«Initiative gefährdet Ernährungssicherheit»
Bei der SVP Oberaargau ist man sich einig: «Die Biodiversitätsinitiative gefährdet die Ernährungssicherheit in unserem Land», warnte SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger (Riggisberg) an der Delegiertenversammlung der SVP Oberaargau vor einem zwar gut gemeinten, aber zu extremen Anliegen.
Der wunderbare Sommerabend lud eigentlich dazu ein, die Biodiversität in der Region Oberaargau zu geniessen, was etliche Personen verständlicherweise auch taten. Immerhin deren 32 fanden sich aber im Restaurant Bären in Niederbipp zur Delegiertenversammlung der SVP Oberaargau ein. Auch hier stand die Biodiversität oder die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft» (Biodiversitätsinitiative) im Mittelpunkt des Abends. Am 22. September stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über dieses Anliegen ab.
Eine Million Fussballplätze zusätzlich erforderlich
«Ich bin bereits im Januar für Informationen und Auftritte zu dieser Initiative angefragt worden. Dies zeigt, welche Bedeutung der Biodiversitätsinitiative zukommt», wies SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger (Riggisberg) auf die bevorstehende Abstimmung über das Volksbegehren hin. Rasch war im Saal klar, welche Meinung der Landwirt und Agro-Techniker gegenüber der Initiative vertritt, als er das Vorhaben als gut gemeintes, aber viel zu extremes Anliegen bezeichnete. Der ehemalige Präsident des bernischen Bauernverbandes gab zu verstehen, dass die Landwirte in jüngster Vergangenheit ihre «Hausaufgaben» gemacht und bereits sehr viel zum Schutz der Landschaft und der Natur und damit zur Erhaltung einer vielfältigen Biodiversität unternommen hätten. Der 54-jährige SVP-Nationalrat rief zum Widerstand gegen dieses Begehren auf. Rüegsegger sieht nämlich bei der Annahme dieser Initiative die Ernährungssicherheit in unserem Land gefährdet. Er versuchte dies mit Beispielen und Zahlen zu verdeutlichen. Er erwähnte etwa, dass laut den Initianten künftig 30 Prozent unserer Landesfläche zur Förderung der Biodiver-sität zur Verfügung stehen muss. «Damit fehlen rund 900 000 Hektaren Fläche oder eine Million Fussballplätze, die zusätzlich für dieses Ansinnen zur Verfügung stehen müssten.» Dies würde laut Rüegsegger zum Verlust von Kulturland führen, würde die Lebensmittelproduktion schwächen, die Abhängigkeit vom Ausland erhöhen und den ökologischen Fussabdruck nicht beseitigen, sondern lediglich in andere Länder auslagern. «Was wir nicht selbst produzieren, müssen wir importieren. Diese Lebensmittel werden in der Regel mit tieferen Umwelt- und Qualitätsstandards als bei uns hergestellt», machte der Nationalrat auf die Folgen aufmerksam, die bei Annahme der Initiative drohen.
Hohe Mehrkosten drohen
Der produzierenden Landwirtschaft würden künftig rund 40 000 Hektaren weniger Ackerflächen zur Verfügung stehen, was der Grösse des Genfersees entspreche. Betroffen wäre laut Hans Jörg Rüegsegger aber nicht bloss die hiesige Lebensmittelproduktion, wie er weiter ausführte. Die Initiative hätte auch Einschränkungen bei der Waldnutzung zur Folge, was auch hier zu vermehrten Holzimporten führen würde, erläuterte er. «Aber auch die Bauwirtschaft würde die Folgen der Annahme dieser Initiative zu spüren bekommen, würde es doch zu grossen Einschränkungen wegen eines höheren Schutzes der Ortsbilder kommen und zu erschwerten Baubewilligungsverfahren führen.» Letztendlich vermutet der Referent, dass die Folgen der Initiative Bund und Kantone jährliche Mehrkosten in der Höhe von 375 bis 450 Millionen Franken bescheren würde. Nach dem flammenden Appell von SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger erstaunte es nicht mehr, dass die anwesenden Delegierten mit grossem Mehr die NEIN-Parole für die Abstimmung über die Biodiversitätsinitiative fassten.
Von Walter Ryser