• Daniel Bisten präsentiert seinen Insekten-Snack-Teller. · Bild: Leroy Ryser

08.09.2017
Luzerner Hinterland

Insektenfood ist bereit für den Verzehr

Nach langem Warten und Testen kann der Gasthof Engel ab Dienstag Insekten verkaufen. Einen Ansturm erwartet Inhaber Daniel Bisten deshalb nicht. Und dennoch wartet er gespannt auf die Reaktionen für seine Neuheit.

Hüswil · Daniel Bisten hält einen gläsernen Teller mit Speisen und Saucen in der Hand. «Ein Apero», wie er es nennt. Chips, Nachos, ein gebackener Gugelhupf und Falafeln. Eine gut riechende Kombination, gerade richtig für eine Vorspeise. Aber obwohl es so scheint, ist es keineswegs ein gewöhnlicher Aperoteller. Vielmehr ist es eine Neuheit, die es europaweit noch gar nicht gibt. Daniel Bisten hält nämlich ein Insektenapero in den Händen, welches ab Dienstag im Gasthof Engel auf der Speisekarte steht.

Seit zwei Jahren wird getestet
Es ist mittlerweile über 22 Jahre her, als sich Daniel Bisten erstmals mit Insekten beschäftigte. Damals arbeitete er während zwei Jahren in China und besuchte in seinen Ferien das nahegelegene Thailand. Dort sah er auf einem Markt Insekten, probierte diese und war angenehm überrascht, wie gut die Insekten sind. Im Jahr 1997 kamen er und seine Frau in die Schweiz zurück und übernahmen den Gasthof Engel in vierter Generation. Insekten waren damals noch kein Thema, schon früh schuf sich der Gasthof Engel aber einen Namen mit besonderen Spezialitäten. Bald wurden neben gutbürgerlicher Küche auch Indonesische Spezialitäten angeboten. Es war schliesslich ein Insektenapero im Bundeshaus, welches das Thema Insekten auch für Daniel Bisten wieder auf den Tisch brachte. Seither sind rund zweieinhalb Jahre vergangen, in denen der Inhaber des Gasthof Engel alles für den kommenden Dienstag vorbereitet hat. «Wir haben eine Firma gegründet, mit welchen wir Insekten-Snacks herstellen. Wir haben einiges ausprobiert und getestet, bis wir nur noch auf die Möglichkeit warten konnten, diese auch verkaufen zu dürfen», sagt Daniel Bisten. Seit dem 1. Mai ist diese Chance nun ganz nahe. Damals wurde das Lebensmittelgesetz angepasst, sodass Mehlwürmer, Europäische Wanderheuschrecken und Heimchen (Grillen) verzehrt werden dürfen. Seit etwas mehr als zwei Monaten ist es ausserdem möglich, diese zu produzieren, sodass der Verkauf nun endgültig lanciert werden kann. «Ich freue mich sehr darauf und bin gespannt, wie das anläuft», sagt Daniel Bisten. Er erwarte keinen Ansturm am kommenden Dienstag. Vielmehr gehe er davon aus, dass sich dieses Angebot zuerst etablieren muss. «Unsere Grossväter haben keine Crevetten gegessen. Das ist heute aber Standard», erklärt Daniel Bisten. Daher sei es möglich, dass auch Mehlwürmer irgendwann zum Standard gehören. Ebenso kann das Interesse aber rasch abflauen und die Mehlwürmer werden vom Speiseplan verschwinden. Sowieso freut sich Daniel Bisten darauf, Pionierarbeit zu leisten. In der EU ist der Verkauf von Insekten noch nicht erlaubt, ebenso sind Restaurants, die Insektenfood anbieten, auch in der Schweiz noch selten.

Niemand muss sich ekeln
Die Produktion von Insekten – beispielsweise Mehlwürmer – ist derweil interessant und lukrativ. Von der Geburt bis zur Ernte der Mehlwürmer dauert es nur acht Wochen, ausserdem ist der Platzbedarf für die Produktion deutlich geringer als beispielsweise bei Rindfleisch, und Wasser wird fast keines benötigt. Diese geschmacklich neutralen Nahrungsmittel liefern viele Proteine, welche den menschlichen Bedarf decken können. «Wer beispielsweise weniger Fleisch essen möchte, aber nicht auf tierische Proteine verzichten will, findet in Insekten eine passable Alternative», erklärt Daniel Bisten. Diese werden vor der Auslieferung schockgefrostet und damit getötet, ehe sie erhitzt werden, um Bakterien zu beseitigen, um später wieder für die Auslieferung gefroren zu werden. Danach werden Mehlwürmer zubereitet, damit der Ekelfaktor ausbleibt. «Ein Teller Mehlwürmer ist nicht ideal – zudem ist er nicht interessant. Wenn sie aber die Mehlwürmer angenehm und anschaulich zubereiten, ist das weniger ein Problem.» So werden Mehlwürmer beispielsweise für Chips oder Falafeln gebraucht, ebenso können sie auch einem Reisgericht beigemischt werden. «Wer jetzt denkt, dass bald überall Mehlwürmer drin sind, der täuscht sich», sagt Daniel Bisten und hängt an: «Cordon bleu wird weiterhin ohne Würmer serviert. Und wer keine Insekten testen will, der muss auch nicht.»Dass ein grosses Interesse besteht, das spürt aber auch Daniel Bisten. Seit das Thema konstant in den Medien ist, hat er beinahe täglich Anfragen, ob im Gasthof Engel Insekten getestet werden können. «Nach dem langen Hin und Her, bis alle Grundlagen vorhanden waren, bin ich gespannt und freue mich darauf, meinen Gästen Insekten anzubieten.» Die aufgrund der noch aufwendigen Produktion nicht ganz billigen Nahrungsmittel werden pro Person ab 18 Franken beispielsweise in Form eines Aperotellers verkauft. Wer zu den Interessierten gehört, kann sich ab Dienstag bei Daniel Bisten beraten lassen.

Von Leroy Ryser