• Die «Grüne Halle» auf dem Wuhr-Areal in Langenthal bietet den Gästen ein spezielles Einkaufs- und Gastroerlebnis. · Bilder: Walter Ryser

  • WBM-Stiftungsratspräsidentin Karin Habegger und WBM-Geschäftsführer Stephan Weber nahmen erfreut zur Kenntnis, dass das Küchen-Team der «Grünen Halle» bereits am Eröffnungstag stark gefordert war.

23.08.2022
Langenthal

In der «Grünen Halle» steckt viel Leidenschaft

In der Langenthaler Gastro-Szene herrscht Aufbruchstimmung. Nur einen Tag nach der Eröffnung des «przi rest lthal» auf dem Porzi-Areal öffnete im ehemaligen «Ruckstuhl-Gebäude» auf dem Wuhr-Areal die «Grüne Halle» ihre Tore. Die Madiswiler Stiftung WBM (Werkstätte für Behinderte) betreibt hier auf insgesamt 470 Quadratmetern ein Restaurant, einen Frischprodukte- sowie

einen Atelierladen. «Ein solches Projekt gibt es in der Region noch gar nicht, damit treffen wir zweifellos den Nerv der Zeit»,

zeigt sich WBM-Geschäftsführer Stephan Weber am Tag der Eröffnung zuversichtlich.

Madiswil/Langenthal · Stephan Weber, Geschäftsführer der Werkstätte für Behinderte in Madiswil (WBM), und Karin Habegger (Präsidentin Stiftungsrat WBM) strahlen, die Freude ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Mit Stolz und Genugtuung nehmen sie vom grossen Andrang interessierter Besucher Kenntnis, die sich am Eröffnungstag über die Mittagszeit in der «Grünen Halle» aufhalten. Unter dem Motto «Frische, Vielfalt und Freundlichkeit» hat die Stiftung WBM im ehemaligen Ruckstuhl-Gebäude auf dem Wuhr-Areal (Mühleweg 14) in Langenthal ein einzigartiges Projekt realisiert. In den ehemaligen Fabrikhallen bieten der Früchte- und Gemüsehändler «Frischpunkt» aus Madiswil als Untermieter, die WBM-hauseigene Bio-Bäckerei und Kaffeerösterei «Bim Donner» aus Rohrbach, das stiftungseigene Werkatelier sowie der Langenthaler Gastroprofi Aguiar Vagner den Gästen der «Grünen Halle» ein spezielles Einkaufs- und Gastroerlebnis.

Strategieprozess als Auslöser
Entstanden ist das Projekt im Anschluss an einen Strategieprozess 2018. «Damals hatte der Stiftungsrat entschieden, die WBM neu auszurichten und neue Projekte zu lancieren», blendet Stephan Weber zurück. Auslöser dazu waren die sich verändernden Bedürfnisse der Mitarbeitenden der WBM, aber auch deren unterschiedliche Beeinträchtigungen. Dazu hat die WBM seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit der Invalidenversicherung auch einen Ausbildungsbereich aufgebaut. «Dafür müssen wir unser Angebot nahe am ersten Arbeitsmarkt ausrichten, damit die Anforderungen, die an einen Ausbildungsbetrieb gestellt werden, auch entsprechend erfüllt werden können», erläutert Stephan Weber.
Man habe viele Ideen und Vorstellungen von der WBM-Zukunft gehabt, betonten Weber und Karin Habegger. Entstanden ist daraus in einem ersten Schritt die Bio-Bäckerei und Kaffeerösterei «Bim Donner» in Rohrbach. Doch damit begnügte man sich nicht. Bereits 2019 besichtigte man die ehemaligen Ruckstuhl-Fabrikhallen auf dem Wuhr-Areal, die leer standen. Die CoOpera Immobilien AG, Inhaberin des Gebäudes, fragte die WBM an, ob sie Interesse an den Räumlichkeiten am Mühleweg 14 habe. «Da mussten wir nicht lange überlegen, der Ort und die Räumlichkeiten schienen ideal für die Umsetzung unserer vielen Ideen», bemerkt Stephan Weber.
Allerdings gab es bis zur Eröffnung bange Momente zu überstehen. «Als wir die Verträge unterzeichneten, ging es gleich mit Corona los. Während dieser Phase haben wir uns einige Male gefragt, was wir hier eigentlich machen», erläutert der 56-jährige WBM-Geschäftsführer. Seither habe man mehrere 100 000 Franken in das Projekt investiert, gibt er weiter zu verstehen. Das Resultat allerdings begeistert ihn. Es sei von Anfang an das Ziel gewesen, ein inklusives Projekt mit Menschen mit einer Beeinträchtigung und aus verschiedenen Kulturen zu schaffen, die gemeinsam einen Begegnungsort realisieren, an dem eine Durchmischung verschiedener Personengruppen stattfindet. «Das ist uns wirklich gelungen, unsere Leute werden hier sichtbar», freut sich Stephan Weber über das Ergebnis. Dabei habe man vom ersten Projekt in Rohrbach profitieren können, das mit Startschwierigkeiten zu kämpfen hatte und bei dem man laut Weber auch Lehrgeld bezahlt habe. Doch mittlerweile laufe der Betrieb in Rohrbach erfreulich gut.

Ein mutiges Projekt
Trotz aller Euphorie, die am Eröffnungstag verständlicherweise herrschte, gilt die «Grüne Halle» als mutiges Projekt, in einer Zeit, in der die Gastronomie mit grossen Problemen kämpft und in Langenthal der Konkurrenzkampf in diesem Bereich tobt, mit der Eröffnung weiterer Gastro-Betriebe und neuen Fast-Food-Angeboten (von McDonalds und Burger King). Stephan Weber bestätigt denn auch, dass man grossen Respekt vor der neuen Herausforderung habe. Gleichzeitig zeigt er sich aber auch äusserst zuversichtlich: «Ein solches Projekt gibt es in der Region noch gar nicht. Damit treffen wir den Nerv der Zeit, weshalb wir an den Erfolg der ‹Grünen Halle› glauben, die wir nicht als Konkurrenz zu anderen Gastro- und Ladenbetrieben in Langenthal anschauen, sondern als willkommene Ergänzung zu bestehenden Angeboten.»
Vorerst stehe aber die Freude über die gelungene Eröffnung im Vordergrund, geniesst auch Karin Habegger die vielen positiven Reaktionen der Gäste. Die Stiftungsratspräsidentin hebt hervor, dass man über ein super Team verfüge. «In der ‹Grünen Halle› steckt sehr viel Begeisterung und Leidenschaft, die Freude der Mitarbeitenden ist deutlich spürbar», sagt sie. Diese hätten sich in den letzten Wochen stark für dieses Projekt engagiert.

Von Walter Ryser