• Dem Verwaltungsrat des SC Langenthal ist der Kragen geplatzt. Das Stadion Schoren ist nur noch bis 2026 nationalligatauglich, der Profieishockeysport in Langenthal steht ohne neues Stadion vor dem Aus. Der Weg der Stadt dauert dem SCL zu lange. · Bild: Leroy Ryser

08.07.2022
Langenthal

In Langenthal droht das Eis zu schmelzen

Nach langem Stillstand rund um das Projekt Neubau eines Eisstadions folgt nun der politische Bruch zwischen Stadt und Schlittschuhclub: Der SC Langenthal zieht sich laut einer Medienmitteilung des Verwaltungsrates von sämtlichen Planungsgremien zurück und überlegt, ob der Verein auch an einem anderen Ort oder in einer anderen Form existieren könnte. Die Hoffnung, dass der SCL weiterhin in derselben Form in Langenthal fortbesteht, ist aber noch nicht gänzlich erloschen.

Die Medienmitteilung vom Dienstagvormittag vom SC Langenthal hat manch einen überrascht. «Der SC Langenthal prüft Alternativen zum Standort Langenthal», steht gross geschrieben. Dass es beim Projekt Stadionneubau offensichtlich nicht vorwärtsgeht, frustriert den örtlichen Schlittschuhclub. Oder in deutlicheren Worten aus der Medienmitteilung: «Auch die vom Langenthaler Stimmvolk im Jahre 2020 deutlich angenommene Vorlage (75 Prozent Ja-Anteil) für einen Planungskredit ergab bisher keine nennenswerten Fortschritte im für den SCL existenziell wichtigen Vorhaben.» Die Konsequenz daraus: Der Verwaltungsrat des Eishockeyclubs prüft andere Formen, wie der SCL künftig existieren könnte. Geprüft wird hierbei aber nicht nur, ob ein anderer Standort – beispielsweise das Gugelmann-Areal in Roggwil – für das ach so nötige Stadion in Frage käme, sondern auch, ob die erste Mannschaft künftig nur noch als Farmteam oder gar als Amateurmannschaft in einer tieferen Liga existieren wird.

Eine verfahrene Situation
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Der von aussen wahrgenommene Stillstand schlägt dem in den letzten Jahren stets erfolgreichen Verein (drei B-Titel in zehn Jahren) aufs Portemonnaie, auch in der kommenden Saison fehlen Gerüchten zufolge mehrere hunderttausend Franken, um nur konkurrenzfähig zu sein. Mit dem alten Stadion lässt sich kaum Geld verdienen und weil bei Sponsoren oft der Horizont fehlt, wenden sie sich ab.
Die aktuelle Ausgangslage drängt den SCL in die Enge, Lösungen müssen umgehend gesucht werden, sagt VR-Präsident Gian Kämpf: «Das ist keine Trotzreaktion und kein politischer Angriff. Aber es ist ein Fakt, dass wir in einer verfahrenen Situation sind, in der wir umgehend eine Lösung brauchen.» Man wolle auch weiterhin eine starke Swiss League Mannschaft sowie kompetitive Damen- und Nachwuchs-Teams stellen. Um dies auf lange Sicht zu gewährleisten, sei man nun aber gezwungen, alle möglichen Lösungen zu prüfen. Was die Situation im Hard angeht, gilt laut der Medienmitteilung: «Stillstand in diesem existenziellen Projekt ist für uns keine Option.»

Ein Todesstoss für das Hard-Projekt?
Auf Seiten der Stadt ist man von dieser Ohrfeige überrascht: «Wir müssen zuerst analysieren, was die Mitteilung bedeutet, für mich klingt es aber so, als würde der SCL dem Arena-Projekt im Hard selbst den Todesstoss versetzen», sagt Stadtpräsident Reto Müller. Im persönlichen Gespräch mit Gian Kämpf habe er die Situation nicht derart drastisch vernommen, wie sie letztlich in der Mitteilung dargelegt wurde, so Müller.
«Für mich ist klar, dass der SCL finanziell und sportlich ums Überleben der ersten Mannschaft kämpft –, aber ob die Planung an einem anderen Ort schneller voranginge oder ob diese Botschaft die Zustimmung zum Projekt beim Volk erhöht, bezweifle ich. Und zwei Standorte parallel zu planen, erachte ich nicht als sinnvoll.» Ob das Projekt deshalb überhaupt noch weitergeführt wird, müsse nun beidseitig diskutiert werden, sagt der Langenthaler Stadtpräsident und versichert zugleich ergänzend, dass die Stadt weiterhin gesprächsbereit sei. Das Türe-Zuschlagen von Seiten des SCL komme aber in einem ungünstigen Zeitpunkt – auch die öffentliche Wahrnehmung, dass beim Stadionprojekt nichts passiert, verneint Müller. «Wir waren kurz davor, ein konkretes Stadionprojekt zu entwickeln. So weit waren wir noch nie. Das weitere Vorgehen wird nun schon wieder in Frage gestellt und dies leider von unerwarteter Seite.» Kommunikativ habe er zwar keinen guten Job gemacht, aber ein solches Projekt müsse schliesslich seriös geplant werden und brauche Zeit.

Ein Lippenbekenntnis genügt nicht
Das Stadionprojekt im Hard endgültig begraben wollen aber beide Seiten auf direkte Anfrage nicht, dass noch «ein bisschen Hoffnung» besteht, versichern Kämpf und Müller.
Insbesondere der SCL scheint sich in seiner Position aber nicht mehr wohlgefühlt zu haben. «Wir haben bemerkt, dass sich Parteien plötzlich für oder gegen den SCL ausgesprochen haben. Das ist nicht gut. Der SCL gehört dem Volk», so Kämpf. Die Diskussion soll wieder vermehrt dorthin führen, ob die Stadt den Eissport will oder nicht. Nach dieser Antwort müsse sich der SCL dann richten, und darauf wolle man sich nun vorbereiten.
Alleine ein Lippenbekenntnis von der Stadt dürfte wahrscheinlich aber nicht mehr genügen, um den SCL zu retten und langfristig in Langenthal zu behalten. Entsprechend gefordert ist nun auch die Stadt und deren Stadtpräsident Reto Müller. Denn eines ist klar: Sollte es der Stadt Langenthal trotz ihrer beträchtlich vorhandenen finanziellen Mitteln nicht gelingen, das nötige Stadionprojekt zu realisieren, läuft sie Gefahr, einen der besten Werbeträger sowie deren grosse Juniorenabteilung zu verlieren. Dies wäre eine politische Bankrotterklärung.

Von Leroy Ryser