• Robert Zemp: Rücktritt als Kirchgemeinderat, aber als Landeskirchenrat weiter für die Römisch-katholische Kirche im Einsatz. · Bild: zvg

23.11.2020
Oberaargau

«Ich blicke optimistisch in die Zukunft»

Robert Zemp amtet seit 24 Jahren als Mitglied des Kirchgemeinderates der Römisch-katholischen Kirche Langenthal, die letzten zehn Jahre als deren Präsident. Nun tritt er Ende Jahr infolge Amtszeitbeschränkung zurück. In seine Zeit fällt vor allem der Systemwechsel des Kirchgemeinderates im Zusammenhang mit der Errichtung des Pastoralraumes Oberaargau als Dach über die vier Pfarreien der Kirchgemeinde Langenthal.

«Es war eine gute Zeit. Ich durfte viele interessante Leute kennenlernen und wertvolle Erfahrungen sammeln», blickt Robert Zemp auf seine Zeit im Kirchgemeinderat der Römisch-katholischen Kirche zurück. «Es ist der
richtige Zeitpunkt, um zurückzutreten. Die Kirchgemeinde hat vieles erreicht und wir stehen an einem Punkt, wo nach personellen Änderungen nun im Pastoralraum ein neues Team starten kann.» Das sei wichtig, da es seit dem Wechsel zum Pastoralraum im Jahr 2016 im Oberaargau einige Probleme gegeben habe (wir berichteten). «Früher war jede der vier Pfarreien eine Einheit für sich. Das hatte den Vorteil, dass die Leitung der jeweiligen Pfarrei näher bei den Leuten war», so der 66-Jährige. «Jetzt ist der Leiter des Pastoralraums alleine für alle vier Pfarreien zuständig. Dadurch fehlt den Leuten eine direkte Ansprechperson vor Ort.»

Neue Personen
Trotzdem blickt Robert Zemp mit einem guten Gefühl in die Zukunft. Am 1. November hat Josef Wiedemeier seine Arbeit als priesterlicher Mitarbeiter aufgenommen. Er übernimmt unter anderem Aufgaben von Pfarreiseelsorger Niklaus Hofer, der auf Ende Oktober den Pastoralraum verlassen hat. «Zudem hat der Kirchgemeinderat auf Vorschlag des Bistums Basel Odo Camponovo befristet als Gemeindeleiter und Pastoralraumleiter angestellt», so Zemp. Auf ihn setzt er grosse Hoffnungen. «Sein Wille zur Zusammenarbeit ist deutlich spürbar.» Diese habe er bei seinem Vorgänger oft vermisst. Den Namen seines potenziellen Nachfolgers als Kirchgemeindepräsident will er noch nicht bekanntgeben.
Dieser wird am 30. November an der Kirchgemeindeversammlung gewählt, zusammen mit zwei weiteren Ratsmitgliedern.

Kommissionen gebildet
Um die Struktur zu professionalisieren, hat der Kirchgemeinderat unter der Führung von Robert Zemp Fachkommissionen gebildet, so zum Beispiel eine Personal- und eine Baukommission. Damit einher ging die Anpassung der Reglemente und Verordnungen der Kirchgemeinde. «Damit sind wir nun organisatorisch sehr gut aufgestellt», ist er überzeugt.
«Die Katholische Kirche im Oberaargau ist in den letzten Jahren eher konservativer geworden», stellt Robert Zemp im Rückblick auf sein langjähriges Engagement fest. Gerne erinnert er sich zum Beispiel an Pfarrer Alois Lingg. «Er war 30 Jahre im Amt und sehr weltoffen, dachte ökumenisch, sah vor allem das Verbindende zwischen den Konfessionen. Für ihn standen immer die Menschen im Zentrum.» Das sei danach nicht mehr immer so gewesen, bedauert der scheidende Kirchgemeindepräsident. Überhaupt seien die jüngeren Theologen wieder eher konservativ. «Aber das ist natürlich von Person zu Person verschieden», schwächt er die Aussage ab.

Bessere Betreuung der Freiwilligen
Abgenommen habe zudem der Wille zur Freiwilligenarbeit. «Das hat neben der Überalterung unter anderem
damit zu tun, dass diese zu wenig betreut wird», glaubt Robert Zemp. Auch dies eine bedauerliche Entwicklung im weitverzweigten Pastoralraum Oberaargau. Zudem sei es auch schwierig, verschiedene Mentalitäten und Ansprüche unter einen Hut zu bringen. «Wangen an der Aare unterscheidet sich klar von Huttwil», nennt er ein Beispiel. «Ich bin jedoch zuversichtlich, dass auch hier nun eine Lösung gefunden wird.»
Viel Einfühlungsvermögen brauche es auch, die verschiedenen Kulturen zu verstehen. «Unsere Kirchgemeinde ist sehr durchmischt, da ihr viele fremdsprachige Menschen angehören.» So leben Menschen aus Süd- und Osteuropa, aber auch Tamilen und Menschen mit dunklerer Hautfarbe ihren Glauben unter dem Dach der Katholischen Kirche. «Hier übernehmen wir eine integrierende Funktion», sagt Robert Zemp nicht ohne Stolz.
Selbstverständlich ist die aktuelle Coronazeit auch an der römisch-
katholischen Kirchgemeinde nicht spurlos vorüber gegangen. «Vor allem die Gottesdienste, die normalerweise in Langenthal zwischen 70 und 100 Leuten besuchen, fallen weg.» Zemp hat sich auch hier eine Lösung überlegt und regt an, die Gottesdienste per Video aufzuzeichnen und so zu den Leuten zu bringen. Zwar verlässt Robert Zemp den Kirchgemeinderat in Langenthal, der Römisch-katholischen Kirche des Kantons Bern bleibt er jedoch als Landeskirchenrat treu. In diesem Vollzugs-, Aufsichts- und Verwaltungsorgan ist er für das Ressort Kommunikation verantwortlich. Eine Arbeit, die ihm liegt, führt der pensionierte Schulleiter der Fachmittelschule Oberaargau und Pro-Rektor am Gymnasium Oberaargau doch in Langenthal ein eigenes Büro für Text und Kommunikation.

Gut zu wissen
Im Spannungsfeld von Kirche und Staat Der Pastoralraum Oberaargau umfasst die vier Pfarreien Langenthal, Herzogenbuchsee, Huttwil und Wangen a.A. Die römisch-katholische Kirchgemeinde Langenthal mit rund 11 000 Mitgliedern erstreckt sich auf dasselbe geographische Gebiet mit den rund 50 politischen Gemeinden. Die Kirchgemeinde ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und für alle Belange ausserhalb der Seelsorge zuständig, also zum Beispiel für die Anstellung des Personals oder für die Immobilien. Sie ist dem Regierungsstatthalter respektive der kantonalen Direktion für Inneres und Justiz unterstellt. Im Bereich der Seelsorge hingegen ist der Pastoralraum der kirchlichen Obrigkeit, dem Bischof des Bistums Basel, unterstellt. Römisch-katholische Kirchgemeindeversammlung, Montag, 30. November, 20 Uhr, katholisches Kirchgemeindehaus, Hasenmattstr. 3.