Jugendlicher Dichterwettstreit im «Old Capitol»
Rund 200 Schülerinnen und Schüler aus Lotzwil, Heimisbach, Langnau, Thun und Niederscherli nahmen 2018/2019 in ihren Schulklassen an den Workshops von «Slam@School» teil. Dabei wurden sie von Slam-Profis gecoacht. Acht der Jugendlichen durften sich am Dienstagabend am Finale im «Old Capitol» Langenthal messen. Sieger wurde der 15-jährige Noah Gugger aus Trub, der mit seinem «Leben eines Moonliners» klar obenaus schwang.
«Es braucht viel Mut, hervorzutreten und Texte zu performen», stellte der Langenthaler Slam Poet und Kabarettist am Dienstagabend im «Old Capitol» fest. Gemeinsam mit seinem Berner Kollegen Remo Rickenbacher moderierte er das diesjährige Finale von «Slam@School». Acht Finalistinnen und Finalisten aus Lotzwil, Langnau, Thun und Niederscherli durften vor einem rund 150-köpfigen Publikum performen, was sie selbst mit herrlicher, jugendlicher Fantasie geschrieben haben. «Sackstark» darf man zweifellos bezeichnen, was die acht jungen Leute im Rahmen des «Dichterwettstreits» des Slam Poetry in fünf Berner Schulen geleistet haben. Sie wurden von sechs Auserwählten aus dem Publikum bewertet, begleitet vom tosenden und verdienten Applaus der rund 150 Anwesenden.
Mit viel Fantasie getextet, mit viel Mut und Talent vorgetragen
Die 14-jährige Lotzwilerin Leonie Erdin hatte die undankbare Aufgabe, als Erste auf die Bühne treten zu müssen. Mit meisterhafter Flexibilität liess sie einfliessen, dass sie «schon froh» gewesen wäre, wenn sie nicht hätte den Anfang machen müssen. Tragikomisch schilderte sie die Situation, dass im ehemaligen Langenthaler Kino alle in dieselbe Richtung schauen würden, nur sie ganz alleine in die andere, «aber jemand muss doch das Publikum unterhalten. Innerlich schreie ich um Hilfe, und das nicht eben leise.»
Ihr folgte die Schülerin aus Niederscherli, Malina Hostettler, die sich selbstbewusst auf der Bühne einrichtete und ohne den erlaubten «Zettel» ihre drollige, unterhaltsame «Freundessuche eines alten Fussballs» schilderte. Von 40 möglichen erhielt sie starke 35 Punkte.
Der Thuner Raffael Rut hielt, mit ebenfalls sehr grossem Applaus, Einkehr in die virtuelle Welt, und Julie Wegmüller aus Sternenberg beschrieb mit einer ganzen Reihe von aktuellen Hits und in vier Sprachen ihren «greatest day of my life». Auch sie verschaffte sich 35 Punkte. Ivan Santschi aus Thun liess das Publikum mit seinem Zahnarztbesuch «mitleiden», bevor der Star des Abends das Mikrofon ergriff.
Der Truber Noah Gugger erläuterte das Leben eines Moonliners, dessen kurze Nachtstunden, die nicht selten angeheiterten Gäste und das erschwerte Liebesleben des «leidgeprüften» Busses: «Ich hätte mir mein Liebesleben mit Frieda, einer schönen Mercedes-Dame, gewünscht. Aber ich habe keine Chance: ‹Du stinkst und bist verkotzt› war ihr Bescheid.» Nun, der Moonliner wechselte seine Funktion und diente vom Tag X an als Städtebus. Das wisse Frieda zu schätzen, aber: «Manchmal trauere ich dem Leben als Moonliner trotzdem nach.» Noah erhielt 39 verdiente Punkte und durfte den begehrten Pokal mit nach Hause nehmen.
Er liess den beiden noch folgenden Slam Poetinnen, der 14-jährigen Joy Marti aus Lotzwil mit ihrer Betrachtung über das Slam Poetry in der Schule und der gleichaltrigen Selina Wüthrich aus Niederscherli keine Chance, nach dem Pokal zu greifen, obwohl auch die beiden Mädchen ihre Aufgabe mit viel Talent lösten.
Das Projekt «Slam@School» wurde 2012 von der Kulturschaffenden Tina Messer (Spoken Word Biel) und den beiden Berner Spoken Word Autoren Remo Rickenbacher und Valerio Moser ins Leben gerufen. Slam@School konnte erstmals im Schuljahr 2013/14 durchgeführt werden und bestach sogleich mit durchschlagendem Erfolg. Die Workshop-Reihe wurde daraufhin im Schuljahr 2015/16 erneut ausgetragen und schliesslich im Schuljahr 2017/18 auf die Sekundarstufe II ausgeweitet. Aktuell fanden die Workshops in Lotzwil, Heimisbach, Langnau, Thun und Niederscherli statt. 200 Jugendliche nahmen dabei am «Wort-Wettstreit» teil. Am Finalabend waren unter anderem Vertreterinnen der Erziehungsdirektion vertreten – und zeigten sich begeistert. Die Umsetzung der Work-shopreihe erfolgt im Auftrag der Erziehungsdirektion Bern zur Förderung des kulturellen Austausches an Schulen. Besonders zentrumsferne und kulturell benachteiligte Schulen sollen von dem aussergewöhnlichen Angebot profitieren können. Dementsprechend werden Schulen aus ländlichen Regionen (aktuell im Emmental oder Oberaargau) bevorzugt. Schon bald werden die nächsten Ausschreibungen erfolgen.
Es ist den Schulen freigestellt, sich für das Projekt zu bewerben oder nicht.
Die Austragung des Finals fand erstmals in Langenthal statt.