Kampf gegen Foodwaste erfasst die Stadt
Das Verschwenden von Essen wird auch im Oberaargau immer mehr zum Thema. In Langenthal ist nun auch eine App gegen Foodwaste auf dem Vormarsch, zwei Cafés sind bereits dabei, weitere Partner werden gesucht.
Spätestens vor zwei Jahren hat das Thema Foodwaste Langenthal erreicht. Mit der «RestEssbar» wurde ein Kühlschrank ins Leben gerufen, in dem Essen, das noch gut ist, aber weggeworfen würde, für andere Menschen deponiert werden kann. Unter anderem die Suteria macht bereits mit, auch Privatpersonen deponieren Lebensmittel an der Käsereistrasse, um Foodwaste zu reduzieren und sozial schwächere Personen zu unterstützen.
Mittlerweile geht der Kampf gegen Foodwaste weiter. Die schweizweit tätige App «Too good to go» sagt gemeinsam mit dem Smartphone der Essensverschwendung den Kampf an. Hierbei können Restaurants, Hotels, Kaffees und Verkaufsläden mitmachen und Essen anmelden, das am Abend des Werktages weggeschmissen würde. Dieses wird dann zu einem reduzierten Preis bei Ladenschluss abgegeben, wenn es noch vorhanden ist. Auf der App ist für die Käufer ersichtlich, wo im Umkreis «Foodbags», also Essenstaschen, erhältlich sind, via App bezahlen sie diese dann auch gleich und holen sie später vor Ort ab.
Möglichst einfach kämpfen
Delila Kurtovic, Mediensprecherin von «Too good to go», spricht von einer Win-Win-Situation an drei Ecken. Einerseits kann die Ware, wenn auch weit günstiger, immerhin dennoch verkauft werden, andererseits erhalten sozial schwächere Personen die Möglichkeit, Waren günstiger zu erwerben, und zuletzt wird vor allem Foodwaste bekämpft. «Die Idee ist es, dass solche Unternehmen unterschiedlich grosse Portionen zu einem Preis von etwa einem Drittel abgeben. Im App können sie angeben, wie viele Portionen sie täglich anbieten wollen, das wird dann alles automatisch via App erfasst und abgewickelt», so Kurtovic. Das Ziel von «Too good to go» sei nicht zuletzt auch eine einfache Abwicklung. Wer sich anmelden will, kann das mittlerweile sehr schnell. «Wir haben schon 1100 Partner, rund 300 000 Nutzer und retten auf diese Art ständig Mahlzeiten. Beispielsweise im Kanton Bern waren es seit Juni 2018 rund 10 000.»
Gerettet wird dabei aber nicht wie im A-la-carte-Restaurant, sondern ohne Vorwissen. In einer Portion kann letztlich alles Mögliche sein. «Der Betrieb gibt jeweils die Zeit an und entscheidet selbst, was er in eine Portion integrieren will. Das kann dann auch varieren. Wichtig ist nur, dass er den Wert in etwa gleich hält», sagt Delila Kurtovic. Diese Überraschung sei längst ein Teil von «Too good to go», möglich ist einzig, beispielsweise vegetarisch zu bestellen, wenn dies das Unternehmen anbietet.
Zwei Anbieter in Langenthal
Aktuell verhandelt «Too good to go» auch mit der Migros, im Kanton Luzern machen bereits jetzt viele Niederlassungen mit, weitere sollen folgen. Seit diesem Jahr können über die App auch Portionen in Langenthal gerettet werden, aktuell machen das «Caffè Spettacolo» am Bahnhof und das «Suter›s Stadt Café» im Zentrum mit. «Der Grund mitzumachen ist einfach: Weniger Foodwaste», sagt Nico Dettling, der für die Suter-Kette das Projekt standortübergreifend betreut. Gerade altes Brot werde entweder zu Paniermehl oder Tierfutter verarbeitet, viel lieber würden sie es aber verkaufen. «Warten wir einen Tag mit dem Verkauf, entspricht die Ware nicht mehr unseren Qualitätsvorgaben. Also sind wir froh, wenn wir es dennoch abgeben können.» Rentabel sei dies zwar längst nicht mehr, gut gerechnet reiche es vielleicht gerade für eine Nullnummer, so Dettling. Dennoch werden täglich rund drei Portionen via App angeboten, die in erster Linie vor allem Brot beinhaltet. «Wir versuchen in jeder Portion verschiedenes anzubieten. Beispielsweise eine Patisserie, ein Sandwich oder sogar ein Menu. So sind auch die Kunden zufriedener, andererseits ist von uns als Bäckerei zu erwarten, dass grundsätzlich auch Brot angeboten wird.» Seit dem Start vor etwa drei Wochen wurden in Langenthal über 30 Portionen gerettet, täglich in etwa 2,3 im Schnitt. Bei der Suter-Kette sind bereits sieben Filialen und auch zwei Kantinen mit dabei, die «Too good to go» nutzen. Der Aufwand, so Dettling, lohne sich zwar finanziell nicht, aber immerhin moralisch, weshalb das App auch künftig an allen Standorten betreut wird.
Schon länger dabei ist derweil das Caffè Spettacolo, seit der Wiedereröffnung am 8. Februar 2019 wird «Too good to go» angeboten. In allen 30 Spettacolo-Betrieben der Schweiz konnten dadurch seit Jahresbeginn über 6800 Foodbags gerettet werden, in Langenthal steht die Zahl bei über 70. «Als Food-Convenience-Anbieterin sind wir uns dem Thema «Foodwaste» bewusst. Wir wollen mit der Partnerschaft mit «Too good to go» ein Zeichen setzen», sagt Martin Zehnder von der Valora Management AG, welche das Spettacolo betreibt. Mit dem Kundenzuspruch seien sie sehr zufrieden, weshalb das App auch weiterbetrieben wird.
Die Anbieter von Too good to go sind weiterhin auf der Suche nach neuen Partnern, damit Foodwaste noch besser reduziert werden kann. Langenthal hat durchaus noch Potenzial, tatsächlich wurde das Oberaargauer Zentrum nun aber endgültig vom Kampf gegen «Foodwaste» erfasst.
Von Leroy Ryser