Kaum Teilnehmer und Traktanden, viel Palaver
Das Budget für das Jahr 2022 der Gemeinde Huttwil ist tiefrot und weist ein Minus von 666 398 Franken auf. Diese Zahlen gaben an der Gemeindeversammlung den wenigen Teilnehmenden Anlass, viel und heftig darüber zu reden.
Huttwil · Ganze 27 Personen fanden sich im Städtlisaal des Hotel Kleiner Prinz in Huttwil zur ordentlichen Gemeindeversammlung ein. Dieser Aufmarsch entspricht nicht einmal einem Prozent der insgesamt 3502 stimmberechtigten Einwohner von Huttwil. Ganz genau waren 0,77 Prozent der Stimmberechtigten anwesend. Das garstige Winterwetter, die unspektakuläre Traktandenliste mit lediglich drei Programmpunkten und die verschärften Corona-Regeln (Maskenpflicht, Abstand) dürften dazu beigetragen haben, dass sich viele gegen eine Teilnahme entschieden haben.
Wenig Teilnehmer und kaum Traktanden bedeutet aber noch lange nicht, dass die Gemeindeversammlung im Schnellzugstempo absolviert wird. Schon gar nicht in Huttwil. Es waren die üblichen «Verdächtigen», die sich zu Wort meldeten und sich besorgt zeigten über die aktuelle Entwicklung in der Gemeinde. Allen voran Erich Stamm, der sich in der Rolle des äusserst kritischen und sachverständigen Gemeindebürgers gefiel und den Anwesenden klar zu machen versuchte, sich von den vorliegenden Budget-Zahlen nicht täuschen zu lassen.
Nur die halbe Wahrheit
Er sprach im Zusammenhang mit dem Defizit von 666 398 Franken von einem «geschönten» Budget 2022. Stamm wies darauf hin, dass aufgrund der Neubewertung des amtlichen Wertes der Liegenschaften das Budget nur die halbe Wahrheit erzähle und in der Tat das Defizit eigentlich viel höher ausfallen würde. Für ihn war deshalb klar: «Ein solches Budget kann ich nicht verantworten.» Er forderte deshalb den Gemeinderat explizit dazu auf, im Finanzplan für die nächsten Jahre aufzuzeigen, wie man einen ausgeglichenen Finanzhaushalt erreichen könne.
Anderer Meinung war dagegen Paul Mumenthaler, der Erich Stamm die Stange hielt und kund tat, dass man das vorliegende Budget nicht dramatisieren solle. Mumenthaler wies dabei auf das nach wie vor beachtliche Eigenkapital der Gemeinde hin, aber auch auf die verschiedenen Spezialfinanzierungen, die zum Teil Überschüsse erzielen. «Angesichts dieser Tatsachen ist das vorliegende Defizit überhaupt nicht dramatisch», zeigte sich Paul Mumenthaler deutlich weniger besorgt als sein Vorredner.
Mahnende Worte
Beruhigen konnte er damit nur einen Teil der Anwesenden, nicht aber Walter Urech, der dem Gemeinderat klar zu verstehen gab, dass es so nicht weitergehen könne. Huttwil müsse in Zukunft mit sinkenden Steuereinnahmen rechnen. Diesbezüglich ist Urech vor allem die Absicht des Gemeinderates, allenfalls den Städtlisaal zu kaufen, ein Dorn im Auge. Er riet dem Gemeinderat, die Finger von diesem Geschäft zu lassen, weil man sich mit dem Kauf des Saales nur Probleme und hohe finanzielle Kosten aufbürde.
Gleicher Meinung war auch Manfred Loosli, der mahnte, dass man nicht einfach endlos Geld ausgeben könne. «Es ist mir durchaus bewusst, dass die Gemeinde investieren muss, der Gemeinderat muss aber auch einen Weg finden, die Investitionen in die richtigen Relationen zu setzen.»
Das war der Moment, in dem sich der ehemalige Gemeinderat Adrian Wüthrich einschaltete. Er warnte davor, den Gemeinderat dazu zu drängen, Investitionen aufzuschieben. Im Investitionsplan befänden sich nämlich Projekte, die schon lange hätten ausgeführt werden sollen. Wüthrich war auch der Meinung, dass man die aktuelle Lage nicht so schwarz malen sollte, «denn die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Jahresrechnungen jeweils besser abschlossen als budgetiert.»
«Gemeinde muss investieren»
Gemeindepräsident Walter Rohrbach zeigte Verständnis für die Sorgen der anwesenden Stimmbürger, machte aber auch klar, dass die Gemeinde investieren müsse. Er machte dazu ein Beispiel und erwähnte, dass Huttwil aktuell wachse. «Es leben immer mehr Leute in unserer Gemeinde, Leute mit schulpflichtigen Kindern. Das führt dazu, dass neue Klassen entstehen, was zusätzliche Kosten verursacht, weil neuer Schulraum benötigt wird.»
Rohrbach machte weiter klar, dass es für den Gemeinderat keine Option sei, gewisse Investitionen hinauszuschieben oder diese zu kürzen. Das sei nicht zielführend, weil diese Investitionen irgendwann dennoch anfallen würden, gab er zu verstehen. Das Hauptproblem der Gemeinde liege aktuell darin, dass Huttwil zwar wachse, aber gleichzeitig immer weniger steuerpflichtige Personen habe. Trotz des wenig erfreulichen Budgets 2022 habe sich der Gemeinderat dazu entschlossen, keine Steuererhöhung zu beantragen. Rohrbach versicherte aber: «Der Gemeinderat wird bei der Entwicklung der Finanzen genau hinschauen. Deshalb wird dieser Bereich das Hauptthema bei der kommenden Klausur des Gemeinderates sein.
Ach ja, dann war da noch dies: Letztendlich genehmigten nämlich die 27 anwesenden Stimmbürger das vorliegende Budget 2022 mit 21 Ja-Stimmen gegen 6 Nein-Stimmen.
Dann ging es noch darum, die Teilrevision des Übertragungsreglementes der Industriellen Betriebe Huttwil (IBH) zu genehmigen. Damit nämlich die Gemeinde auch weiterhin Konzessionsabgaben erheben kann, braucht es eine entsprechende Anpassung der reglementarischen Grundlage (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Neu werden nicht bloss die Kunden der IBH eine Konzession zu entrichten haben, sondern auch die Kunden der BKW AG. Dieser Anpassung stimmte die Versammlung diskussionslos zu.
Von Walter Ryser