«Ich bin ein ‹Mädchen für alles›»
WBM Madiswil (4): Montage und Verpacken. Silvia Jäggi arbeitet seit 18 Jahren in der WBM Madiswil. Mit vier Jahren Unterbruch, weil es ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich war zu arbeiten. 2010 kehrte sie zurück und hat sich im Betrieb schnell einen wichtigen Platz geschaffen. Wo eine zuverlässige, ausdauernde und geschickte Arbeitskraft gesucht ist, ist Silvia Jäggi zur Stelle, auch für auswärtige Einsätze in der Industrie.
Madiswil · «Für anspruchsvolle Arbeiten steht Silvia Jäggi mit einem Team zur Verfügung», sagt Heinz Burkhardt, Gruppenleiter im Bereich Montage und Verpacken in der WBM Madiswil. Dies bei Einsätzen in externen Betrieben, aber ebenso auf der Abteilung unter dem Dach der WBM, wo Silvia Jäggi sowohl filigranste als auch körperlich schwerere Arbeit flink und zuverlässig erledigt. Mit 90 Mitarbeitenden in Teil- und Vollpensen ist der Bereich Montage und Verpacken der grösste Fachbereich der WBM Madiswil. Entsprechend vielschichtig sind die Arbeiten, und entsprechend komplex ist das Erstellen der Arbeitspläne. So werden die Grösse und die Zusammenstellung der Gruppen flexibel gehalten, um in der Lage zu sein, mehrere Aufträge parallel durchzuführen und Grossaufträge in kürzester Zeit und in bester Qualität auszuführen.
Die Kundenaufträge bewegen sich im Bereich Verpacken, Abpacken und Ausrüsten für die Lebensmittelbranche, für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungsbetriebe. Ebenso vielfältig sind auch die Kundengruppen, die mit externen Arbeitseinsätzen von Einzelpersonen oder in individuellen Gruppengrössen kompetent von WBM-Mitarbeitenden unterstützt werden. Keine Frage deshalb, dass Mitarbeitende wie Silvia Jäggi oft an der Front stehen und gerade im externen Kundenbereich eine wertvolle Brücke zur WBM bilden.
Für das Interview hat sie zur Ansicht eine Auswahl an Produkten ihres Hauptauftraggebers zusammengestellt, Andermatt Biogarten in Grossdietwil. Sie weiss, für wen und was sie ihre Arbeit leistet. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen war sie schon dort im Betrieb, sei es um einsatzweise zu arbeiten oder um das Unternehmen als solches kennenzulernen. Für die Firma Andermatt befüllt sie kleinste Ampullen oder Fläschchen mit Insektiziden und Akariziden für biologischen Pflanzenschutz, packt kleinste und auch grössere Dosen Pflanzenschutzpulver ab, wägt Dünger für verschiedene Packungsgrössen ab … meistens muss sie für diese Arbeiten Handschuhe tragen, je nach Substanz auch eine Schutzbrille. Klar, dass nebst geschickten Händen ebenso technisches Verständnis und ein Flair für Zahlen gefordert sind.
Silvia Jäggi arbeitet in Gruppen, zuweilen, je nach Art und Menge der Arbeit, auch allein. Obwohl sie nur einen Teil ihrer Arbeitszeit in der WBM verbringt und oftmals auswärts im Einsatz steht, weiss sie in jedem Auftragsbereich der Firma Andermatt Bescheid, hat auch Ideen, wie die Aufträge noch effizienter ausgeführt werden können.
Herzblut für die Arbeit
Wenn Silvia Jäggi auswärts arbeitet, tut sie dies vor allem bei Thomi in Lotzwil, in der Hasli Brauerei in Langenthal oder bei Güdel, Langenthal. Sie tut es gern, sehr gern. «Ich mag es den andern in der WBM gönnen, wenn sie auch die Chance erhalten, für Andermatt arbeiten zu dürfen», stellt sie fest. Dieser Satz sagt alles über das Herzblut, welches sie täglich in ihre Arbeit steckt. Die Frage, welche Arbeit ihr am meisten zusage, beantwortet sie strahlend: «Diejenige in der Hasli Brauerei. Wenn wir dort nicht mehr arbeiten dürften, hätte ich grosse Mühe damit.» In der Brauerei ist es vor allem ihre Aufgabe, zu kontrollieren, ob die Bierflaschen gut verschlossen sind, die Etikette schön aufgeklebt ist und auch sonst alles mit der Packung stimmt. Eine grosse Verantwortung, denn anschliessend erfolgt keine Kontrolle mehr, bevor das Bier an die Kundschaft ausgeliefert wird.
Allerdings – eigentlich sei ihre «Lieblingsbüez» das Ausstanzen von Schuhsohlen bei Thomi, präzisiert Silvia Jäggi plötzlich (für Überzieher, die rutschfest sind und in Hygienebereichen über die normalen Schuhe angezogen werden. Anmerkung der Redaktion). «Da muss man sehr exakt vorgehen, denn dieses Material ist sehr teuer, und unnötiger Verschnitt würde den Auftraggeber viel Geld kosten.» Das Gleiche sei bei den Pads für Reinigungsmaschinen. Sorgfalt und Exaktheit seien auch hier gefragt, dazu kräftige Finger. «Abends spüre ich sie manchmal, aber die Arbeit gefällt mir trotzdem.»
Der Bereich Montage und Verpacken wachse extrem, hält Heinz Burkhardt fest. «Als ich vor 20 Jahren hier begonnen habe, umfasste der ganze Betrieb 90 Mitarbeitende. Heute verfügt allein unser Bereich über soviele. 18 Personen können für spezifische Arbeiten und auch auswärts eingesetzt werden.» Mit den Jahren sei es gelungen, in den Gruppen eine grosse Flexibilität zu schaffen. «Unsere Mitarbeitenden sind es gewohnt, auf unsere Anweisung hin eine Arbeit stehen zu lassen und bei einer kurzfristig wichtigeren zuzupacken. Sie sind stolz darauf und freuen sich, Abwechslung zu haben, gefordert zu sein.» Überhaupt werde auch bei Grossaufträgen darauf geachtet, dass niemand länger als drei bis vier Tage daran arbeite. «Sonst stumpfen unsere Leute ab, und auch die Leistungsfähigkeit sinkt.» Umso mehr freut er sich, feststellen zu können: «Unsere Mitarbeitenden sind flexibel, denken mit, helfen Lösungen zu suchen und haben vor allem einen grossen Willen, die Ziele zu erreichen und gute Arbeit zu leisten.»
Die WBM Madiswil erfreut sich im ganzen Oberaargau einer riesigen Akzeptanz und Sympathie. In den 50 Jahren ihres Bestehens ist es ihr dank Offenheit, Flexibilität und geschickter, kompetenter Führung gelungen, ein bewährtes, starkes Beziehungsnetz mit der Industrie, dem Gewerbe und mit den Dienstleistungsanbietern zu bilden und dieses laufend zu erweitern. Dazu gehört auch, offene Augen und Ohren für das zu haben, was in der Wirtschaft und in den Dienstleistungsbranchen läuft. «Wir sind in einer Zeit der grossen Veränderungen im Arbeitsmarkt», sagt Heinz Burkhardt gegenüber dem «UE».
Chance für die WBM
Das sei nicht zu unterschätzen, das Umfeld werde härter. Aber gleichzeitig sei es auch eine Chance, mit der WBM-Crew Nischen zu füllen, wo Arbeitskräfte fehlen oder abgebaut würden.
«So gibt es auch aktuell Projekte mit potenziellen Auftraggebern, die ich angehen werde», sagt er – und wird augenblicklich von Silvia Jäggi unterbrochen. «Schickst du mich, wenn es jemanden braucht? Du weisst, dass ich gerne einspringe», sagt sie und blickt ihren Vorgesetzten bittend an. Er lacht: «Ja, das weiss ich, und ich weiss ebenso genau, dass es gut ist eine Silvia einsetzen zu können, wenn anspruchsvolle Aufgaben ausgeführt werden dürfen.» Dies sei umso praktischer, weil sie immer und überall mit dem Velo unterwegs sei und eigenständig zu jedem Auftraggeber gelange. So ist Silvia Jäggi ein wichtiges Bindeglied zwischen WBM und Kundschaft. Sie schafft durch ihre Zuverlässigkeit, Ausdauer und ihr Geschick Respekt für Menschen mit einer Einschränkung, dazu eine grosse Zufriedenheit mit sich selbst. Entsprechend dankbar ist sie für die leitenden Mitarbeitenden in der WBM. «Es ist mir wichtig zu sagen, wie gerne ich meine Arbeit mache, wie gerne ich mit Heinz Burkhardt und Gabi Nünlist zusammenarbeite. Es ist grossartig, dass sie immer wieder für Aufträge sorgen und dass es ihnen gelingt, alles so zu koordinieren damit unsere Kunden zufrieden sind.»
Trotz aller Begeisterung fürs Arbeiten, Silvia Jäggi räumt sich auch genügend Zeit ein für ihr Privatleben. Jeden Mittwochnachmittag kommen ihre beiden sechs- und vierjährigen Grosskinder zu ihr. Mit viel Freude umsorgt sie die beiden Mädchen. «An den Wochenenden aber mache ich etwas für mich. Am liebsten Velofahren, mit meinem E-Bike, das macht Spass und tut gut.» Nach einer tiefen Krise kehrte die gelernte Hauswirtschaftsangestellte 2010 in die WBM zurück, die sie vier Jahre zuvor wegen gesundheitlichen Problemen verlassen musste. Hier hat Silvia Jäggi dank ihrem eigenen gros-sen Willen und dank dem Verständnis, der Erfahrung und dem Vertrauen ihrer Vorgesetzten ihren Platz im Beruf und auch privat gefunden.
Von Liselotte Jost-Zürcher