«Ich glaube daran, dass ich es schaffen kann»
Der Langenthaler Adrian Bajrami hat im letzten Herbst einen mutigen Entscheid gefällt: Er hat seine Sachen gepackt, YB
verlassen und ist nach Lissabon zu Benfica gewechselt. Dort will er sich nun seinen ganz grossen Traum erfüllen – und dem ist er tatsächlich greifbar nahe.
FUSSBALL · Am 7. September ist Adrian Bajrami ins Flugzeug gestiegen, und erst in Lissabon hat er dieses wieder verlassen. Der 16-Jährige hat in Portugal aber nicht etwa Ferien gemacht, sondern sein neues Zuhause so gut wie dorthin verlegt. Der Grund dafür ist der Fussball. Der junge Langenthaler hat sich einen Zweijahresvertrag beim europäischen Topclub ergattert, im vergangenen Sommer hat er den Wechsel nach Lissabon bereits eingefädelt. «Ich war mit YB vor etwa einem Jahr an einem Turnier in Liechtenstein. Im Final trafen wir auf Lissabon. Wir verloren zwar 0:1, aber ich habe einen tollen Match gespielt», erinnert sich Adrian Bajrami. In der Folge haben die Scouts von Lissabon ihn mehrmals beobachtet – und letztlich Interesse angemeldet. «Im Sommer durfte ich den Campus eine Woche lang besuchen, meine potenziellen Teamkameraden kennenlernen und ein erstes Testspiel absolvieren», erinnert sich der Schweiz-Albaner. Dabei hat er auf Anhieb überzeugt und ein Tor geschossen – in der Folge ergab sich dann vieles von selbst. «Ich kann mich noch erinnern, als ich dort angekommen bin. Ich fühlte mich wie im siebten Himmel.»
Zugang zur U18 blieb ihm verwehrt
Damit es dazu kam, musste Adrian Bajrami einzelne Steine in seinem Weg überwinden. Begonnen hat der Langenthaler beim örtlichen Fussballclub. Von der Rankmatte aus ging die Reise via Auswahl «Team TOBE» zum BSC Young Boys. Dort hätte er in der laufenden Saison in der U18 spielen wollen, weil die Chancen für eine EM-Teilnahme mit der Schweizer U17 gestiegen wäre – geplant war Bajrami aber in der U17. Dennoch hätte YB den jungen Verteidiger gerne behalten. «Sie waren nicht erfreut, dass ich die Probewoche in Lissabon absolviert habe», erzählt Bajrami. Für ihn war aber klar: Eine solche Chance will er sich nicht entgehen lassen, so habe er auch nicht reagiert als YB ihm eröffnete, dass er erst wieder spielen würde, wenn er sich auch für die nächsten Jahre zu YB bekennt. «Ich hätte eigentlich auch nach meinem Besuch bei Benfica gerne in der U18 bei YB gespielt. Weil das aber nicht möglich war, wurde der Wechsel zum Thema.»
Erfolgreiche Zwei-Wochen-Diät
Allen Querelen zum Trotz weiss der 16-Jährige schon heute: Das war richtig, das alles hat sich gelohnt. «Das Niveau hier ist viel höher. Und alles ist professioneller.» Aktuell wohnt Bajrami auf dem Campus von Benfica, wo er trainiert, isst und seine Freizeit verbringt. «Alle zwei Wochen werden unsere Daten gemessen. Wer beispielsweise zu viel wiegt, muss eine Diät machen. Ich musste das zu Beginn auch und habe innerhalb von zwei Wochen mein Idealgewicht erreicht», schwärmt der Fussballer vom viel umfassenden Wissen auf dem Benfica-Campus. Alles sei sehr professionell und stark auf den Fussball ausgerichtet. Tagtäglich drehe sich alles ums Trainieren, Essen und Erholen, auch der ersten Mannschaft könne er oft zuschauen, mit dem Schweizer Nationalmannschaftsspieler Haris Seferovic habe er auch hin und wieder Kontakt. «Das wird mir aber nicht langweilig», verneint er die Frage, ob das Leben damit nicht eintönig wird. «Es geht um Fussball. Ich liebe diesen Sport und würde alles dafür tun, um irgendwann einmal davon leben zu können.» Nicht zuletzt mit diesem Ziel sei er überhaupt nach Lissabon gezogen.
«Fussball-Sprache ist universell»
Und dieser Schritt ist wahrlich nicht zu unterschätzen. Bajrami konnte beim Abflug am 7. September nicht ein Wort Portugiesisch, einzig im Schulenglisch – er besuchte die Sekundarschule – könne er fliessend sprechen und verstehen. «Ich habe mich mit einem Engländer angefreundet. Wir sind oft gemeinsam unterwegs», sagt Adrian Bajrami. Zugleich lerne er in jeder Woche viel Portugiesisch, mittlerweile könne er das Meiste verstehen und sogar ein bisschen sprechen. «Und Fussballsprache ist sowieso universell. Auf dem Platz verstehe ich schon jetzt alles, was ich verstehen muss.» Das habe auch mit seinem guten Spielverständnis zu tun, auf welches er stolz ist. «Wenn ein Trainer spricht, ist es egal, welche Sprache er benutzt. Ich kann ein Spiel sehr gut lesen und verstehe, was er von mir will.» Ein bisschen Anpassungszeit war aber dennoch nötig. Gerade technisch sei das Spiel versierter, die Trainings intensiver und konstant auf einem sehr hohen Level. «In der Schweiz war das nicht immer so. Vor einem einfacheren Spiel hat man es auch im Training manchmal etwas lockerer genommen – das kommt hier nicht in Frage.» Als Grund nennt er unter anderem das Abschlussspiel, das in jedem spielerischen Training zum hartnäckigen Fight sterilisiert wird. «Von den Siegern wird ein Foto geschossen. Da will man dabei sein.»
Ein Profivertrag im Mai?
Gelegenheiten dazu wird Adrian Bajrami noch mehrere haben. Aktuell besitzt er einen Vertrag bis 2020, sowieso möchte er diesen aber möglichst bald schon verlängern. «Mein Ziel ist es, bereits im kommenden Mai einen Profi-Vertrag bei Benfica zu unterschreiben.» Dafür leistet er oftmals Extraschichten auf dem Platz oder auch im Zimmer und fokussiert sich voll und ganz aufs Fussballspielen. Party sind kein Thema, gemütliche Erholung ist ihm viel wichtiger.
Ebenfalls weiterhelfen soll derweil die U17-Europameisterschaft, welche er gerne mit der Schweiz bestreiten möchte. Dazu muss er zuerst die Qualifikation überstehen, ausserdem ist noch nicht klar, ob er überhaupt zum Team gehören wird. «Wenn ich es nach Irland schaffe, sind die Chancen gut, dass ich bald schon einen Profivertrag unterschreiben kann.» Damit wäre der talentierte Fussballer seinem Ziel Fussballprofi erneut einen Schritt näher, schon jetzt scheint dieses Ziel greifbar. «Ich würde gerne einmal im Estadio da Luz (Anm. d. Red.: Stadion von Benfica mit 66 000 Plätzen) spielen. Oder noch besser wäre ein Engagement bei Arsenal, meinem Lieblingsklub.» Länderspiele würden da natürlich ebenfalls auf den Wunschzettel gehören, wenn irgendwie möglich möchte er aber unbedingt für die Schweiz antreten. Bereits jetzt hat Bajrami zwar Angebote, um in der U17 von Mazedonien, der U19 von Albanien und der U21 von Kosovo aufzulaufen. Dies seien aber alles nur Notlösungen. Schliesslich habe er seine Karriere der Schweiz zu verdanken, deshalb will er auch einst für Rot-Weiss spielen.
Es geht immer besser
Bis dahin kann zwar noch viel passieren, Adrian Bajrami selbst ist aber überzeugt, dass die Chancen gut stehen. «Ich glaube fest daran, dass ich es schaffen kann.» Er wolle unbedingt fokussiert bleiben und sich weiter zu Bestleistungen pushen. Das habe er auch von seinem Vater gelernt. «Wenn ich ihn frage, ob ich gut gespielt habe, sagt er immer: nicht schlecht. Aber es geht noch besser. Du kannst immer mehr tun.» Das habe er sich zu Herzen genommen. Sowieso würden ihm seine Eltern, die ihn in Lissabon oftmals besuchen, sehr stark unterstützen.
Adrian Bajrami hat nun eine mehrtägige Auszeit in Langenthal genossen und die Weihnachtsferien mit seiner Familie verbracht. Am 2. Januar ist er erneut ins Flugzeug gestiegen und nach Lissabon zurückgekehrt. Und da stehen bereits neue, wichtige Termine und Spiele an. Unter anderem wird am 13. Januar ein Derby gegen Sporting Lissabon ausgetragen. Eine der spannendsten Affichen im portugiesischen Fussball und für Adrian Bajrami ein erstes Highlight in seinem Lissabon-Abenteuer.
Von Leroy Ryser