Jan Minder: Ein Titel für das Selbstvertrauen
Das war ein «Schock», aber der positiven Art: Der Motorradmechaniker Jan Minder wurde Ende 2022 vom Berufsverband Zweirad Schweiz als Teilnehmer für den Berufs-Europacup in Bern ausgewählt. Doch das blieb nicht die einzige Überraschung für den 22-jährigen Ursenbacher. Er setzte sich Ende Februar 2023 gegen 15 Kontrahenten aus acht Ländern durch und gewann den Titel. Was bedeutet ihm dieser Erfolg? «Er schenkt mir Selbstvertrauen», meint Jan Minder in aller Bescheidenheit.
Ursenbach · Dass Jan Minder überhaupt nominiert wurde, das hat ihn selbst wohl am meisten überrascht: «Damit habe ich wirklich nicht gerechnet.» Die Anfrage vom Berufsverband Zweirad Schweiz führt er auf die gute Note bei den Abschlussprüfungen im vergangenen Frühjahr zurück. Was für eine Note denn? Erst nach zweifachem Zögern rückt er damit heraus. «5,3». Damit gehörte er zu den Besten im Kanton Bern und kam in «die Kränze» beim Schweizer Berufsverband.
Als einer von zwei Motorradmechanikern durfte er am Europacup in Bern teilnehmen, der am 24. Februar im Rahmen einer Motorradmesse über die Bühne ging. Acht Nationen mit je zwei Vertretern bei den Motorrad- und zwei bei den Velomechanikern gingen dabei an den Start. Jede und jeder kämpfte aber für sich.
Zeit und Publikum als Stressfaktor
Die Aufgabenstellung am Wettkampf war vielschichtig. Insgesamt sechs Prüfungen standen auf dem Programm, bei dem die Teilnehmenden pro Posten je 45 Minuten Zeit hatten. Und alle wurden an einem einzigen Tag «abgespult». Unter anderem galt es, eine Kupplung zu kontrollieren und zu reparieren; Motor- und Elektronikteile auszumessen, ob sie überhaupt ins Motorrad passen, sowie ihre Funktionsfähigkeit zu testen; eine Gabel zu revidieren mit Öl- und Dichtring-Wechsel und einiges mehr. «Der Druck war gross, die Zeit oftmals ziemlich knapp», nennt Jan Minder das Herausforderndste während dem Wettkampf. Zudem fand der Europacup im Rahmen einer Motorradmesse steht. «Es gab viele Leute, die vorbeischauten. Da musste man die Nerven behalten. Wenn nicht alles gleich auf Anhieb klappt und viele zusehen, dann sorgt das für zusätzliche Stressmomente.»
Selbstvertrauen gewonnen
Die Konkurrenz war stark, vor allem die aus Holland und Deutschland. «Doch die Schweizer gehörten in den letzten Jahren immer zu den Besten. Vermutlich, weil wir wohl auch die besten Ausbildungsbedingungen haben», glaubt Jan Minder. Und auch diesmal durfte sich ein Schweizer zuoberst auf dem Podest wiederfinden: Jan Minder aus Ursenbach, der seine Ausbildung bei der Spaetig Motorrad AG in Ursenbach genoss und bei seinem Lehrbetrieb geblieben ist.
Was hat dieser Titel bei ihm ausgelöst? Jan Minder zögert, überlegt die Antwort etwas länger: «Ich bin schon auch etwas stolz», sagt er mit viel sympathischer Zurückhaltung. «Es gibt mir Selbstvertrauen. Wenn man selbst zweifelt, so hilft dies sicher, weil man weiss, dass man doch auf dem richtigen Weg ist.» Er ist zweifellos kein Mann der lauthalsen Worte. Aber gefeiert hat er den Titel natürlich dennoch. Zuerst ein Abendessen mit allen Teilnehmenden und dann ging es ab in den feiernden Ausgang. Und mit von der Partie war die Belegschaft der Spaetig Motorrad AG, die einen Firmenausflug an die Motorradmesse unternommen hat. Die Kollegen waren denn auch an der Rangverkündigung dabei und haben mitgefiebert. «Das war schon sehr cool.»
Und wie haben die Betriebschefs auf seinen Erfolg reagiert? «Sie haben sich mit mir gefreut». Gibt’s eine Gehaltserhöhung? «Ich habe gefragt, leider nein», lacht Jan Minder verschmitzt. Im Sommer wird er die Berufsmatur in Angriff nehmen. «Dann schauen wir weiter.» Sicher wird er dem Beruf treu bleiben, denn «Mich hat der Aufbau und die Funktionsweise von mechanischen Geräten schon immer fasziniert. Dadurch und durch die Freude am Fahren habe ich mich für diesen Beruf entschieden.» Worauf freut er sich jetzt am meisten. «Auf den Start der Motorradsaison, ganz klar.» Denn Motorradfahren gehört zur ganz grossen Leidenschaft von Jan Minder, der gegenwärtig eine BMW 800 R fährt.
Von Thomas Peter