Informieren, politisieren und wachrütteln
Viel war los am vergangenen Wochenende im Langenthaler Stadtzentrum: Jubiläum der Steinerschule auf dem Wuhrplatz, Schnäpplimärit und Wochenmarkt in der Markt- und Spitalgasse und mittendrin der Aktionsstand des Klimastreiks Oberaargau.
Die regionale Gruppe bildete sich nach den ersten Klimastreiks in Bern, welche auf die Norwegerin Greta Thunberg zurückgehen, die jeweils freitags den Schulbesuch verweigerte, um für eine griffige Klimapolitik zu demonstrieren. Die Aktion der Oberaargauer Gruppe vom vergangenen Wochenende war allerdings weder eine der bekannten und lauten Demos, noch ein stiller Streik nach Thunbergs Vorbild, sondern ein Infostand an der Kreuzung Jurastrasse – Marktgasse. «Wir verstehen uns als Interessensgruppe und wollen heute die Bevölkerung informieren», erklärte der 24-jährige Student Dyami Häfliger.
Er bildet zusammen mit einem knappen Dutzend weiteren Mitstreitern das Kernteam, welches die Oberaargauer Aktionen koordiniert. «Dabei gehen wir urdemokratisch vor: Alle dürfen mitreden und Entscheide werden einstimmig gefasst.» Und die Demokratie innerhalb der Bewegung wird schnell gelebt: An einem einzelnen Abend werden in gut zehn Whats-App-Gruppen-Chats alle Freunde des Oberaargauer Komitees befragt und anschlies-send werden die Ideen umgesetzt.
Unterschriften für Jugendpostulat
Deutlich langsamer oder mit einer ausführlicheren Diskussion dürfte der Langenthaler Stadtrat über das Jugendpostulat des Aktionskomitees beschliessen. In diesem fordern die jungen Menschen die Ausrufung des Klimanotstandes in Langenthal und netto null CO2-Emmissionen bis spätestens 2040. Am Stand wurden Unterschriften gesammelt, um ein solches Postulat einzureichen. Unterschreiben 30 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 18 Jahren aus Langenthal, so erhält dieses die gleiche Kraft wie ein Antrag des Gemeinderates oder eines Parlamentariers an den Stadtrat. Noch mehr Diskussionen löst bereits heute die Gletscher-Initiative aus, für die ebenfalls Unterschriften gesammelt wurden.
Neben den politischen Aktionen wurden Second-Hand-Kleider verkauft, vegane Süssigkeiten zum Probieren angeboten und Informationsbroschüren aus verschiedensten Organisationen den Passanten weitergereicht. «Wir suchen selektiv zusammen, was mit unseren Zielen zusammenpasst», erklärte Häfliger die Auswahl der gut 20 aufgelegten Broschüren, welche vor allem die Ernährung und den Konsum betrafen. Die Forderungen münden in einem Ziel, nämlich «Netto-Null Emissionen» in den nächsten Jahren. Darunter wird verstanden, dass alle CO2-Emissionen kompensiert werden oder aber so stark eingeschränkt werden, dass kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre gelangt.
«Dying» als starker Kontrast zum Schnäpplimärit
Im vielbelebten Markttreiben hatte dann doch noch eine publikumswirksame Aktion ihren Platz: Ein gutes Dutzend junger Menschen zogen mit Kartonschildern stumm durch die untere Marktgasse bis vors Choufhüsi, wo sie sich mitten im Getümmel des Schnäpplimärits still an den Boden legten und ein neudeutsch «Dying», ein sogenanntes «Sterben», inszenierten. Der Kontrast zwischen dem schnellem und lautem Konsum einerseits und der einfachen aber auffallenden Protestaktion auf der andern Seite hätte nicht grösser sein können.
Von Patrik Baumann