• Seit 30 Jahren dirigiert Fritz Graber den Brass Band Posaunenchor Ochlenberg. · Bild: Liselotte Jost-Zürcher

04.02.2020
Oberaargau

Jubiläum und ein grandioses Kirchenkonzert

Die diesjährigen Kirchenkonzerte des Brass Band Posaunenchors Ochlenberg stehen im Zeichen des 30-Jahr-Jubiläums des Dirigenten Fritz Graber. Den ersten beiden Konzerten in der Kirche Rohrbach vom vergangenen Wochenende werden am Freitagabend, 7. Februar, in Utzenstorf und am Samstagabend, 9. Februar, zwei weitere folgen – wie gewohnt mit höchsten Ansprüchen, atemberaubenden Soli und mitreissender Musik.

 

Rohrbach · Wuchtig eröffnete der Brass Band Posaunenchor Ochlenberg sein Konzert mit dem Stück «Glory Fanfare» von Otto M. Schwarz, um nach der Begrüs-sung durch den Präsidenten Matthias Krähenbühl gleich mit dem passenden Marsch «Jubilee!» von Paul Drury fortzufahren. Aufschluss, warum dieser dermassen anspruchsvolle Marsch zusätzlich in einem solch sportlichen Tempo gespielt wurde, gab es allerdings erst später.
30 Jahre sind es her, seit Fritz Graber den Dirigentenstab des Brass Band Posaunenchors Ochlenberg ergriffen hat. 700 Auftritte hatte der Posaunenchor in dieser Zeit, rund 1400 Proben leitete Fritz Graber; die Proben mit der Jugendband und seine Jugendarbeit nicht eingerechnet.

Taktstock bleibt in der Familie
Seine Wahl, seine erste Zeit als Dirigent, fiel in die Präsidialzeit von Hansueli Wüthrich (1987 bis 1994). «Als uns 1989 der langjährige Dirigent Christian Graber eröffnete, dass er die Kirchenkonzerte 1990 nicht mehr dirigieren möchte, wurde mir fast ‹gschmuech›», meinte er. Dessen Kompetenz zu ersetzen würde schwierig und zeitaufwändig werden. «Wir kamen jedoch auf die glorreiche Idee, in den eigenen Reihen zu suchen.» Seine Anfrage begann er bei den Cornets zuäusserst links und hatte auf Anhieb Erfolg. Das spontane Ja des Solo-Cornettisten war der Beginn einer überaus fruchtbaren und mittlerweile 30 Jahre dauernden Zusammenarbeit. Und der Dirigentenstab blieb in der Familie: Der Solo-Cornettist – er ist in dieser Funktion bis heute tätig – ist Fritz Graber, der Sohn von Christian Graber.
Nachdem die ersten beiden Programmstücke ein bisschen an die Posaunen von Jericho erinnerten und die Mauern der Kirche Rohrbach auf die Probe stellten, folgte nun das wunderschön weiche, fast ein bisschen tröstlich wirkende «In my Life, Lord, be glorified» von Kevin Metcalf.
Auch der Präsident von 1995 bis 1999, Martin Wagner, wartete mit einer Erinnerung auf. Das Flügelhorn sei das schönste Instrument, das es gebe. Und auch das gefährlichste.
Vorteilhaft nahe am Dirigenten, musste Martin Wagner damals die Gefahr des Taktstocks schmerzlich erfahren. Es kostete eine neue, aber auch eine bessere Brille: «Plötzlich sah ich die Pianos, welche ich vorher nicht mehr erkennen konnte.»
Mit dem traumhaft schönen, ergreifenden Solo vom Es-Cornettisten Gerhard Burkhalter gelangte das Konzert zu einem absoluten Höhepunkt. «Let me tray again» riss das Publikum in der sehr gut besetzten Kirche Rohrbach fast von den Bänken. Nach Spielende blieb es einen Augenblick lang still, bis der Applaus losbrach.

Einmaliges «Timeout»
Auch Gerhard Burkhalter stand einst an der Vereinsspitze des Brass Band Posaunenchors Ochlenberg, nämlich von 1999 bis 2005. Das 10-Jahr-Jubiläum des Dirigenten liess man verstreichen; das 11-Jahr-Jubiläum wurde dann gefeiert. Speziell, mit einem «Geschenk» für den Dirigenten, der eine Direktionspause wünschte und demnach sein 11. Konzert nicht dirigierte. Dies übernahm ein Gastdirigent.
Fritz Graber genoss die Zeit in jenem Winter, die ihm jetzt mehr für die Familie und den Bauernhof zur Verfügung stand. «Aber ds Konzärt het er nid chönne gniesse, das si haut eifach äm Fritz sini Konzärt», blickte Gerhard Burkhalter zurück. «Är het nüt chönne gstaute und nüt beiiflusse. U mir si froh. So nes ‹timeout› hets nie meh gä.»

Stärker als alle Mauern
Nun folgte das wiederum sehr anspruchsvolle, dynamische Stück, welches den Inbegriff der Posaunenchöre ausdrückt, namentlich und auch von seiner Bedeutung her: «Turris Fortissima» («ein starker Turm») von Steven Ponsford. Das Stück beinhaltet das Credo der Bewohner einer alten englischen, von dicken Mauern umgebenen Stadt, die bewusst auf Gott als besten Beschützer vertrauen; vielmehr als auf ihre festen Mauern. Steven Ponsford wurde 1983 in Plymouth als Sohn einer Familie geboren, die in der Heilsarmee aktiv war. Als er 15 Jahre alt war, schrieb er seine ersten Stücke für kleinere Ensembles, Sommercamps und Jugendbands. Während seiner Zeit als Mitglied der Plymouth Congress Hall Band erweiterte er seine Kenntnisse als Komponist und die Band spielte an den Konzerten regelmässig Stücke von ihm. 2003 publizierte der Heilsarmee-Verlag ein erstes Stück von ihm («Praise Party»), seither sind viele weitere Werke erschienen.

Überpünktlich
Auch Esther Wüthrich, Posaunenchor-Präsidentin von 2005 bis 2015, blickte auf köstliche «Nöte» mit «ihrem» Dirigenten zurück. Dieser hatte oder hat es bis heute zum Brauch, das Sprichwort «Zwei Minuten vor der Zeit ist das Gebot der Pünktlichkeit» etwas zu ernst zu nehmen. Vor allem, wenn vor den Jahreskonzerten jeweils auch die Jugendband spielte, tendierte er darauf, zwei, drei Minuten zu früh zu beginnen. Esther Wüthrich hatte jeweils die grösste Mühe, ihn zurückzuhalten. «Meistens konnte ich mich durchsetzen. Fritz Graber dachte wohl, manchmal sei es besser, bei den Frauen ‹nachzugeben›, man könne dann wieder besser ‹gschire› mit ihnen.» Die Zeit habe er jeweils mit dem Spieltempo wieder nachgeholt. Voilà – deshalb also der «Jubilée! Marsch» in diesem schwindelerregenden Tempo. Denn auch am letzten Sonntag wurde sehr pünktlich mit dem Konzert begonnen.
Nach der «William Tell Ouverture» von Gioachino Rossini mit dem Xylophon-Solo von Florian Wüthrich gab sich das Publikum nicht zufrieden, ohne nochmals einige dieser virtuosen, perfekt gespielten Takte zu hören. «Vitae Lux» (Frode Alnaes) mit weiteren wunderbaren Soli und Paul Lovatt-Coopers «Wall of Sound» bildeten den Schluss des Konzerts. Standing Ovations folgten, was der Brass Band Posaunenchor Ochlenberg mit zwei sehr gegensätzlichen Zugaben belohnte: «Toccata» von Johann Sebastian Bach in einer überaus anspruchsvollen, soloreichen Performation für Brass Band und dem weichen irischen Segenslied «Irish Blessing» (Joyce Eilers Bacak).
Das Kirchenkonzert des Brass Band Posaunenchor Ochlenberg wird am nächsten Freitag, 7. Februar, 20 Uhr im FEG Utzenstorf und am Sonntag, 9. Februar, 20 Uhr in der Mehrzweckhalle Thörigen wiederholt.

Infos: www.posaunenchor-ochlenberg.ch

Von Liselotte Jost-Zürcher