispielsweise Jugendlichen die Mathematik auf interessante Art und Weise zu erklären. In den letzten zehn Jahren habe sich vor allem die Raumfahrt verändert und in der Astronomie seien es die Möglichkeiten, die sich enorm verbessert haben. Aber dennoch: «In der Schweiz fehlen immer mehr Fachkräfte, die nicht nur die Theorie kennen, sondern auch die Auswirkungen der Theorie in der Praxis vorgängig definieren und erklären können», bedauert er.
Fotografiert auch anderes
Ruedi Löffel ist gelernter Kunststoff-Technologe, arbeitete nach erfolgreich absolvierter Polizeischule einige Jahre als Polizist bei der Kantonspolizei Baselland. Seit mehr als 30 Jahren ist er als IT-Spezialist tätig und unterstützt Privatkunden und Kleinunternehmen in sämtlichen IT-Belangen bis hin zur individuellen Software-Entwicklung. «Seit rund einem halben Jahr bin ich zusätzlich am «zB. Zentrum Bildung» in Baden als Seminar-Leiter tätig und vermittle den Teilnehmenden das Wissenswerte für die Astrofotografie.»
Fotografiert er auch anderes als «nur» Sterne? «Ja, natürlich», sagt er lachend. «Die Natur und die herrliche Umgebung im Luzerner Hinterland bieten unzählige Möglichkeiten. Ich erstelle Panorama-Aufnahmen in hoher Auflösung oder lasse meine Digitalkamera für einige Tage und Nächte eine aufgehende Blüte oder die Bewegung der Wolken fotografieren. Diese Aufnahmen werden dann auf meinem PC-System optimiert und zu einem Film verarbeitet.» Auch wenn sein grosses Hobby «Astronomie-Fotografie» viel Zeit beansprucht, nimmt er sich dennoch für anderes Zeit: «Ich spiele Tischtennis beim Tischtennisclub Willisau und dem Tischtennisclub der Post Basel, wo ich zudem Präsident bin. Ich habe eine kleine Werkstatt, in der ich weiterhin meine handwerklichen Fähigkeiten pflegen kann. Vor ein paar Jahren habe ich mir einen 3D-Drucker gekauft, wobei gekauft ist etwas untertrieben. Nachdem ich das Paket erhalten und geöffnet hatte, sah ich Hunderte von Schrauben und sehr viele Einzelteile. Auch hier war viel Geduld gefordert, bis der 3D-Printer die ersten brauchbaren Resultate lieferte», erzählt er schmunzelnd.
Ansonsten sei er ein wissensorientierter Mensch und suche immer nach der besten und vor allem nach einer bezahlbaren Möglichkeit – nicht nur für sich selbst. «Weiter bin ich als Buch-Autor tätig und bin gerade dabei, mein Buch fertigzustellen. Der Titel ist ‹Komische Momente – kritische Bemerkungen – und nicht (all)tägliche Fotografien›. Dabei soll die Leserin oder der Leser aufgefordert sein, meine Äusserungen und Mitteilungen zu hinterfragen. Stimmt das wirklich, was der da schreibt? Die komischen Momente sorgen für Heiterkeit und mit Sicherheit für unterschiedliche Reaktionen, vor allem, wenn man sie in der Gruppe gemeinsam betrachtet», berichtet er lachend.
Von Marianne Ruch