Kampf der Wortgiganten
Poetry Slam – der Wettkampf der Dichter, Texter und Geschichtenerzähler. Am vergangenen Samstagabend hat der Verein «Kulturei Sumiswald» im Schloss Sumiswald einen ebensolchen organisiert. Begeisterte Zuschauer applaudierten bis die Handflächen rauchten.
Sumiswald · Bei einem Poetry Slam gibt es nur wenige Regeln», erklärte der Moderator des Abends, Peter Heiniger, der selbst erfolgreich an Poetry Slams teilnimmt. Ganz ohne Regeln geht es gleichwohl nicht. Die Wichtigsten sind:
– Die Texte müssen vom Künstler selbst stammen;
– Der Zeitlimit beträgt sechs Minuten;
– Wer überzieht, wird an diesem Abend mit einem antiken Posthorn unterbrochen und muss von dem Wettkampf zurücktreten;
– Es dürfen keine Requisiten verwendet werden.
– Gesang ist nur massvoll erlaubt – nicht mehr als die Hälfte des Auftritts;
– Respect the poet – es gibt kein Ausbuhen und kein demonstratives Desinteresse.
Weiter erklärte Peter Heiniger für die Slam Neulinge im Raum: «Zu Beginn des Wettkampfs werden fünf Leute aus dem Publikum ausgewählt, die sich in der ersten Runde als Jury betätigen. Jedes Jurymitglied hat pro Darbietung eine Stimme und vergibt Punkte von
1 bis 10, dabei steht 1 für ‹ganz schlecht›, 10 für ‹der absolute Hammer›. Die beste und die schlechteste Note werden gestrichen. Nach der ersten Runde scheiden von den sechs Teilnehmenden die beiden mit den wenigsten Punkten aus.»
Ab jetzt entschied das ganze Publikum über Sieg und Niederlage. Wer mehr Applaus bekam, darf weitermachen. Im Halbfinale traten die Dichter im Duell «Dichter gegen Dichter» gegeneinander an. Die beiden Sieger zogen ins Finale ein. Aus Olten, Basel und Langnau waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angereist. Die Texte reichten von nicht ganz ernstgemeinten Liebesgedichten (darunter die Ode eines Flohs an seine Wirtin) bis zu den Gedanken eines Spruch-Kalenders.
Die Poeten standen nur mit dem Textblatt bewaffnet auf der Bühne. Requisiten aller Art sind gemäss Regel 3 verboten, dazu gehört auch jegliche Art Verkleidung. Nur die eigene Wortakrobatik und Humor können ins Feld geführt werden. Unterhaltung auf höchstem Niveau – direkt, ohne Filter.
Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum Schluss
Die Entscheidung, wer in die zweite Runde vorrücken konnte, war nicht leicht. Nachdem Kilian Ziegler (amtierender Schweizermeister), Remo Zumstein (Schweizermeister 2017) und Gina Walter (U20 Schweizermeisterin 2017) aufgestiegen waren, musste das Publikum über den vierten Halbfinalisten entscheiden.
Lisa Christ und Remo Rickenbacher lagen mit und ohne Streichnoten gleichauf. Lisa machte das Rennen und konnte sich mit ihrem Text «Der Thron der Jugend» auch gegen Kilian Zieglers «Ode an Mike Müller» behaupten. Ebenfalls ins Finale zog Remo Zumstein, der sich gegen Gina Walter nur knapp durchsetzen konnte. Beide Male musste Peter Heiniger Entscheidungshilfe von «Kulturei»-Präsident Werner Heiniger holen.
Viel Applaus und Whisky
Traditionell erhält der Sieger eines Poetry Slams eine Flasche Whisky. Das schottische Feuerwasser konnte Lisa Christ mit nach Hause nehmen. Ihre feurige Rede zum Muttersein brachte ihr die Gunst der Zuhörerinnen und Zuhörer. Remo Zumstein packte den zweiten Platz in seinen Rucksack – in dem er in seinen sechs Final-Minuten lustige und nachdenkliche Lebens-erinnerungen verstaut hatte.
Die Zuschauer feierten nicht nur Lisa als Gewinnerin, sondern jubelten auch für die anderen Künstlerinnen und Künstler. Der Abend war ein voller Erfolg. Auch für den Verein «Kulturei Sumiswald». Etwa 100 Leute drängten sich für den Poetry Slam in den Rittersaal im Schloss Sumiswald. «Wir mussten sogar Leute wieder nach Hause schicken», bedauert Werner Heiniger.
Von Alina Dubach