Huttwils Traditionen werden gewürdigt
Der Kanton Bern hat das kantonale Inventar der lebendigen Traditionen überarbeitet. Die Liste zählt aktuell 180 Traditionen. Bemerkenswert ist: Von den 13 Neuzugängen entfallen ganze fünf Traditionen auf das Städtchen Huttwil. Eine schöne Ehrung für die Huttwilerinnen und Huttwiler – aber finanzielle Vorteile erwachsen ihnen dadurch keine. Jedenfalls nicht direkt.
Der Kanton Bern hat eine grosse Vielfalt an lebendigen Traditionen. Sie reicht von A wie Aareschwimmen in der Stadt Bern bis Z wie Zweitjänner, einem jahrhundertealten Brauch im Oberland. Nun hat der Kanton das Inventar der lebendigen Traditionen aktualisiert und um 13 Traditionen ergänzt. Auffallend ist, dass bei dieser Überarbeitungsrunde gleich fünf von 13 lebendigen Traditionen aus Huttwil stammen. Namentlich geht es um die Huttwiler Fasnacht, den Huttwiler Zibelemärit, den überaus bekannten Huttwiler Wiehnachtsmärit, den Käsemarkt Huttwil sowie um die Schafschur Huttwil. Mit der Neueintragung dieser Traditionen in die kantonale Liste solle dem Huttwiler Brauchtum mehr Präsenz eingeräumt werden, heisst es in einer Medienmitteilung der kantonalen Bildungs- und Kulturdirektion.
Jahrhundertealte Markttradition
Interessant ist, dass die Huttwiler Fasnacht in diesem Zusammenhang ebenfalls als Markttradition gewertet wird. In der Mitteilung des Kantons ist explizit von «vier Märkten» die Rede: Zibelemärit, Wiehnachtsmärit, Käsemarkt und – eben – die Huttwiler Fasnacht. Damit wird der jahrhundertalten Markttradition von Huttwil Rechnung getragen, die sowohl im nationalen als auch im kantonalen Inventar aufgeführt ist.
Die kantonale Liste der lebendigen Traditionen soll die grosse Vielfalt des immateriellen Kulturerbes im Kanton Bern abbilden und dokumentieren. Sie ist kein flächendeckendes Inventar und hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie basiert auf freiwilligen Anträgen von Gruppen, Vereinen und Verbänden. «Aus der Aufnahme einer lebendigen Tradition in die kantonale Liste entstehen keine rechtlichen Ansprüche auf finanzielle oder anderweitige Förderung – aber auch keine besonderen Verpflichtungen», wird in der Mitteilung betont.
Damit ist klar, dass die Neueintragung der fünf Huttwiler Traditionen zwar eine schöne Ehrung für das Blumenstädtchen ist, aber finanzielle Beiträge oder anderweitige Vorteile dürfen die Huttwilerinnen und Huttwiler aufgrund der Aufnahme ihres Brauchtums ins kantonale Inventar deshalb trotzdem nicht erwarten.
Immerhin: Ein bisschen Prestige ist mit der Neueintragung allemal verknüpft, denn wie der Kanton Bern schreibt, anerkenne er mit der kantonalen Liste der lebendigen Traditionen die hohe kulturelle Bedeutung des immateriellen Kulturerbes. Der Kanton leiste mit der Liste einen Beitrag zu deren Anerkennung, Verbreitung und Bewahrung. Gut möglich also, dass durch diese Stärkung der Präsenz des hiesigen Brauchtums noch weitere Bevölkerungskreise auf die Huttwiler Traditionen aufmerksam werden – und damit in Zukunft noch mehr Besucherinnen und Besucher an die lokalen Märkte ins Städtchen strömen werden. Das wiederum wäre dann immerhin ein indirekter Vorteil, der den Huttwilerinnen und Huttwilern aus der Neueintragung ihrer Traditionen ins kantonale Inventar erwachsen würde.
Inventarführung ist Pflicht
Zu den Hintergründen der Überarbeitung: Die Schweiz ist gemäss Unesco-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes dazu verpflichtet, ein Inventar der lebendigen Traditionen zu führen. Dieses wird periodisch überarbeitet und aktualisiert. Die Kantone sind dabei aufgerufen, ihre Einträge regelmässig zu überarbeiten und Neueinträge aus ihren Regionen vorzuschlagen. Im Herbst 2022 rief der Kanton Trägerinnen und Träger von lebendigen Traditionen auf, Vorschläge für Neueinträge einzureichen und bereits eingetragene Beschriebe zu überprüfen. Dieser Überarbeitungsprozess ist nun abgeschlossen. Die aktualisierte Liste der Berner Traditionen ist zu finden unter www.be.ch/lebendige-traditionen.
Von Patrick Jordi/ID