• Hier im «Kreuzäcker» beabsichtigt die Migros, einen VOI-Laden zu eröffnen, und sorgte damit an der Gemeindeversammlung für eine hitzige Diskussion. · Bilder: Marion Heiniger

  • Gemeinderat Markus Roth.

  • Gemeindepräsident Ulrich Werren.

06.12.2022
Oberaargau

Hitzige Diskussionen um Migros VOI-Laden

Die Gemeindeversammlung in Madiswil ging lang und war mit vielen Emotionen behaftet. Während das Budget 2023 und der Kredit zur Sanierung und Erneuerung der Wasserversorgung im Gebiet ­Lindenholz einstimmig und diskussionslos ange­nommen wurden, gab es viele Wortmeldungen bei der Teilrevision Ortsplanung, genauer bei der Übernahme der «Kreuzäcker» in eine Zone mit Planungs­pflicht (ZPP). Objekt der hitzigen Diskussionen war ein Stück Land, welches die Migros bereits gekauft hat und dort einen VOI-Laden plant. Ein Gegenantrag, welcher genau das verhindern sollte, wurde jedoch abgelehnt.

«Hat die Gemeinde nun der Migros grünes Licht zum Bau des VOI-Ladens gegeben?», stellte ein Teilnehmer an der vergangenen Gemeindeversammlung leicht provokativ eine Frage. «Die Migros hat das Land bereits gekauft und könnte jetzt schon bauen. Wenn wir der Übernahme in die ZPP (Zone mit Planungspflicht) zustimmen, können wir noch auf gewisse Sachen Einfluss nehmen, mit der jetzt noch gültigen Überbauungsordnung jedoch nicht», gab der Gemeindepräsident Ulrich Werren mit ruhiger Stimme zur Antwort. Konkret ging es an diesem Abend, an dem 144 Stimmberechtigte teilnahmen (5,2 Prozent von 2518), um die Teilrevision der Ortsplanung der Gemeinde Madiswil, welche sich auf die Ausscheidung der Gewässerräume sowie auf das Baureglement fokussierte.
So ging beispielsweise bei der letzten Ortsplanungsgesamtrevision im Jahr 2004 die Übernahme der ZPP-Bestimmungen und der ZPP-Perimeter «Kreuzäcker» in den Zonenplan wie auch ins Baureglement vergessen. Sie sieht eine dichte Überbauung mit gemischter Nutzung mit Rücksicht auf das Dorfbild vor. Der zwingenden Ausarbeitung eines Verkehrskonzeptes wird dabei ein besonderes Augenmerk verliehen. Während die Ausscheidung der Gewässerräume kaum Wortbegehren aufwies, führte die ZPP «Kreuzäcker» an der Versammlung zu emotionalen Diskussionen. Im Detail ging es dabei um ein Stück Land, das die Migros bereits gekauft hat. Sie beabsichtigt, darauf einen VOI-Laden zu bauen. Dieses Vorhaben stiess einigen Stimmberechtigten sauer auf.

Schwierige Verkehrssituation
Wieso man keine reine Wohnzone daraus machen könne, denn der Ort sei nicht ideal für ein Gewerbe, wollte ein anderer Teilnehmer wissen und sprach damit die schwierige Verkehrssituation durch die Nähe des Bahnüberganges an. «Durch die Barriere kann es zu Staus kommen, deshalb wäre dort eine Abbiegespur sinnvoll und notwendig», setzte ein anderer Teilnehmer in die Diskussion mit ein. «Wie soll die Verkehrsführung denn nun genau aussehen», lautete eine weitere Frage. «In der kurzen Zeit konnte noch kein Verkehrskonzept ausgearbeitet werden. Deshalb wurde ein unabhängiges Verkehrsbüro damit beauftragt. Die Migros übernimmt die Kosten», antwortete Ulrich Werren. «Wer zahlt, bestimmt auch», konterte daraufhin ein weiterer Teilnehmer aus der Versammlung, der befürchtete, dass die Migros auf das Verkehrskonzept zu ihren Gunsten Einfluss nehmen könnte und verlangte, dass die Gemeinde das Büro beauftrage und danach der Migros die Kosten in Rechnung stellen sollte. «Genau deshalb wird ja ein unabhängiges Büro damit beauftragt», lautete die kurze Antwort des Gemeindepräsidenten. «Warum soll denn ein VOI-Laden eröffnet werden, wo man doch genau weiss, dass die Migros wegen der hohen Strompreise Läden schliessen wird.» «und überhaupt ist in Madiswil kein Bedarf für einen VOI-Laden vorhanden», meldete sich ein weiterer Teilnehmer zu Wort.

Gegenantrag abgelehnt
Ein anderer Anwesender ging ein ganzes Stück weiter und stellte einen konkreten Gegenantrag. So sollten die beiden Bauzonen im «Kreuzäcker» der Dorfkernzone 2 zugewiesen werden (wo keine Flachdächer erlaubt sind). Zudem sollte die Nutzung nur erlaubt sein, wenn sie nicht mehr Verkehrsstörung verursacht, als wenn dort Wohnungen gebaut würden. Schulbauten sollten hingegen weiterhin erlaubt sein. Der Gemeindepräsident beendete die Diskussion nach weiteren wenigen Wortmeldungen und liess über die beiden Anträge abstimmen. Der Gegenantrag aus der Versammlung wurde mit 29 Ja- und 87 Nein-Stimmen bei 20 Enthaltungen abgelehnt. Der Antrag des Gemeinderates wurde mit 87 Ja- und 40 Nein-Stimmen bei 12 Enthaltungen angenommen. Somit wird die Migros aller Voraussicht nach auf dem «Kreuzäcker» einen VOI-Laden errichten, bei dem die Gemeinde durch die Übernahme in eine Zone mit Planungspflicht noch ein gewisses Mass an Einfluss haben wird.

Hoher Investitionsbedarf
Zu keinen Diskussionen führte das Budget 2023. Es schliesst im Gesamthaushalt mit einem Aufwandüberschuss von 802 100 Franken ab, dies bei einem Aufwand von 15 145 900 Franken. Im allgemeinen steuerfinanzierten Haushalt beträgt der Aufwandüberschuss 723 300 Franken (= knapp zwei Steuerzehntel). Dieser kann durch das vorhandene Eigenkapital von aktuell acht Millionen Franken gedeckt werden. Beim Steuerertrag rechnet die Gemeinde Madiswil durch die Teuerung und damit verbundenen steigenden Löhne mit Mehreinnahmen von 3,3 Prozent. Die Gemeindesteueranlage bleibt unverändert auf 1,55 Einheiten. Die geplanten Nettoinvestitionen belaufen sich auf etwas über 2,2 Millionen Franken. Davon fallen rund 1,3 Millionen Franken auf den steuerfinanzierten Haushalt. Das Eigenkapital reduziert sich laut Finanzplan bis Ende 2027 aufgrund des hohen Investitionsbedarfs auf rund 4,34 Millionen Franken. «Bis dahin muss die Gemeinde auch Fremdmittel aufnehmen», erklärte der Vizepräsident und für die Finanzen zuständige Gemeinderat Markus Roth.
Die an der Gemeindeversammlung aufgezeigten Ergebnisse der Finanzplanung weisen ab dem Jahr 2025 bei der bisher noch schuldenfreien Gemeinde einen Fremdmittelbedarf auf, der sich bis 2027 auf über 10 Millionen Franken anhäufen dürfte. «Früher oder später muss man über eine Steuererhöhung von einem bis zwei Steuerzehnteln nachdenken», stellte Markus Roth in Aussicht. Das Budget wie auch der Kreditantrag in der Höhe von 415 000 Franken zur Sanierung und Erneuerung der Wasserversorgung im Gebiet Lindenholz, bei den Synergien im Zusammenhang mit dem Ausbauprojekt der BLS Netz AG zum Umbau der Haltestelle Lindenholz genutzt werden können, wurden einstimmig und ohne Diskussion angenommen.

Von Marion Heiniger