• Die Idee, im Chammerewald einen Baumwipfelpfad zu realisieren, hatte auch beim Mitwirkungsverfahren Richtplan Ortsentwicklung einen schweren Stand. · Symbolbild: Thomas Peter

  • Gemeinderat und Lehrpersonen befürworten die Aufhebung des Schulhauses Nyffel, die Mehrheit der Teilnehmenden am Mitwirkungsbericht hingegen nicht. · Archivbild: Marion Heiniger

27.11.2023
Huttwil

Ja zur Marschrichtung, aber nicht überall

Die Gemeinde Huttwil hat die beiden Mitwirkungsberichte zum Richtplan Ortsentwicklung und zur Schulraumplanung online

gestellt. Grossmehrheitlich wurde von den Teilnehmenden die Marschrichtung des Gemeinderats gutgeheissen. Hingegen scheiden sich bei der angedachten Schliessung des Schulhauses Nyffel die Geister. Auf wenig Zustimmung stösst der Baumwipfelpfad.

An der schriftlichen Mitwirkung zur Schulraumplanung haben 143 Personen teilgenommen, 103 davon sind in Huttwil wohnhaft und 37 Lehrpersonen haben auswärtigen Wohnsitz, 3 Eingaben waren ungültig. «Mit Zustimmungen zwischen 75 % und 92 % wird die Haltung des Gemeinderates in den meisten Fragestellungen deutlich gestützt», heisst es im Mitwirkungsbericht. Am höchsten war dabei die Zustimmung für den Gemeinderat bei der (hypothetischen) Frage nach einem möglichen Schulstandort im alten Spital SRO. Dieser wird von 92 Prozent der Mitwirkenden abgelehnt. Auch der Gemeinderat spricht sich dagegen aus.

Kredit für Machbarkeitsstudie für das Schulhaus Nyffel wurde bewilligt
Dafür gab es für den Gemeinderat eine «sanfte Abfuhr» in Sachen «Aufhebung des Schulstandortes Nyffel». 59 Prozent der Mitwirkenden sprach sich ganz (49 %) oder eher (10 %) gegen eine Schliessung aus. In den Kommentaren haben sich 26 Personen für den Erhalt des Standortes Nyffel ausgesprochen,. Zwei Personen sprechen sich für die Aufhebung Nyffel aus und fünf Mitwirkende haben diverse Punkte kommentiert. Anders als die Bevölkerung sieht es allerdings die nicht in Huttwil wohnende Lehrerschaft: 78 % sprechen sich für die Aufhebung aus und stützen damit die Haltung des Gemeinderates. «Der Gemeinderat nimmt diese Resultate ernst und prüft eine vereinfachte Variante Nyffel. Dafür und für die spätere Machbarkeitsstudie wurde ein Kredit von 360 000 Franken bewilligt», heisst es im Bericht. Zudem schreibt der Gemeinderat in diesem Zusammenhang: Bei der neuen Variante «Nyffel light» (Arbeitstitel) sei keine Erweiterung der bestehenden Gebäude vorgesehen, sondern das Schulhaus würde mit der aktuellen Ge­bäu­de­hülle saniert. «Die Klassenorganisation müsste den räumlichen Bedin­gungen angepasst werden, was vermutlich eine Abweichung der vorgesehenen Klassenstrukturen nach sich ziehen würde. Wenn eine Variante ‹Nyffel light› umgesetzt wird, hätte dies primär Auswirkungen auf die Standorte Städtli und Schwarzenbach (weniger Lernende) und sekundär auch auf Zyklus 3 Hofmatt.»

Mehrheit gegen neue Turnhalle
«Der Gemeinderat ist der Meinung, dass auf den Bau einer neuen Turnhalle verzichtet werden soll und für die Deckung eines allfälligen Mehrbedarfs an Hallenkapazitäten aus finanziellen Überlegungen eine Mietlösung im Sportzentrum (eventuell Campus Perspektiven) gesucht werden soll.» Diese Mitwirkungsfrage wurde von 77 Prozent mit Ja (59 %) oder eher Ja (18 %) befürwortet, während sich nur 23 % für oder eher für einen Turnhallenbau aussprachen. «In den allgemeinen Kommentaren wird die Sorge benannt, wie sich der Campus Perspektiven mittelfristig entwickeln wird und ob eine Miete der Turnhalle dann auch über diesen Zeitraum möglich sein wird», heisst es im Bericht.
Mit dem Gemeinderat einig waren sich die Mitwirkenden bei der Frage nach einem gestaffelten Vorgehen (zuerst die Oberstufe, dann die Primarstufe), das 76 Prozent mit Ja (42 %) oder eher Ja (34 %) befürworten. Ebenfalls klare Zustimmung (74 %) gab es bei der Frage, ob an allen Schulstandorten Klassenzüge vom Kindergarten bis zur 6. Klasse einzurichten sind.

Vorerst kein Provisorium Hofmatt
«Da im Sommer 2024 wie vorgesehen voraussichtlich zwei Klassen der Oberstufe reduziert werden, gibt es wieder etwas ‹Luft› im Schulhaus. Daher hat der Gemeinderat die Absicht, nicht vor Abschluss der Machbarkeitsstudie über ein Provisorium zu entscheiden, dieses jedoch auch nicht auszuschliessen», hält der Gemeinderat fest. Dem Wunsch von Vereinen, in die Schulraumplanung einbezogen zu werden, entspricht der Gemeinderat nicht: «Da die Schulraumplanung keinen Bau einer Turnhalle vorsieht, werden die Vereine nicht in dieser Planungsphase miteinbezogen.»

Möglichkeit, Synergien zu nutzen
Zwar seien die Projekte «Schulraumplanung» und «neues Feuerwehrmagazin» zeitlich nicht aufeinander abgestimmt, dennoch sieht der Gemeinderat Chan­cen, Synergien zu nutzen. «Bei beiden Projekten gibt es mindestens drei verschiedene Varianten. Falls beim Projekt ‹neues Feuerwehrmagazin› der Standort Städtli gewählt würde, stellt sich die Frage, ob mit der Schulraumplanung Synergieeffekte erzielt werden könnten. Zur Prüfung dieser möglichen Synergien müssen zuerst die Machbarkeitsstudien beider Projekte und die entsprechende Varianten- und somit Standortwahl geklärt werden.»

KIBE: Warum setzt man auf den Schulstandort Schwarzenbach?
Eine Stimme, die nicht unerwähnt bleiben soll: Die KIBE gibt in einer Stellungnahme folgendes zu bedenken: «Uns ist aufgefallen, dass die Gemeinde ihre eigene Ortsplanung nicht berücksichtigt. Da muss man Schulwege und Transfers zwischen den Standorten und deren Sicherheit planen. Fast alle Wohneinheiten sollen in Nordquartieren entstehen, aber man will aus finanziellen Gründen auf die Option SRO verzichten oder auch ein Ausbau des alten Werkhofs ist nirgends als Option angedacht. Warum setzt man auf Schwarzenbach? Auch dort werden keine neuen Wohneinheiten realisiert werden. Es wird nicht berücksichtigt, dass die Tagesschule mitwachsen wird. Wir wären grundsätzlich aber auch offen, den Standort der Tagesschule in einen Neubau auszulagern. Voraussetzung für einen neuen Standort wäre die Nähe zu den Schulen Hofmatt und Städtli. Wir erwarten, dass wir als Betreiberin der Tagesschule in sämtliche für uns relevanten Umplanungsarbeiten von Anfang an miteinbezogen werden.»

Viel Zustimmung beim Richtplan Ortsentwicklung, aber ...
Weniger übersichtlich präsentiert sich der Mitwirkungsbericht zum Richtplan Ortsentwicklung, in dem der Gemeinderat zu einzelnen Mitwirkungskommentaren vorwiegend zu Einzelparzellen und -fragen detailliert Stel­-
lung nimmt. Bei den Mitwirkungskernfragen, die von 66 Teilnehmenden beantwortet wurden, stösst der Gemeinderat aber ebenso auf grossmehr­heitlich klare Zustimmung. So fand die Zielrichtung «Verdichtetes Bauen vor allem nach innen» durch die Umnutzung der Areale Sägerei Schürch und Feuerwehr bei 83 Prozent ein positives Echo. Mögliche Auszonungen befürworteten 75 % und die zwei­etappige Erweiterung des Industriegebietes Kammernmoos um total 5,2 Hektaren wird mit 76 % positiv beurteilt.

Keine Mehrheit für Baumwipfelpfad
Während der Erhalt und Ausbau von siedlungsprägenden Grünräumen sowie von Wanderwegen, Walking- und Bikerrouten als auch des Fuss- und Veloverkehrsnetztes im Städtli im Mitwirkungsverfahren mit je über 80 % un­terstützt wird, stiess der angedachte Baumwipfelpfad bei 56 % der Teilnehmenden auf Ablehnung. «Der ökonomische und ökologische Nutzen eines Baumwipfelpfad im Chammerewald ist kontraproduktiv.» – «Nicht nötig und sicher defizitär.» – «Um Wissen zu Bäumen zu vermitteln, braucht es keinen Baumwipfelpfad. Ein beschrifteter Weg am Boden würde denselben Zweck erfüllen», heisst es unter anderem in den Kommentaren. Dazu die Stellungnahme des Gemeinderates: «Beim Baumwipfelpfad steht nicht die Aussicht im Fokus, sondern das Erleben des Waldes aus einer anderen Perspektive, das Vermitteln von Wissen und damit die Schärfung des Bewusstseins für die Natur.» Dadurch könnten auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Zudem führt der Gemeinderat ins Feld: «Die Umzonung des Areals Schürch kann nur in Verbindung mit der Erweiterung respektive Einzonung des Industrielandes erfolgen. Die Einzonung ist nur bewilligungsfähig, wenn das öV-Angebot ausgebaut wird. Die Verbesserung der öV-Erschliess­ung steht wiederum in Abhängigkeit mit der Realisierung eines Tourismusangebotes wie zum Beispiel ein Baumwipfelpfad. Die vier Abhängigkeiten stehen in direktem Zusammenhang und sind inhaltlich nicht zu trennen.»

Ja zum ausgebauten öV
Damit steht und fällt entsprechend dem Gemeinderat auch der Ausbau des ortsinternen öV-Angebotes und des öffentlichen Regionalverkehrs, den 75 % der Mitwirkenden unterstützen. Hier gibt die BLS zu bedenken, dass ein Angebotsausbau beispielsweise mit der Realisierung der S-Bahnhaltestelle Rüttistalden nicht isoliert betrachten werden dürfe, sondern in die übergeordneten (über-)regionalen Fahrplan-Planungen miteinbezogen werden müsse, da zusätzliche Angebote in Huttwil Auswirkungen auf die Knoten Langenthal, Wolhusen und Luzern haben können. Schliesslich gaben die Teilnehmenden auch der vom Gemeinderat vorgeschlagenen Marschrichtung in Energiefragen recht. Raumwärme zu 70 % aus erneuerbaren Energie: 77 % Zustimmung. 80 % der Elektrizität soll aus erneuerbaren Energien stammen: 86 % Zustimmung. Dass sich Huttwil bei der kommunalen Energiepolitik am Label Energiestadt orientieren soll, fanden dann nur noch 68 % gut. Über den Richtplan wird nicht an einer Gemeindeversammlung abgestimmt. Die Eingaben des Mitwirkungsberichtes fliessen allenfalls in den Richtplan ein. Danach werden die Vorprüfungsakten erstellt und dem AGR (Amt für Gemeinden und Raumordnung) eingereicht, das die Akten prüft und bereinigt, bevor sie wieder zurück an den Gemeinderat zur Beschlussfassung gehen, was Mitte bis Ende 2024 der Fall sein dürfte. Mit der Genehmigung durch den Kanton wird im Jahre 2025 gerechnet. Danach ist der Richtplan für die Gemeinde verbindlich.

Von Thomas Peter