Kavallerie Gedenkritt mit Werner Gerber
Vor 50 Jahren wurde die Kavallerie in der Schweizer Armee abgeschafft. Bisher wurden Gedenkanlässe im Schachen in Aarau durchgeführt. Aber für das 50. Jubiläum stand nun etwas ganz Aussergewöhnliches an, nämlich ein Gedenkritt von Bière nach Aarau. 251 Kilometer in acht Tagen mit 65 Pferden. An diesem denkwürdigen Ritt hat auch der 76-jährige Werner Gerber aus Auswil teilgenommen.
Auswil · Als Organisator für den Gedenkritt zeichneten sich die Schweizer Kavallerie-Schwadron 1972 und die Berner Dragoner 1779 verantwortlich. Geplant war ein mehrtägiger, überaus anspruchsvoller Ritt mit militärischem Dienstbetrieb nach Kavallerie-Manier. «Natürlich lag für uns im Fokus, den grossartigen Geist der Kavallerie weiterzugeben, die Kameradschaft zu pflegen und vereinsübergreifend die militärische Reitertradition aufleben zu lassen», betont der Initiant und Oberst a. D. Jürg Liechti.
Und genau diese gelebte Kameradschaft gehört zu den schönsten Erfahrungen, die der Auswiler Werner Gerber machen durfte. «Diese Hilfsbereitschaft in unserem Zug hat mich be-eindruckt. Man half einander beim Satteln oder beim nächtlichen Pferdetränken. Das gab es während meiner damaligen Dienstzeit nie, dass mir ein Oberst beim Satteln half. Aber auf diesem Gedenkritt wurden die militärischen Ränge nicht hervorgehoben, denn jeder packte mit an und es gab keine Unterschiede», erzählt Werner Gerber, welcher die RS bei der Kavallerie absolvierte. Die Reiter mussten verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Bereit sein, bei schlechter Witterung zu reiten und sich in einem militärischen Dienstbetrieb mit Hierarchie einzuordnen, gehörten dazu.
Zweifel beiseitegelegt und das Training aufgenommen
Werner Gerber hatte durch einen Kollegen vom geplanten Ritt erfahren und meldete sich sofort online an. «Aber in vielen Nächten darauf plagten mich Zweifel, ob ich die langen Tage, das mehrfache Auf- und Absteigen vom Pferd und die Märsche packen würde. Ich wollte mich mehrmals abmelden, aber Jürg Liechti verwarf meine Befürchtungen und meinte, so etwas gäbe es dann nie mehr. Also liess ich meine Anmeldung bestehen, erzählte aber kaum jemandem von meinem Vorhaben», schmunzelt der 76-Jährige, welcher dann gute vier Wochen mit seinem Moritzburger-Wallach «Ebbo» für den Ritt trainierte, indem er längere Reittouren mit ihm unternah-m, -inklusive der schweren und nicht -gewohnten Vorderpackung an sei-nem eigenen Ordonnanz-Sattel. Der 18-jährige schwarze Wallach ist seit elf Jahren im Besitz von Werner Gerber. Um die Pferde zu schonen, wurde auf dem Gedenkritt mit reduzierter Packung geritten, also ohne Gewehre oder Gamellen. «Ebbo» hat den Ritt ohne Probleme gemeistert, war bis zum letzten Tag motiviert und fleissig unterwegs.
Gefreute Begegnungen und Besuche unterwegs
Immer wieder mal wurden die Reiter auf ihrer Route mit einem feinen Apéro überrascht und genossen Gastrecht bei Landwirten, die sie verwöhnten. Obwohl der Trupp wenig durch Dörfer ritt, kamen viele positive Reaktionen aus der Bevölkerung. Und die Möglichkeit, die Reiter während der Mittagshalte oder am Abend zu besuchen, wurde rege genutzt: «Wir hatten auch musikalischen Besuch mit verschiedenen Dragoner-Chörli, die uns mit ihrem Gesang grosse Freude machten.» Begleitet wurden die 65 Reiter durch Arzt, Veterinär, Hufschmied, Sattler, Trompeter und Hilfspersonal, gesamthaft waren 80 Teilnehmer zu zählen. Der jüngste Reiter war 27 und der -älteste 79. Aus der «UE»-Region wa-ren Paul Sommer (Rohrbachgraben), Kurt Emmenegger (Langenthal), Josef Christen (Schwarzenbach), Silas Gra-ber (Madiswil) und Alfons Arnet (Gett-nau) mit dabei.
An die Grenzen gegangen
Die Gesundheit war ein wichtiger Faktor, denn der Reiter musste in der Lage sein, während mehreren Tagen durchschnittlich 30 Kilometer im Militär-sattel zu reiten und Abschnitte davon zu marschieren. Täglich um 5.30 Uhr war Tagwache und nach dem Antrittsverlesen wurden die Pferde versorgt, Material verladen, Stalldienst gemacht und die Pferde gesattelt für den Vormittags-Ritt. Auch beim Mittagshalt lag das Tränken, Füttern und Pflegen der Pferde an erster Stelle, bevor die Nachmittags-Etappe anstand.
Jeden Abend wurden die Pferde auf Lahmheiten geprüft, das Material abgeladen und Stalldienst absolviert. «Die Organisation war typisch militärisch bis ins Detail geplant und jeder bekam eine Sattelkiste für seine persönlichen Gegenstände. Die wunderbare Aussicht auf den Genfersee oder in die Alpen entschädigte für die Strapazen unterwegs, haben wir doch insgesamt 15 000 Höhenmeter absolviert. Der Ritt ging schon an die Substanz, verlangte uns einiges ab und es waren lange Tage. Aber jeder Reiter hatte das Ziel, Aarau zu erreichen, und ein Aufgeben kam nicht in Frage. Ich bin froh, habe ich dieses Abenteuer gewagt, sonst würde ich mir wohl immer sagen, hätte ich nur. Ich habe die Gewissheit, dass dies etwas wohl Einzigartiges war und ich durfte dabei sein.»
Von Karin Rohrer