Jetzt klappt es bei Bracher auch im Vierer
Europacup in Innsbruck – Bobpilot Clemens Bracher ist der regionale Sportler der Stunde. Erster Weltcup-Sieg, EM-Silber und Doppelschweizermeister. Und nun siegte der 30-jährige Wäseler mit dem Viererschlitten am Europacup in Innsbruck. Sein erster internationaler Erfolg mit dem grossen Bob.
Bob · «Momentan läuft es wirklich äusserst gut», meint Wasens Bobpilot Clemens Bracher. Wo der 30-Jährige derzeit im Eiskanal antritt, resultieren am Ende mindestens Podestplätze, zuletzt sogar ausschliesslich Siege. So geschehen auch am Europacup-Viererrennen in Innsbruck am Dreikönigstag.
Europa- statt Weltcupeinsatz
Bracher verzichtete bewusst auf die zeitgleich stattfindenden Weltcuprennen in Altenberg. Dort, wo er vor Wochen schwer stürtzte und sich eine Absplitterung in der Kniescheibe zuzog. «Diesen Splitter spüre ich leider immer wieder. Ich komme nicht um Schmerzmittel herum», erklärt der Teamchef. «Für eine Operation vor den Olympischen Spielen reicht die Zeit aber nicht mehr aus. So muss ich wohl ober übel auf die Zähne beissen.» Während den Ernstkämpfen wirkt allerdings das Adrenalin, womit der Schmerz nicht spürbar ist. So auch am Europacup-Rennen in Innsbruck. «Wir konnten uns eine ganze Woche lang auf den Einsatz mit dem Viererschlitten fokussieren. Dies hat zum guten Resultat beigetragen», erklärt Bracher.
Starke Startzeiten
Gerade mit den beiden Starts war der bärtige Steuerkünstler zufrieden. «Endlich gelangen uns im Vierer Startzeiten, wie ich sie mir erhoffe.» Bloss der sonstige Weltcupstarter Justin Olsen aus Amerika (2. Rang) war mit seiner Crew mit den Startzeiten 5,01 und 4,99 Sekunden schneller als das Bobteam Bracher (5,07 und 5,11). Anschliessend zauberte Clemens Bracher an den Steuerseilen. Gerade im unteren Bereich des Eiskanals war der Wäseler der Konkurrenz überlegen. Am Ende siegte das Emmentaler Bobteam mit 0,29 Sekunden Vorsprung auf die Amerikaner sowie 18 weiteren Schlitten.
Veränderung bei den Anschiebern
Im Viererschlitten von Clemens Bracher sass erstmals Fabio Badraun vom Bobteam Rico Peter. «Dies war ein Entscheid des Verbandes», klärt Clemens Bracher auf. Sämtliche Schweizer
Bobanschieber mussten sich Ende Jahr einem Test unterziehen. Dabei schnitt Badraun besser ab als die Bracher-Anschieber Marcel Dobler, Alain Knuser und Marco Dörig. Und darum wurde der Ersatzanschieber von Peter dem Bob von Bracher zugeteilt. Er gehörte neben Pilot Bracher, Michael Kuonen und Martin Meier zum in Innsbruck siegreichen Quartett. Ob Badraun allerdings auch beim bevorstehenden Weltcuprennen in St. Moritz im Schlitten von Clemens Bracher sitzt, ist sehr fragwürdig. Dies, weil sich Rico Peters Anschieber Martin Amrhein bei einem Sturz am Weltcup in Altenberg das Schlüsselbein brach. Damit dürfte Ersatzmann Badraun in seinen Stammbob zurückkehren. «Meine Teammitglieder, welche in Innsbruck zuschauen mussten, waren natürlich nicht glücklich darüber. Doch sie haben den Entscheid ohne zu Murren hingenommen, da sie am Tag X des Anschieber-Testes halt die schlechteren Resultate lieferten als ihre direkten Konkurrenten», fasst Clemens Bracher das nicht immer einfach zu verstehende sowie zu akzeptierende Anschieber-System von Swiss Sliding zusammen.
Wohl mit beiden Schlitten in Pyeongchang
Nach dem Vierererfolg im Europacup sind Clemens Brachers Chancen, auch mit dem grossen Schlitten an den Olympischen Spielen in Südkorea im Februar für die Schweiz an den Start gehen zu können, stark gestiegen. Auf Papier hat Bracher nun 50 Prozent der Olympiaquali im Sack. Effektiv dürften es viel mehr sein, denn neben Rico Peter drängt sich derzeit kein zweites Schweizer Bobteam für den Grossanlass auf. Und: Clemens Bracher hat die gesamte Vierer-Konkurrenz an den Schweizermeisterschaften in St. Moritz Ende Jahr bezwungen. «Ich möchte am Weltcuprennen in St. Moritz den Sack zumachen und auch im Vierer die Olympia-Quali sichern», zeigt sich Bracher gewohnt ehrgeizig. Es spricht aber alles dafür, dass der Wäseler Polysportler – Bracher ist auch ein ausgezeichneter Hornusser, Volleyballer und Eishockeyaner – sein grosses Karriereziel «Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2018» mit beiden Schlitten bereits geschafft hat. Was definitiv gefestigt ist: Clemens Bracher kann in Pyeongchang im Zweierbob mit seinem Stammanschieber Michael Kuonen – der zweitbeste Anschieber der Schweiz hinter Peter-Teammitglied Simon Friedli – an den Start gehen.
Auszug aus der Rangliste: Viererbob (20 Klassierte): 1. Schweiz (Clemens Bracher, Fabio Badraun, Martin Meier, Michael Kuonen), 1:42,72; 2. Amerika, 1:43,01; 3. Holland, 1:43,06; 5. Schweiz II, Michael Vogt, 1:43,53.
Von Stefan Leuenberger